| Katholisch-Theologische Fakultät

Weihnachtsgruß

Die Dekanatsleitung der Katholisch-Theologischen Fakultät wünscht mit diesem Weihnachtsgruß allen Studierenden, Mitarbeiter*innen und der Fakultät freundlich Verbundenen ein gesegnetes Weihnachtsfest und schöne Feiertage.

Liebe Student*innen, Mitarbeiter*innen und der Fakultät freundlich Verbundenen,

„er liegt dort elend, nackt und bloß“ (Nikolaus Herman, 1560) – so besingen wir den menschgewordenen Gott. Elend, Nacktheit und Blöße sind Attribute Gottes. Es sind unserer Menschlichkeit Attribute. Wir schenken uns einem Gott, der Heimatlosigkeit, Beschämung und Verwundbarkeit mit dem Mantel von Geborgenheit, Akzeptanz und Liebe bedeckt. Und wir hoffen auf die Güte und Menschenfreundlichkeit eines Gottes, der jene, die andere zu Außenseiter machen, die beschämen und verletzen, in die Schranken weist. Die Inkarnation demaskiert die Skandale verletzter Menschlichkeit.

Der Skandale sind so viele in unseren Tagen:

  • die „abseitige Meinung eines abseitigen Kardinals“ (Zitat Wolfgang Thierse) (zu viele dieser „Eminenzen“ bedrohen mittlerweile den gesellschaftlichen und kirchlichen Frieden)

  • Exkommunikation (Bischof von Marquette) und „wir verdammen“ (ghanaische Bischofskonferenz) wird als Herrschaftsinstrumentarium gegen schwule, lesbische, trans-menschliche Katholik*innen in Stellung gebracht — es ist angesichts unserer Hingabe an die Menschenfreundlichkeit Gottes eine Kampfansage an das Menschsein an sich, und das schließt mich, Sie, Dich, und die Ankläger*innen selbst mit ein

  • querstehen kündigt den gesellschaftlichen Konsens auf, der wesentlich durch Rationalität fundiert ist — „querdenken“ widerspricht hier dem Logos, der uns auf communio, Kommunion und Kommunikation hin verpflichtet

  • Nationalismus, Bellizismus und Rassismus lassen sichtbar werden, dass viel zu wenige „Menschen seines Wohlgefallens“ der Weihnachtsutopie vom Frieden auf Erden trauen und sie als Befähigung für politisches Handeln verstehen.

Weihnachten ist das Fest des Trotzes, eines lebensbejahenden „Trotzdem“. Dieser elende, nackte, entblößte Gott möge uns trotzen, wenn wir es brauchen. Dann stehen wir in der Kraft jenes aufstrahlenden Lichtes aus der Höhe, das uns durch die stets und einzig nur barmherzige Liebe unseres Gottes besucht hat, „um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, / und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens“ (vgl. Lk 1, 78f.).

Weihnachten 2021 heißt: Dem Skandalösen nicht jene Wirkmächtigkeit belassen, die die Schatten des Todes verlängern. Vielmehr geht es darum, jenen Gott leuchten und sichtbar werden zu lassen, der „in unseren Herzen aufgeleuchtet ist“ (2Kor 4,6) und seit der Krippe von Bethlehem als Morgenstern der finstren Nacht wirkmächtig ist.

Mit dem Tod von Claus-Peter März ist ein mystisch begabter Trostspender vom Leben durch den Tod in das Leben gegangen. Wir wollen Ihnen mit seinen Worten Lebensgedanken für Ihren Alltag schenken.

Wir wünschen Ihnen allen gesegnete Weihnachten mit Kraft, Behütetsein und Zuversicht,

Brigitte Kanngießer, Julia Knop, Jörg Seiler

Dekanatsleitung der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt

 

 

Claus-Peter März
Von Advent bis Allerheiligen. Meditationen zum Kirchenjahr (2000/01)

 

In diesem Kontext berührt mich der Gedanke der Inkarnation:

ER kam in diese Welt und ist seither in ihr zu finden:

In unseren Wegen,

in den alltäglichen Geschehnissen,

in der Hoffnung und in der Angst,

im Tag und in der Nacht.

 

Es gilt, sich unter die Magier zu mischen

Und mit ihnen in jedem Jerusalem nachzufragen,

wo die Hoffnung fündig werden könnte.

Es gilt, die Felder unserer Tage abzusuchen,

ob da nicht ein Bote den Weg weist.

Es gilt, das Dunkel unserer Nächte zu erkunden,

ob da nicht irgendwo ein Stern aufgeht.

 

Wer aber diesen Weg antritt,

sollte sich zuvor im Vergessen üben:

Er sollte die Orte vergessen, die als Fundorte im Gespräch sind.

Er sollte vergessen, wie Weissagungssterne auszusehen haben.

Er sollte vergessen,

was er über das Kommen des Kommenden zu wissen glaubt.

Er sollte vergessen, dass er nach dem Kommenden Ausschau hält

Und sich für jede Begegnung offen halten.

Vielleicht sollte er sogar vergessen, dass er sucht und finden will,

sondern sich dafür offen halten, dass er gefunden wird.

 

Weihnachten ist Fleisch-Werdung,

und die hat es mit Ver-leiblichung,

mit Ver-erdung,

Ver-irdischung und Ver-diesseitigung zu tun:

Mit dem TAG,

dessen Stunden oft nur mühsam vorankommen

und der in der Rückschau zum WEG geworden ist, mit der Begegnung,

die oft nicht

über den Tellerrand elementarer Wünsche hinauskommt

und dennoch eine nicht fassbare WAHRHEIT spiegelt,

mit der Freude,

die sich auch und gerade hier in bescheidenen Grenzen hält

und doch die sich bleiern bewegende Zeit

zu jenem LEBEN macht,

das man nicht mehr hergeben möchte.