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Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien
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99085 Erfurt
Universität Erfurt
Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien
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Das Promotionsprojekt beschäftigt sich mit jüdischer politischer Philosophie vom 19. Jahrhundert und bis zur Shoah in der deutschsprachigen Diaspora und der Frage nach ihrer Universalisierbarkeit, ihrer Säkularisierbarkeit und ihrem Vollzug, ausgehend von kollektiven gesellschaftlichen und religiösen Praktiken. Ziel der Arbeit ist es, an die mit der Shoah abgebrochene und seitdem systematisch kaum erforschte politisch-philosophische Geistestradition jüdisch-deutscher DenkerInnen anzuknüpfen. Es soll geprüft werden, inwiefern eine selbstbewusste jüdisch-deutsche Perspektive in ihrer Ausgestaltung als jüdische politische Philosophie den Wandel einer Gesellschaft unter dem Ideal eines - im Sinne von Tikkun Olam verstandenen - gesellschaftlichen „Füreinanders“ und einer pluralistischen Gesellschaft vorantreiben kann.
Das Promotionsprojekt leistet erstens grundlegende Begriffsarbeit. Schlüsselbegriffe und –konzepte wie Exil, Diaspora, Gesetz oder Tikkun HaOlam werden in ihrer politischen Bedeutung präzisiert, spezifiziert und erweitert werden. Außerdem werden ihre systematischen Zusammenhänge ergründet und gesellschaftspolitische und soziohistorische Hintergründe im 19. Jahrhundert und bis zur Shoah reflektiert.Zweitens wird der Eigenwert jüdischer politischer Philosophie im 19. Jahrhundert und bis zur Shoah als ein normatives Projekt aufgezeigt. Jüdische politische Philosophie wird als Grundlage für pluralistische Praxis herausgearbeitet. Rituale, Formen der Kommunikation und Lebensweisen, die zu pluralistischer Praxis beitragen können (z.B. Formen der Streitkultur), werden untersucht. Der Wandel der Bedeutung von Religion im Zuge gesellschaftlicher Säkularisierung, führt zu der Frage, wie sich rituelle Praxen verändert haben und welche politischen Dimensionen (z.B. als Modus der Vergemeinschaftung) ihnen innewohnen könnten.
Drittens hat das Projekt auch ein historisch-ethisches Anliegen. Es trägt zur Re-Vitalisierung einer ausgelöschten Denk- und Lebenspraxis bei. Die Systematisierung jüdischer politischer Denkbewegungen bis zur Shoah ermöglicht einen Zugriff auf jüdische Standpunkte, die aus der (Un-)möglichkeit einer jüdisch-deutschen Synthese heraus, Beiträge zur kritischen Reflexion von Gesellschaft und zu pluralistischem Zusammenleben geleistet haben. Das Sichtbarmachen dieser Debatten könnte als Anknüpfungspunkt für selbstbewusste jüdische Stimmen heute dienen.
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