Dem Gelehrten und Diplomaten Johann Christian von Boineburg und seinem politischen Wirken widmet sich eine Tagung, die am Forschungszentrum Gotha ausgerichtet wird. Untersucht werden unter Beteiligung von József Simon (Szeged), Stefanie Ertz (Berlin/Gotha), Mikkel Jensen (Rostock/Gotha), Michael Kempe (Hannover) und Hannes Amberger (Berlin) vor allem Briefwechsel Boineburgs und von ihm annotierte Bücher.
In den vergangenen Jahren ist Bewegung in die Erforschung der intellektuellen Wirkungskraft von Johann Christian Boineburg (1622-1672) gekommen. Seine politischen Aktivitäten zusammen mit Leibniz, seine Bedeutung für Pufendorfs Entwicklung, seine dominierende Rolle in der Bemühung um eine Christianisierung des Naturrechts, die Steuerung der Grotius-Rezeption, seine Involvierung in den Synkretismusstreit um Georg Calixt, seine geplanten Schriften zur politischen Rolle von Irrtümern - all dies ist inzwischen deutlicher herausgearbeitet, so dass Boineburg als ein zentraler „Broker“ in der Dynamik der politischen Ideengeschichte des 17. Jahrhunderts Kontur gewinnt.
Doch vieles ist immer noch zu entdecken. Da Boineburg selbst kaum etwas publiziert hat, sind die Hauptquellen für die Rekonstruktion seines Denkens und seiner Wirkung zum einen seine umfangreiche Korrespondenz und zum anderen die Annotationen in den Büchern, die ihm wichtig waren. Beides birgt noch immense unerschlossene Potentiale. Der Workshop will versuchen, erste Schneisen in das unbekannte Gebiet zu schlagen: über die exemplarische Analyse ausgewählter Briefwechsel und einzelner annotierter Exemplare.
Die philologisch-historischen Vorarbeiten sowohl zur Privatbibliothek Boineburgs als auch zur Erschließung seiner politischen und Gelehrtenkorrespondenz ermöglichen, ideen- und kulturgeschichtliche Fragestellungen auf einer besonders breiten Quellenbasis zu formulieren. Der Umfang der handschriftlichen Quellen und die Vielschichtigkeit der Aktivität von Boineburg ruft dabei zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Experten und Expertinnen der frühneuzeitlichen Gelehrtenrepublik auf.