Globales PR-Projekt GlobCom: Mit sieben Buchstaben um die Welt

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Globus mit Menschen

GlobCom – sieben Buchstaben, die für angehende Kommunikationswissenschaftler*innen an der Universität Erfurt für eine ganz besondere Erfahrung stehen: für internationales Co-Working, für eine spannende Reise, eine echte Berufsfelderfahrung und vor allem für ein unvergessliches Erlebnis. Das Global Communications Project (kurz: GlobCom) bietet den Studierenden die einzigartige Möglichkeit, bereits während des Studiums praktische Erfahrungen auf internationalem PR-Parkett zu sammeln. Dabei arbeiten sie zusammen mit Kommiliton*innen von 13 verschiedenen Universitäten aus 13 Ländern über fünf Kontinente hinweg in internationalen Teams und entwickeln eine gemeinsame PR- bzw. Marketing-Maßnahme für einen namhaften Auftraggeber. Am Ende treffen sich die Teams zu einem Symposium an einer der beteiligten Universitäten und präsentieren ihre Konzepte bei einem Pitch. Eine Erfolgsgeschichte, die im kommenden Jahr fortgeschrieben werden soll. Mit dem Dozenten Daniel Silberhorn blicken wir auf mehr als zwei Jahrzehnte GlobCom zurück und erfahren, wie die Vorbereitungen für das Projekt im kommenden Semester laufen.

Herr Silberhorn, GlobCom ist ein Zusammenspiel von theoretischer und praktischer Ausbildung und eines der großen Aushängeschilder der Erfurter Kommunikationswissenschaft. Können Sie kurz beschreiben, wie das Projekt abläuft und wie die Studierenden darauf vorbereitet werden?
Das globale PR-Projekt GlobCom ist etwas Einzigartiges in Deutschland, und ich bereite die Studierenden systematisch auf den globalen Part vor – daher sind keine Vorkenntnisse nötig. Das Seminar läuft über zwei Semester. Im ersten Teil legen und üben die Teilnehmer*innen die theoretischen und praktischen Grundlagen von Public Relations. Von der Definition und ausgewählten Feldern über globale und interkulturelle Kommunikation bis hin zum PR-Konzept und der Entwicklung von Strategien. Gemeinsam diskutieren sie Fallstudien, lernen sogar den Umgang mit Journalist*innen und erhalten durch Gastredner*innen aus verschiedenen Organisationen weitere Einblicke in die aktuelle Praxis. Als Abschluss des Wintersemesters entwickeln die Studierenden dann bereits in kleinen Teams eine Kampagne für eine echte Organisation. Beispielsweise für Projekte der Flüchtlingshilfe oder für Bürger-Solaranlagen. 2023 wird die SolarBakery Partner sein. Das junge deutsche Start-Up baut solarbetriebene mobile Backstuben für den globalen Süden. Im Sommersemester folgt der zweite Teil des Seminars. Dann wird alles auf die globale Ebene gehoben und die Erfurter Studierenden entwickeln mit Kommiliton*innen aus den weltweiten Partner-Unis eine PR-Kampagne für ein reales Unternehmen. Unterstützt werden sie dabei von einer Mentorin und natürlich von mir.

Und was macht es für Sie als Dozenten so besonders?
GlobCom ist für mich auf vielen Ebenen besonders. Es geht um internationale Zusammenarbeit, darum, dass Grenzen keine Rolle spielen und man als Team gemeinsam eine Aufgabe löst. Es ist damit auch ein Gegenpol zu nationalen Egoismen. Diesen schaffen wir durch Verbindungen und Verständnis, wodurch auch internationale Freundschaften entstehen. Das ist die Art von Zusammenarbeit und Kompetenz, die wir brauchen, um die großen internationalen Aufgaben nachhaltiger Entwicklung zu lösen, wie etwa Klimawandel.
Besonders ist für mich auch, dass ich mit den Studierenden darüber sprechen kann, was für mich gute PR ausmacht – nämlich eine, die ganz klar von ethischen Werten geleitet ist und in ihrer Gesamtheit eine Aufgabe für die Gesellschaft hat. So diskutieren wir zum Beispiel, ob sich die PR an den Sustainable Development Goals der UN orientieren muss. Und ich bringe die Studierenden sehr gern mit Projekten und Menschen in Kontakt, die ich inspirierend finde und die ein gesellschaftlich relevantes Thema im Blick haben. So wie im nächsten Semester die SolarBakery. Und schließlich ist für mich toll, dass die Studierenden GlobCom Jahr für Jahr als ein sehr besonderes Projekt erleben, von dem sie viel mitnehmen. Für so ziemlich alle ist das ein Highlight ihres Studiums. Und das Größte für mich ist, wenn die Teilnehmer*innen nicht nur etwas über PR, andere Kulturen und internationale Projektarbeit lernen, sondern auch über sich selbst und sich im besten Fall hinterher sehr viel mehr zutrauen als zu Beginn.

