Neue Annemarie-Schimmel-Forschungsstelle an der Universität Erfurt

Vorgestellt
Porträt Annemarie Schimmel

An der Universität Erfurt ist eine neue Forschungsstelle eingerichtet worden. Darin wollen die beteiligten Forscher*innen den Werdegang der „frühen“ Annemarie Schimmel (1939–1966) als Studentin im Nationalsozialistischen Berlin, als junge Wissenschaftlerin im Nachkriegsdeutschland und als Professorin in der modernen Türkei in seinen globalisierten Verflechtungen rekonstruieren und historisch kontextualisieren. Dabei soll Annemarie Schimmel als Beispiel für eine unter den Bedingungen von Nationalsozialismus und Nachkriegszeit global vernetzte Wissenschaftlerin konturiert werden. Die Forschungsstelle wird darüber hinaus die bereits an der Universität Erfurt zu diesem Themenkomplex laufenden Forschungsprojekte bündeln.

Annemarie Schimmel war eine deutsche Islamwissenschaftlerin. Sie wurde 1922 in Erfurt geboren und galt international als eine der namhaftesten Gelehrten, vielleicht als die bedeutendste, die Deutschland auf dem Gebiet der Islamwissenschaft in der jüngsten Vergangenheit hervorgebracht hat. Annemarie Schimmel hat weit mehr als 100 Bücher, Artikel und wissenschaftliche Veröffentlichungen vorgelegt. Zeit ihres Lebens setzte sie sich für ein besseres Verständnis des Islams im Westen und für ein friedliches Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen ein. Die ersten Kenntnisse in Arabisch vermittelte ihr der Erfurter Lehrer Dr. Hans Ellenberg. Mehr als ein halbes Jahrhundert später, 1997, wurde sie in das Kuratorium der neu gegründeten Universität Erfurt berufen. Aus Verbundenheit mit ihrer Heimatstadt vermachte sie einen Teil ihres Nachlasses der Universität. Einige Tausend Bücher aus dem Bestand der Universitätsbibliothek tragen nun das Exlibris Annemarie Schimmel. Eine Besonderheit stellt dabei auch die beeindruckende Sammlung von Orden, Ehrendoktoraten und anderen Auszeichnungen dar, die der Orientalistin verliehen wurden. Die Privatbibliothek von Annemarie Schimmel ist inzwischen (nahezu) vollständig katalogisiert, wurde jedoch bislang nicht erforscht. Das soll sich nun ändern. 

„Unsere neue Forschungsstelle fügt sich ganz wunderbar in die Strukturen der Universität ein“, erklärt die Leiterin Prof. Dr. Katharina Waldner. „Wir haben nicht nur die Universitätsbibliothek mit im Boot, das Thema der global verflochtenen Karriere von Annemarie Schimmel passt auch in das Nachwuchskolleg ‚Glocal Religiosities‘ (interdisziplinäre Religionsforschung) und ist überdies anschlussfähig an die Forschungsstelle ‚Global South‘. Und der für die Arbeit von Annemarie Schimmel typische Fokus auf die ästhetische Dimension des Islam und von Religion überhaupt fügt sich zudem sehr gut in das neue Profil des Seminars für Religionswissenschaft. Insgesamt verbindet die Forschungsstelle die universitären Forschungsprofilfelder ‚Religion.Gesellschaft.Weltbeziehungen‘ und ‚Wissen.Räume.Medien‘ und ermöglicht zugleich weitere Kooperationen.“ 

Die Mitglieder der Forschungsstelle verweisen überdies darauf, dass Annemarie Schimmel ihre Kindheit und Jugend in Erfurt verbracht hat und Mitglied des Kuratoriums zur Neugründung der Universität war. „Sie ist Teil des kulturelleren Gedächtnisses der Stadt und der Universität. Vor diesem Hintergrund möchten wir unsere Forschungsergebnisse auch nutzen, um den Kontakt zwischen Stadt und Universität zu stärken.“ Angedacht sei hier u.a. eine Ausstellung im Stadtmuseum, die sich im Herbst 2026 mit Annemarie Schimmel und den 1920er-Jahren in Erfurt beschäftigt. 

An der Universität Erfurt bereits laufenden Forschungsprojekte zu Annemarie Schimmel:

  • Annemarie Schimmels Lehrjahre 1939-1959 (Dr. Gerdien Jonker)
  • Annemarie Schimmel's Contribution to the History of Religion in Turkey (1954-1960) (Promotionsprojekt, Ayse Yasar, M.A.)
  • Annemarie Schimmel als Religionswissenschaftlerin: Übersetzung, koloniale Aneignung und (Religions-)Ästhetik (1946-1966) (Prof. Dr. Katharina Waldner)
  • Annemarie Schimmels wissenschaftliche Netzwerke im Spiegel ihrer Bibliothek (Dr. Katrin Ott und PD Dr. Isabella Schwaderer)

Geplante Kooperationen: 

  • Prof. Dr. Christoph Günther (Professur für Religionswissenschaft mit einem Schwerpunkt auf religiöse Medienpraktiken an der UE), Islamwissenschaftler
  • Dr. Gudrun Schubert, Islamwissenschaftlerin, wissenschaftliche Nachlassverwalterin des Annemarie-Schimmel-Nachlasses in der Universitätsbibliothek Basel
  • Universitätsbibliothek Basel, Abteilung Privatnachlässe
  • Universitätsbibliothek Basel, Fachreferat für Islamwissenschaft, Abt. „Nachlässe von Orientalisten“
  • Paulina Rinne, MA (Religionswissenschaft Marburg): Promotionsprojekt zu Annemarie Schimmel (Fokus Annemarie Schimmels Rezeption in der deutschsprachigen Religionswissenschaft).
  • Prof. Dr. Bärbel Beinhauer-Köhler, Religionsgeschichte/Religionswissenschaft Schwerpunkt Islam, Marburg

Ansprechpartnerin:

Inhaberin der Professur für Allgemeine Religionswissenschaft
(Philosophische Fakultät)
C18 – Lehrgebäude 4 / Raum E16
Office hours
Donnerstag 10-12 Uhr (Vorlesungzeit)
n. Vereinbarung (Vorlesungsfreie Zeit)
Präsenz oder online:
https://uni-erfurt.webex.com/meet/katharina_waldner
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