Für mehr Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen

On Campus , Vorgestellt
Jugendliche mit Laptop

Soziale Netzwerke stehen bei Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. Was im Hintergrund solcher Medienangebote mit den bei der Nutzung der Dienste über die User gesammelten Daten geschieht, bleibt jedoch oft im Dunkeln. Aber: Anhand solcher Daten entscheiden Algorithmen darüber, welche Nachrichten die Nutzerinnen und Nutzer sehen, welchen Personen sie folgen sollten und welches Produkt sie interessieren könnte. „Deshalb ist es so wichtig, dass Kinder und Jugendliche Medienkompetenz erwerben – und damit Wissen über die Macht der Algorithmen –, um Videos oder Nachrichten richtig einordnen zu können“, sagen Sebastian Hilt und Max de Baey-Ernsten. Die beiden studieren im Master Kinder- und Jugendmedien an der Universität Erfurt und haben im Rahmen des Medienpädagogischen Projektseminars „Open Educational Ressources“ ein Quiz entwickelt, das die Medienkritikfähigkeit von Jugendlichen in Sozialen Netzwerken fördern soll.

Sebastian Hilt (Foto: privat)

Das Quiz deckt verschiedene Wissensbereiche ab, die als wichtige Teilbereiche von Medienkompetenz betrachtet werden können. „Insbesondere soll es den Nutzer*innen helfen, ihre eigene Medienkritikfähigkeit zu entwickeln und ihr Bewusstsein für Big Data  zu schärfen“, erklärt Sebastian Hilt. Neben der Frage, was ein Algorithmus überhaupt ist, behandelt das Quiz die algorithmische Personalisierung der Inhalte in Sozialen Netzwerken, personalisierte Werbung und ökonomische Hintergrundinformationen der Anbieter. Es orientiert sich dabei an verschiedenen Kompetenzmodellen, die die Entstehung von Kompetenz als Kombination aus Wissen, Fähigkeiten und Verhalten verstehen. Denn besonders bei der Mediennutzung von Jugendlichen sei es eben nicht ausreichend, Kompetenz als Ansammlung von Wissen zu betrachten, da das Verhalten nicht immer dem individuellen Wissen entspreche, sagt  Max de Baey-Ernsten. „Die Verstrickung von Sozialen Netzwerken in die Lebensrealität von Jugendlichen fordert eine Betrachtung, die über individualisierte Kompetenz hinausgeht. Deswegen bedarf es einer politisch-kulturellen Medienbildung, die neben technischem Wissen auch persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen in Betracht zieht und ökonomische Strukturen von Anbietern hinterfragt.“

Mit ihrem Quiz wollen die beiden angehenden Kommunikationswissenschaftler das Thema Medienkompetenz spielerisch an Kinder und Jugendliche vermitteln. Dafür setzt sich das Quiz jeweils aus einer Frage und einem anschließenden Text zusammen, der sowohl die richtige Antwort nennt, als auch weiterführende Informationen vermittelt. „Mit den Fragen wollen wir nicht einfach nur vorhandenes Wissen abklopfen, sondern dazu motivieren, sich stärker in die Thematik einzulesen und schlau zu machen.“ Die zehn aufeinander aufbauenden Fragen repräsentieren dabei vier Wissensbereiche: Zunächst geht es um das Erkennen von Algorithmen. Nach dem Prinzip "vom Bekannten zum Unbekannten" wird den Adressat*innen hierbei anhand von alltäglichen Erfahrungen in Sozialen Netzwerken erklärt, was Algorithmen sind und wo sie zum Einsatz kommen. In einem weiteren Themenbereich geht es dann um die individuellen Auswirkungen, also um mögliche Effekte von Algorithmen in Sozialen Netzwerken, mit denen die Adressat_innen in Berührung kommen. Zwei Fragen drehen sich um ökonomische Zusammenhänge und liefern Informationen zum wirtschaftlichen Nutzen von Algorithmen für Anbieter von Sozialen Netzwerken. Und nicht zuletzt geht es auch um die gesellschaftliche Auswirkungen von Sozialen Medien und darum, wie sogenannte Filterblasen in diesen Netzwerken entstehen und genutzt werden.

Max de Baey-Ernsten (Foto: privat)

Die Technik hinter dem Quiz ist vergleichsweise simple. Es wurde mit der freien und quelloffenen Software H5P erstellt, die speziell auf Open Educational Ressources-Inhalte ausgelegt ist. Durch dieses Programm lässt sich das Quiz niedrigschwellig verbreiten und auf jeder beliebigen Internetseite einbetten. „Darüber hinaus können Medienpädagog*innen das Quiz um eigene Inhalte erweitern beziehungsweise bestehende Inhalte löschen und somit an ihre Ansprüche anpassen“, erläutert Sebastian Hilt.

Und wie sieht der Einsatz in der Praxis aus? Max de Baey-Ernsten erklärt: „Das Quiz kann in verschiedenen medienpädagogischen Settings genutzt werden und soll Vorwissen aktivieren, Interesse und Motivation am Thema wecken, aber auch bestehende Wissenslücken aufzeigen. Wichtig ist allerdings, dass die Nutzung in einen Kontext eingebettet ist und dass die Lernenden im Anschluss über selbst gewählte oder vorgegebene Fragen oder Handlungsmöglichkeiten diskutieren können. Die weiterführende Nutzung ist dann abhängig vom Lernkontext und kann zum Beispiel auf ein tiefergehendes Verständnis von Algorithmen in Settings der informatischen Bildung zielen. Aber auch ein Einsatz in der politischen und wirtschaftlichen Bildung ist möglich, da über Auswirkungen von Algorithmen auf unsere Gesellschaft diskutiert werden kann. In der wirtschaftlichen Bildung kann über die ökonomischen Strukturen der Anbieter gesprochen werden und diese können kritisch hinterfragt werden.“

Sebastian Hilt und Max de Baey-Ernsten sind überzeugt, dass ihr Quiz einen wunderbaren Beitrag zur Vermittlung von Medienkompetenz leisten kann. Nun hoffen sie natürlich, dass möglichst viele Eltern und vor allem Pädagog*innen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen davon Gebrauch machen.