Als PR-Profi einer international agierenden Consulting-Agentur kennen Sie die Anforderungen in diesem Berufsfeld. Inwieweit bereitet das Seminar die Studierenden tatsächlich auf einen späteren Beruf in diesem Bereich vor?
Ich bekomme oft Bewerbungen auf meinen Tisch und empfehle auch gern Bewerber*innen weiter. Daher weiß ich gut, worauf Personaler Wert legen. Und kenne den Alltag der globalen PR durch meine mehr als 15 Jahre Praxis in großen Agenturen selbst sehr gut. Ich kann daher sagen: Die Teilnahme an GlobCom bietet eine sehr gute Orientierung, wichtige Erfahrungen und Skills – und damit definitiv einen Vorteil gegenüber vielen anderen Bewerber*innen in der Kommunikation. Zum einen wegen der Inhalte: Ich bringe direkt Beispiele aus meiner täglichen Arbeit als Berater mit und gehe dabei auf aktuelle Entwicklungen ein. Zudem lade ich Gastredner*innen bekannter Unternehmen ein. Zweitens ist die Arbeitsweise sehr nah an der projektbezogenen internationalen Teamarbeit in der globalen PR. Es geht dabei um Projektplanung und Projektmanagement, um Absprachen und Koordination über Ländergrenzen hinweg, aber auch um soziale Fähigkeiten, die in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen und Kulturen trainiert werden. Am Schluss steht dann die Präsentation an einer der Partner-Unis. Das alles ist sehr nah an der späteren Berufswirklichkeit.

Welche Herausforderungen müssen die Studierenden während der Projektphase meistern?
Zugegeben ist für die Studierenden vieles neu: Von der selbstständigen Projektarbeit bis hin zum Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen. Dabei entstehen auch mal Konflikte. Andere machen sich vielleicht Gedanken wegen der englischen Sprache – merken aber dann, dass sie das können. Hinzu kommt, dass das Studium parallel weiterläuft: GlobCom findet ja zusätzlich zu den regulären Vorlesungen und Seminaren statt. Da ist Selbstorganisation gefragt. Und schließlich bedeutet GlobCom auch einiges an Arbeit. Aber wer sich eng mit seinem Team abspricht, meistert auch das. Diese Absprache ist auch deshalb nötig, weil die verschiedenen Unis natürlich auch sehr verschieden arbeiten. Da läuft manches auch mal anders, als wir Deutschen das gewohnt sind oder gerne hätten.

Und was lernen die Studierenden während des Projekts über das PR-Handwerk hinaus?
„GlobCom ist nicht irgendein Seminar, es ist eine Erfahrung fürs Leben“, schrieb mal eine Studentin in einem Bericht. Von Projektarbeit über interkulturelle Kommunikation bis hin zu sozialen und Präsentationsfähigkeiten ist die Bandbreite groß. Wer will, kann sogar Führungserfahrung sammeln und eines der globalen Teams leiten. Aber das Wichtigste: Viele lernen, sich selbst mehr zuzutrauen. Eine Studentin sagte mal: „Ich bin als Person über mich hinausgewachsen und konnte einzigartige Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen, die für mich in Zukunft wichtig sein werden.“

Am Ende der Projektphase steht ein PR-Konzept. Was passiert damit – ab in die Schublade?
Die PR-Aufgabe kommt von global tätigen Unternehmen bzw. Organisationen. Bei der abschließenden Präsentation ist auch der Kunde dabei und gibt direkt Rückmeldung. Und auch bei den nationalen Zwischenpräsentationen gibt eine Jury, in der Vertreter*innen des Kunden sitzen, ein direktes Feedback. Da der Auftraggeber alle Präsentationen erhält, ist es durchaus möglich und auch sehr wahrscheinlich, dass zumindest Teile davon tatsächlich umgesetzt werden. Die Kunden schätzen unsere Ideen. Das wissen wir aus vergangenen Projekten.

GlobCom gibt es seit stolzen 22 Jahren. Für welche namhaften Projektpartner haben die Studierenden denn während dieser Zeit schon Konzepte erarbeitet?
Die internationalen Projektpartner machen GlobCom sehr spannend. Wir sind glücklich und auch ein wenig stolz darauf, mit wem wir bereits zusammenarbeiten konnten. Unter den Partnern finden sich Firmen wie Airbus, General Electric oder ZEISS. Projekte mit dem WWF oder für den FC Barcelona waren ebenso dabei wie für die Vereinigten Arabischen Emirate.

