"Akteure, Usancen und Strukturen des frühneuzeitlichen Papierhandels. Das Beispiel der Stadt Amsterdam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts" (Arbeitstitel)
Die Frühe Neuzeit war eine Epoche des Papiers. Sie lässt sich durch einen beträchtlich anwachsenden Papierverbrauch und eine stetig zunehmende Papiernutzung charakterisieren.
Richtet man beispielsweise den Blick auf die frühneuzeitliche Medienkommunikation, so wird die Bedeutung des Beschreib- und Bedruckstoffs Papier unmittelbar deutlich. Papier war Trägermaterial für Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Kalender, Almanache oder Flugblätter. Durch die Verfügbarkeit und Verwendung von Papier wurde die Ausbreitung des Buchdrucks ebenso begünstigt wie die Entstehung und Nutzung neuer Schrift- und Bildmedien.
Der Bedarf an Papier war während der Frühen Neuzeit außerordentlich hoch und dennoch ist bislang nur sehr wenig darüber bekannt, woher und wie dieser Bedarf gedeckt wurde.
Vor diesem Hintergrund widmet sich mein Dissertationsprojekt dem frühneuzeitlichen Papierhandel. Dieser soll innerhalb des Projektes als komplexe ökonomische Konfiguration verstanden werden. Dies beinhaltet zunächst die Analyse der Handelsware Papier. Hier werden einerseits Charakteristika wie Sorten und Preise erschlossen, andererseits aber auch Qualitätszuschreibungen oder Qualitätskonventionen berücksichtigt. Darüber hinaus widmet sich das Projekt den Akteuren des Papierhandels und deren Interaktionen. Dies schließt insbesondere die Gruppe der Papierhändler sowie deren Leistungen und Funktionen mit ein. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Beziehungen und Handelspraktiken zwischen Papierhändlern, Papierherstellern, Logistikern und Papierverbrauchern. Ein zentrales Ziel des Projektes ist es, die Warenkette von Papier sowie den Weg des Papiers von den Mühlen bis hin zu den Verbrauchern zu rekonstruieren. Daher stehen die Logistik und die Räume des Papierhandels ebenfalls im Blickfeld der Arbeit. In diesem Zusammenhang wird u. a. nach Transportarten- und wegen sowie Handelsorten gefragt.
Die Untersuchung erfolgt am Beispiel Amsterdams in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In diesem Zeitraum galt die Stadt als einer der wichtigsten Knotenpunkte der nordwesteuropäischen Papierdistribution. Die Strukturen des Amsterdamer Papierhandels werden ausgehend von den Handelsaktivitäten einzelner Papierhändler analysiert; darunter die Händler Zacharias Segelke, Gerardus von Laar & Zoon und Sebille, Van Ketel & Wassenbergh.
Der Papierhandel der Frühen Neuzeit stellt innerhalb der Buchhandels- und Kommunikationshistoriographie der Epoche ein zentrales Desiderat dar. Um dieses zu bearbeiten, habe ich gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Daniel Bellingradt im September 2015 das Forschungsnetzwerk „Paper Trade in Early Modern Europe“ gegründet. Es soll Experten aus unterschiedlichen Disziplinen als Diskussionsplattform dienen. Kernthemen des Netzwerkes sind die Organisation des Papierhandels aus einer transregionalen Perspektive sowie die verschiedenen Prozesse, die Papierherstellung, Papierhandel und Papierabnehmerschaft in Verbindung gebracht haben. Darüber hinaus spielt auch die Reflexion von Medientheorien, die sich jüngst dem Thema ‚Papier‘ angenommen haben, eine Rolle.
Das Netzwerk besteht mittlerweile aus über 50 Mitgliedern. Falls Sie ebenfalls Interesse an einer Teilnahme haben, sind Sie herzlich dazu eingeladen, sich mit einer E-Mail an Sandra Zawrel zu wenden.
Sandra Zawrel: sandra.zawrel@uni-erfurt.de
Universität Erfurt (Campus)
Nordhäuser Str. 63
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