Luise Dorothea – Herzogin mit Grazie und Geist

Außenansicht der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt

Französische Salonkultur, geistige Emanzipation, Gedanken der Aufklärung – mit Luise Dorothea von Sachsen-Gotha-Altenburg wehte im 18. Jahrhundert frischer Wind auf Gothas Schloss Friedenstein. Ihr hat die Residenzstadt nicht nur ihren herrschaftlichen Orangerie-Garten zu verdanken, sondern auch eine reiche Privatbibliothek, die bis heute in ihrer ursprünglichen Vollständigkeit in der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt bewahrt und erhalten wird. Ein Porträt zu ihrem heutigen Todestag.

Am 10. August 1710 in Coburg geboren, kam Luise durch eine Heirat mit ihrem Cousin Friedrich III., der 1732 Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg wurde, an den Gothaer Hof. Dieser entwickelte sich unter ihr und ihrer Freundin und Hofdame Franziska von Buchwald schnell zum "Musenhof": Luise freundete sich mit dem Schriftsteller Johann Christoph Gottsched an, pflegte Korrespondenzen unter anderem mit den französischen Schreibern Denis Diderot und Jean-Jacques Rousseau und abonnierte die handschriftlich vervielfältigte Correspondence litteraire aus Paris. Sie organisierte Vorlesungen am Hof, ließ Theaterstücke inszenieren und gab regelmäßig teure Adelsgesellschaften, bei denen über Literatur und Gesellschaft philosophiert wurde. Besonders bemüht war sie aber um den Schriftverkehr mit Voltaire, der sie 1753 auch über mehrere Wochen in Gotha besuchte. Voltaire lobte ihre Gastfreundlichkeit, schwärmte von ihrer Intelligenz und Grazie und bezeichnete sie in Anlehnung an die römische Göttin der Weisheit und Kunst als "deutsche Minerva". Auch mit dem Preußenkönig Friedrich dem Großen verband Luise ein enger Austausch. Angetan von ihrer Klugheit und der aufgeschlossenen höfischen Atmosphäre suchten er und andere politische und gesellschaftliche Größen immer wieder den Kontakt zu ihr, gingen am Hofe ein und aus oder unterhielten mit ihr einen regen Briefverkehr.   

Über ihre Begeisterung für die französische Literatur, für eine aufgeklärte und emanzipierte Lebensweise hinaus interessierte sich Luise auch für die politischen Geschicke ihres Landes, nahm an Regierungssitzungen teil und war ihrem Gatten stets eine gewandte Beraterin. Im nach ihr benannten Luisenthal im Thüringer Wald gründete sie ein Eisenschmelzwerk und förderte so auch den Wohlstand im Land.

Dem Herzog gebar die laut Voltaire "beste Fürstin der Erde" neun Kinder, von denen jedoch nur vier das Erwachsenenalter erreichten und in den Genuss ihrer Ausbildung kamen. Diese nahm sie wie ganz selbstverständlich in ihre eigenen Hände: So überwachte Luise vor allem den Unterricht von Ernst und August, wählte die Werke aus, die der Nachwuchs lesen sollte, und ließ die Prinzen in sogenannten Erziehungsheften immer wieder schriftlich Stellung nehmen zu Fragen über Literatur, Religion, Geschichte oder Politik. Damit unterwies sie ihre Kinder nicht nur in schriftlichen Stilübungen und philosophischen Fragestellungen, sondern bekam auch einen ungewöhnlich tiefen Zugang zu deren Gedanken und Ansichten.

Für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder aber auch für ihre eigene Weiterbildung und Zerstreuung baute sich Luise in ihren privaten Gemächern im Nordflügel von Schloss Friedenstein eine 3.600 Bände umfassende Privatbibliothek auf: zeitgenössische Texte in vornehmlich französischer Sprache, darunter Belles lettres, historische und wissenschaftliche Werke, Arbeiten französischer, deutscher und englischer Aufklärer – eine Sammlung, die mit ihren mit goldenen Initialen ID und Fürstenhut versehenen Bänden noch heute – 247 Jahre nach Luises Tod – den Charme ihres musischen und aufgeklärten Geistes in der Forschungsbibliothek Gotha versprüht.