Gemeinsam etwas bewegen: Innovativer Austausch zwischen Lernwerkstätten

On Campus
Studenten beim Austausch der Lernwerkstätten Erfurt und Siegen

„Ein Seminar kann wirklich etwas bewegen – man muss den Studierenden nur den richtigen Rahmen dafür bieten“, sagt Johannes, Bachelor-Student an der Universität Erfurt. Konkret im Blick hat er dabei einen kürzlich beendeten Austausch der Hochschullernwerkstätten Erfurt und Siegen. Über ein Semester erarbeiteten darin Studierende beider Universitäten Projekt-Ideen zu den Schnittstellen von Medien und Inklusion. Neben gegenseitigen Besuchen arbeiteten sie dabei auch gemeinsam über Online-Plattformen – eine bisher in Deutschland wohl einzigartige Kooperation zwischen zwei Lernwerkstätten. Johannes, der Primare und Elementare Bildung sowie Anglistik in Erfurt studiert, hat an diesem Projekt teilgenommen und mit uns über seine Erfahrungen gesprochen…

Student Johannes
Lehramtsstudent Johannes

Was hat dich am meisten an dem Seminar und den Austausch mit den Studierenden der Lernwerkstatt Siegen interessiert?
Vor allem interessierte mich die besondere Herangehensweise der Betreuer des Seminars, die versuchten, eine ganz andere Seminarumgebung mit einem alternativen Ablauf zu schaffen. Natürlich war auch die Kooperation zwischen zwei unterschiedlichen Hochschulen im Rahmen eines solchen Projekts eine ganz neue Erfahrung, die sich als großer Erfolg herausstellte.

Was war das Ziel der Zusammenarbeit?
Ziel war es, ein neues, außergewöhnliches Lernwerkstatt-Projekt auf die Beine zu stellen. Welches genau das sein soll, wurde uns freigestellt. Nur einzelne Themen, wie Unterrichtsplanung, Leistungsbewertung oder Raumgestaltung sollten von den Gruppen in Erwägung gezogen werden, um einen nahen Unterrichtsbezug herzustellen. Schon zu Beginn war uns klar, dass dies keine typische Zusammenarbeit zwischen Studierenden werden würde.

Was ist die Besonderheit des Projekts im Vergleich zu typischen Gruppenarbeiten?
Wenn man gewöhnliche Gruppenarbeiten betrachtet, entsteht oft der Eindruck, dass die Aufgaben schon vorher verteilt werden, so dass jeder „nur“ seinen Teil beiträgt. Das war hierbei, trotz der Entfernung, nicht der Fall: Es sollte „kollaborativ“ gearbeitet werden und nicht kooperativ. Das bedeutet, dass jeder bestmöglich mit allen Facetten des Projekts bekanntgemacht werden soll und in jeden Schritt eingreifen kann. Schon dieses Vorgehen unterscheidet sich also von der „normalen“ Gruppentätigkeit.

Was waren die „Meilensteine“ des Projekts?
Zum Kennenlernen wurden wir zu Beginn des Semesters zunächst in die Lernwerkstatt der Uni Siegen eingeladen, um Gruppen zu bilden und erste Schritte für die Projekte zu besprechen. Danach begann der Arbeitsprozess in den Gruppen, der von unseren Dozenten Marcus Berger (Universität Erfurt) und Dr. Barbara Müller-Neandrup (Universität Siegen) über eine Online-Plattform begutachtet werden konnte. Auf diese Plattform hatten auch alle Studierenden Zugriff und Bearbeitungsrechte. So war es z.B. möglich, einen spontanen Einfall sofort zu verschriftlichen und mit den anderen darüber zu diskutieren. Am Ende des Semesters kamen die Studierenden der Uni Siegen dann zu uns in die Lernwerkstatt, um gemeinsam eine Abschlusspräsentation auf die Beine zu stellen.

Inwieweit unterscheidet sich die Lernwerkstatt in Siegen von der an der Uni Erfurt?
Die Lernwerkstatt der Siegener erscheint deutlich größer als unsere und hat eine gemütliche Ecke zum Entspannen, die durch zwei Regale vom Rest des Raumes abgegrenzt ist. Sie verfügte zudem über mehr Instrumente, z.B. mehrere Gitarren und auch Balance-Werkzeuge. Und es gab einen Basteltisch, der u.a. mit druckbaren Buchstaben ausgestattet war. Grundsätzlich wirkte der Aufbau der Lernwerkstatt wie ein Rundgang mit verschiedenen Stationen.

Was sind die Ergebnisse des Austauschs?
Die Ergebnisse sind vielfältig. Zum einen fand ein reger Informationsaustausch zwischen den Studierenden der beiden Unis statt. Zum anderen haben wir natürlich die einzelnen Projektideen in die Tat umgesetzt. Neben dem Aufbau eines Modells für einen fiktiven Unterrichtsraum, der über sämtliche integrative und nützliche Bestandteile verfügt, wurde z.B. auch eine App für den Deutsch-Unterricht konzipiert, mit der man die Buchstabenwelt spielerisch erforschen kann. Auch ein Lehrfilm für Studierende zum Thema Integration wurde gedreht und ein alternatives System zur Bewertung von Leistungen konzipiert. Stellt man dies nun in Relation zu einem normalen Seminar – in dem die größte Leistung möglicherweise eine kurze Präsentation darstellt – bin ich der Meinung, dass wir hier zusammen schon etwas Großes auf die Beine gestellt haben.

Ist der Austausch damit beendet oder sind weitere Treffen und Projekte geplant?
Der Austausch ist mit der Präsentation erstmal beendet. Aber wir könnten mit unseren Projekten jetzt beispielsweise an Gründerveranstaltungen teilnehmen. Darüber hinaus wäre auch eine öffentliche Aufführung des Lehrfilms denkbar. Ein weiteres Treffen mit den Siegenern ist offiziell nicht geplant, aber innerhalb der Gruppen gibt es sicherlich Wiedersehenswünsche. Zudem gibt es Pläne, ein derartiges Seminar bald wieder anzubieten. Und da kann ich nur raten, daran teilzunehmen, wenn man die Chance dazu bekommt. Es lohnt sich!

Was nimmst du aus dem Seminar mit?
Ich nehme mit, dass ein Seminar nicht immer nur einem sturen Prinzip entsprechen muss, das es vielleicht schon tausendmal gegeben hat. Ein Seminar kann auch wirklich etwas bewegen, man muss den Studierenden nur den Rahmen dafür bieten. Außerdem finde ich die Idee einer kollaborativen Zusammenarbeit wirklich bemerkenswert.