Und in welche Städte haben die Symposien die Studierenden bisher gebracht?
Ein großes Highlight von GlobCom ist das gemeinsame Symposium an einer der Partner-Unis zum Abschluss des Projektes, an dem die Studierenden die Mitglieder ihrer globalen Teams persönlich treffen. Dort werden sie nochmals intensiv von PR-Experten gecoacht, um dann ihre Arbeit vor der internationalen Jury zu präsentieren. Aus dem Finale geht ein Gesamtsieger hervor. Außerdem gibt es ein kulturelles Programm, Panel-Diskussionen und natürlich ein großes Gala-Dinner und eine Party. Mich persönlich hat GlobCom beispielsweise schon nach Abu Dhabi, Bangkok, Barcelona, Bangalore und Lissabon gebracht. Und virtuell nach Boston und Vilnius. Das waren alles sehr tolle, spannende Orte.

Sie selbst betreuen das Projekt seit acht Jahren. Welches Jahr bzw. welche PR-Aufgabe ist Ihnen dabei besonders in Erinnerung geblieben?
Das erste Jahr war für mich besonders aufregend, als ich das alles zum ersten Mal gemacht habe. Und dann hatten wir in Abu Dhabi gleich einen echten Knaller als Symposium – 200 Menschen aus 15 Ländern, Übernachtungen in tollen Hotels, Teile der Ferrari World wurden an einem Abend nur für uns geöffnet. Es gab Ausflüge in die Wüste und traditionelles emiratisches Essen unter dem Sternenhimmel. Aber auch Bangkok war großartig, mit seinen einzigartigen Tempeln und wilden Fahrten in den lauten Tuktuks. Jede Stadt und jedes Land hat etwas Besonderes, und jedes Jahr ist das Erlebnis einzigartig und ein persönlicher Höhepunkt für mich. Es gab in dieser Zeit viele großartige Projekte: Etwa eine Kampagne zur Rettung der Dugong-Seekühe vor den Küsten der Vereinigten Arabischen Emirate oder eine Corporate Citizenship-Kampagne von ZEISS zur Verbesserung der Sehfähigkeit ärmerer Menschen in Indien. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch eine Kampagne für Litauen als Tourismus- und Wirtschaftsstandort im Auftrag des litauischen Ministeriums.

2024 geht GlobCom in die nächste Runde. Worauf können sich die Teilnehmer freuen?
Die Teilnehmer können sich auf alles freuen, was GlobCom einzigartig macht. Vor allem aber auf eine einzigartige, wertvolle und prägende Erfahrung mit großartigen Menschen aus vielen Ländern der Welt und auf praktische Einblicke in die PR. Sie alle werden viele Geschichten zu erzählen haben und Freunde in allen Ecken der Welt gewinnen. Viele bei GlobCom entstandene Freundschaften halten übrigens bis heute. Einige Teilnehmer besuchten sich gegenseitig schon auf Hochzeiten und erst kürzlich traf sich eine ehemalige Projekt-Gruppe in London.

Welche Universitäten werden denn im kommenden Jahr am Projekt beteiligt sein?
Bei GlobCom sind jedes Jahr bis zu 15 Universitäten dabei. Welche es in der kommenden Runde sind, wird erst Anfang 2024 feststehen. Sicher dabei sein werden Universitäten in Australien, Italien, Indien, Litauen, Malaysien, Portugal, Südafrika, Spanien, Thailand, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Großbritannien und den USA. Und natürlich wir in Erfurt.

Und dürfen Sie schon verraten, welche Universität Gastgeber des Symposiums sein wird?
Manche schauen jedes Jahr auf die Historie von GlobCom und versuchen daraus abzuleiten, wohin es in der aktuellen Runde gehen könnte: Vielleicht dieses Mal irgendwo in Europa? Immerhin waren wir 2023 in Boston, also auf dem amerikanischen Kontinent. Oder geht es doch mal wieder in den asiatischen Raum? In Südafrika waren wir auch länger nicht. Oder doch wieder Abu Dhabi? Wir werden es zu Beginn des neuen Jahres erfahren. Klar ist aber eins: Egal wohin es geht, es wird großartig werden.

Daniel Silberhorn

... ist Senior Advisor ESG & Sustainability Transformation bei SLR Consulting in Frankfurt am Main. Seit 2016 führt er als Lehrbeauftragter das Global Communications Project fort, welches Dr. Volker Stoltz 2002 an der Universität Erfurt gründete.

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Daniel Silberhorn
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(Seminar für Medien- und Kommunikationswissenschaft)
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