Zu den Großtaten (oder „Arbeiten“) des Herkules gehört der Sieg über die Hydra. Der Konflikt zwischen Held und Ungeheuer ist in der Geschichte vielfach umgedeutet und in völlig unterschiedlichen Versionen dargestellt worden. Mal stand Herkules für den Herrscher, mal für das Volk oder den Arbeiter. Mal stand die Hydra für eine bedrohliche Masse von Menschen, mal für eine Verschwörung mächtiger Kreise. Verhandelt wird anhand jenes Konflikts das Verhältnis zwischen dem „Einen“ und den „Vielen“, zwischen Einheit und Vielheit, Ordnung und Chaos. Entsprechend hoch ist dessen politische Bedeutung. Der Vortrag geht den Umdeutungen von Herkules und Hydra nach, wertet sie systematisch aus und legt einen historischen Schwerpunkt auf das frühe 17. Jahrhundert (mit Bezügen u.a. auf Shakespeare und Thomas Hobbes) sowie auf die Zeit der Französischen Revolution.
Dieter Thomä war von 2000 bis 2023 Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen. Seine Berufstätigkeit begann er als Volontär an der Henri Nannen Journalistenschule und als Redakteur beim Sender Freies Berlin. Er studierte in Berlin und Freiburg i.Br. und lehrte nach der Promotion 1989 in Paderborn, Rostock, New York, Berlin und Essen. 1996 erhielt er den Preis für Essayistik beim Internationalen Joseph Roth Publizistikwettbewerb Klagenfurt, seine Habilitation erfolgte 1997. Während seiner Zeit in St. Gallen war er u.a. Dekan der Kulturwissenschaftlichen Abteilung (2002 2005) und Co Programmleiter des Masterprogramms "Management Organisation Kultur" (2011 2023). Seit 2003 ist er Mitherausgeber der Reihe „Zur Einführung" des Junius Verlages. Er war Fellow am Getty Research Institute in Los Angeles (2002/3), am Max Weber Kolleg in Erfurt (2007/8), am Wissenschaftskolleg zu Berlin (2009/10) und am Institute for Advanced Study in Princeton (2018/19) sowie Gastprofessor an der University of California at Davis (2012), an der Brown University/Providence (2013) und an der Yale University (2021).