Julie Casteigt
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Forschungsprojekt
Ein mittelalterlicher Fall der religiösen Individualisierung als Anthropologisierung. Super Iohannem von Albert dem Großen
Das Ziel meiner Untersuchung ist es zu zeigen, inwiefern Albert der Große einen Erkenntnisweg des göttlichen Prinzips vorschlägt, der vom Gesichtspunkt der Wissensdisziplinen her verschieden von der Metaphysik ist und vom Gesichtspunkt der implizierten Anthropologie her auf ein Verständnis des Menschen als Menschen, und nicht nur als ein von diesem getrennten Intellekt, beruht.
Hierbei geht es darum, das Spezifikum der Albertschen Überlegung in der Geschichte der mittelalterlichen lateinischen Welt zu verdeutlichen, und zwar in Bezug auf den Platz, der dem Individuum und seiner Handlungsfähigkeit in seiner Beziehung mit dem göttlichen Prinzip eingeräumt wird. Es zeigt sich, dass am Beginn dieser Untersuchung zwei Hauptbegriffe expliziert werden müssen: Individuum und Religion, im Sinn einer Beziehung mit einem göttlichen Prinzip.
Was den ersten Begriff betrifft, wird das Individuum in der Albertschen Sicht als Verbindung des Intellekts mit den Sinnen und der Vorstellungskraft, die beide mit dem Körper verknüpfen sind, verstanden – im Gegensatz zu einer Definition des Individuums, die allein von der spezifischen Natur des Menschen ausgeht, d.h. von dem vom Körper getrennten Intellekt. Darüber hinaus wird das Individuum nicht nur durch seine mehr oder weniger zahlreichen Fähigkeiten (Intellekt, Vorstellungskraft, Sinne…), die in seiner Definition zugelassen werden, bestimmt, sondern auch von seiner Einschreibung in die Bedingungen, die außerhalb seiner Psyche sind, d.h. von Zeit und Raum, wie es weiter unten näher erläutert werden wird.
Folglich ist es meine Absicht, die Spezifizität der Albertschen Sicht der Individualisierung der Erkenntnis des göttlichen Prinzips aufzuzeigen, indem Individualisierung als Konzeption und Konstitution des individuellen Agents in der Erkenntnis des göttlichen Prinzips verstanden wird. Auf der einen Seite impliziert die Individualisierung eine aktive Rolle des derart verstandenen Individuums in einer besonderen Modalität der Erkenntnis des Prinzips. Auf der anderen Seite konstituiert die Individualisierung die Identität des Individuums im Verhältnis zum göttlichen Prinzip im Erkenntnisakt mit.
Was den zweiten Begriff betrifft, verweist die Beziehung zum göttlichen Prinzip auf den Begriff der Religion. Allerdings wird „Religion“ hier nicht im Sinn einer kontingenten Gesamtheit von Lehrsätzen, Texten, Glaubensaussagen, Riten, kollektiven oder individuellen Praxen und Institutionen verstanden, sondern als operativer Begriff. Hier wird „Religion“ nämlich als Beziehungsoperator gesehen – genauer als Operator von Korrelationen, die eine reziproke Definition der Agenten (oder des Aktiven und des Passiven) im Akt, zu dem sie beide zusammen gehören, enthalten. Die methodologischen Vorannahmen dieser Untersuchung bestehen einerseits in einer Abkehr von einer religiösen Perspektive im Sinn einer spezifischen dogmatischen, rituellen, institutionellen Gesamtheit und andererseits darin, den Begriff „Religion“ in dem operativen Sinn, d.h. in der Bedeutung, Beziehungen zu erzeugen, zu verwenden.
Daher entwickelt sich meine Untersuchung eher auf der Erkenntnis- als auf der Praxisebene, insoweit die Erkenntnisebene die Voraussetzungen der Weise klar hervorhebt, in der sich der Agent im Akt, in dem er in eine kognitive Beziehung mit dem Prinzip eintritt, versteht und konstituiert. Infolgedessen besteht die Herausforderung dieser Untersuchung darin zu zeigen, dass die Individualisierung, die im zur Metaphysik alternativen Erkenntnisweg, den Albert vorschlägt, inbegriffen ist, eine Metaphysik der Korrelationalität – oder der Quasi-Korrelationalität – voraussetzt.
Der philosophische Essay, den ich vorbereite, beruht auf der kritischen Edition des Super Iohannem (Ioh. 1, 1-18), die ich gerade abschließe.
Publikationen
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Abgeschlossenes Projekt
Kolleg-Forschergruppe "Religiöse Individualisierung in historischer Perspektive"