"Auf Humboldts Spuren“ - Die 5. „Gothaer Kartenwochen“ gehen mit Naturforschern des 19. Jahrhunderts auf Forschungsreise

Einblicke
Alexander von Humboldt Statue

Alexander von Humboldt ist bekannt dafür, auf seinen Reisen jeden noch so hohen Berg erklommen zu haben. Er kroch in jedes Loch, drehte jedes Blatt mehrmals um, sammelte, zeichnete, untersuchte alles, was er entdeckte. Er war eben ein Forscher, der es ganz genau nahm, nicht nur in Bezug auf seine wissenschaftlichen Untersuchungen selbst, sondern auch, was den Umgang mit den Ergebnissen seiner berühmten Forschungsreisen anging. So fertigte er von seinen Reiseberichten, Skizzen, Karten und Pflanzenbildern immer drei Sammlungen an: Eine verschickte er nach Amerika, eine nach Europa und eine trug er selbst bis zu seiner Heimreise bei sich. Und da Schiffe kenterten, Reisegruppen überfallen, bestohlen und getötet wurden, ging Humboldt auf diese Weise sicher, dass wenigstens ein Exemplar letztlich Berlin oder Paris erreichte. Diese Arbeiten prägten nicht nur unser Verständnis von der Natur und der Welt, sie erzählen auch heute noch die Geschichten seiner Reisen und wurden schnell zum Vorbild für viele andere Forschungsreisende. Die "Gothaer Kartenwochen" zeigen jetzt, wie sich Naturforscher wie die Gebrüder Schlagintweit, Heinrich Barth und Hans Meyer auf diesen Humboldtschen Spuren bewegten.

"Die diesjährigen Kartenwochen haben einerseits die Forschungsreisen des 19. Jahrhunderts an sich zum Thema, also was untersucht wurde und welche Bedeutung diese Forschungsergebnisse haben. Zum anderen zeigen sie, wie Forschungsreisende arbeiteten und wo die Querverbindungen zu Humboldt sind – und wo nicht", sagt Dr. Reiner Prass. Der Historiker und Lehrbeauftragte für Historische Anthropologie der Universität Erfurt hat sich in seiner Forschungslaufbahn bereits mit der Erfassung der Welt, mit Grenzen und der Beschreibung von Territorien beschäftigt und nun die 5. Kartenwochen-Ausstellung konzipiert. Dafür las er monatelang Literatur zum Thema Forschungsreisen, entwickelte einen Ausstellungsentwurf, den er mit Kolleginnen und Kollegen immer wieder diskutierte, und überlegte dabei bereits parallel, wie und mit welchen Archivalien der Gothaer Perthes-Sammlung seine Vorstellungen auch realisiert werden könnten. "Alle präsentierten Forscher haben damals irgendwie mit dem Perthes-Verlag zusammengearbeitet", sagt Prass. "Heinrich Barth zum Beispiel: Es liegt ein sehr umfangreiches Material zu seinen Forschungsreisen und ihrer späteren Veröffentlichung im Perthes-Archiv. Barth hat immer wieder Karten, Skizzen und Berichte nach Gotha geschickt, und zwar ähnlich wie Humboldt stets gleich von unterwegs, weil auch er ja nicht wusste, ob er eine Reise überleben würde. Erste Reisebereichte und Ergebnisse wurden in den Mittheilungen aus Justus Perthes Geographischer Anstalt über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesamtgebiet der Geographie, die später in Petermanns Geographische Mitteilungen umbenannt wurden, veröffentlicht. Nach seiner Rückkehr nach Europa publizierte er seinen gesamten Reisebericht bei Perthes."

Barth forschte am südlichen Grenzgebiet zur Sahara, unter anderem in Timbuktu im heutigen Mali, unter schwierigsten Bedingungen und gerade an seinen Materialien kann man gut sehen, wie Karten damals entstanden sind: von der einfachen Handzeichnung vor Ort Stück für Stück zur richtigen Landkarte. "Diesen Entstehungsprozess wollte ich auch in der Ausstellung präsentieren", sagt Reiner Prass. "Wir zeigen deshalb Zeichnungen und Skizzen von Karten, von Stadtumrissen und Stadtdetails wie Marktplätzen, aber auch ausgewählte Aquarelle, die die Forscher anhand ihrer Skizzen später in Auftrag gaben." Darunter sind natürlich auch Arbeiten von Humboldt selbst. Dessen hochwertige Pflanzenbilder sind nicht nur wegen ihrer Schönheit ausstellungswürdig, man sieht an ihnen auch sehr gut die systematisch-schematische Umsetzung, die so typisch für Humboldt war und an der sich auch Forscher wie Hans Meyer orientierten: Was Humboldt mit seiner Pflanzengeografie für die ganze Welt darstellen wollte – die Verbreitung bestimmter Pflanzen in verschiedenen Klimazonen – , untersuchte Meyer analog am Kilimandscharo. "Durch die Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Länderkunde in Leipzig können wir bei den Kartenwochen sogar Fotografien von Meyers Expeditionen zeigen", freut sich Prass. Eine Ausstellung voller Lieblingsstücke sei es also geworden. Den einen oder anderen Favoriten hat der Wissenschaftler trotzdem: "Die Gebrüder Schlagintweit bereisten Indien und den Himalaya und waren ähnlich akribisch in ihrer Arbeit wie Humboldt. Ihre Aquarelle, die sie sogar noch vor Ort anfertigten, sind richtige Kunstwerke. Und das muss man sich einmal bildlich vorstellen: Da befinden sich die beiden auf 6.000 Meter Höhe im Himalaya und packen Pinsel und Farbe aus..."


Die 5. Gothaer Kartenwochen „Auf Humboldts Spuren“ werden am Montag, 13. Oktober, um 18.15 Uhr mit einem Festvortrag im Spiegelsaal des Schloss Friedenstein eröffnet. Die Ausstellung ist anschließend bis zum 23. November immer dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.