Wer repräsentiert Staaten in der Welt? Diplomatie ist in den vergangenen Jahrzehnten diverser geworden, auch in Deutschland. Dieser Wandel beginnt jedoch nicht auf dem internationalen Parkett, sondern in den Außenministerien. Seit 2018 verfolgt das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland einen neuen Ansatz: Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit werden nicht nur als Frage von Fairness oder als organisatorischer bzw. staatlicher Vorteil betrachtet. Sie werden zunehmend als Schlüssel zur Glaubwürdigkeit in den internationalen Beziehungen gesehen. Die Botschaft: Um im Ausland ernst genommen zu werden, muss ein Land seine Werte nach innen leben. Wer Diplomatie gestaltet, beeinflusst maßgeblich, wie glaubwürdig Staaten auf der Weltbühne wahrgenommen werden.
Eine Studie von Dr. Karoline Färber von der Universität Erfurt zeigt, wie dieser sich entwickelnde Diskurs über Glaubwürdigkeit dazu beitragen kann, diplomatische Institutionen neu zu gestalten. Dabei werden Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit immer mehr zur Voraussetzung außenpolitischen Handelns – und gelten nicht nur als moralische Haltung. Das kann Anreize schaffen, Diversität in der Personalgewinnung zu zentrieren. Zugleich weist die Studie auf die Gefahren dieses Diskurses hin, da er tief verwurzelte gesellschaftliche Ungleichheiten überdecken kann. Innerhalb der Diskurslogiken reicht es aus, Gleichstellung im Auswärtigen Amt zu fördern – nicht in der deutschen Gesellschaft.
Die Studie von Karoline Färber ist im Journal „Foreign Policy Analysis“ erschienen und kommt zu dem Ergebnis: Geschlechtergerechtigkeit und Diversität müssen Teil einer ganzheitlichen Strategie sein, die nicht bei den Außenministerien endet. Maßnahmen dürfen sich nicht darauf beschränken, Frauen und als „divers“ markierte Körper zu zählen. Ein erster Schritt wäre die Anerkennung, dass eine wirklich glaubwürdige Außenpolitik nur dann existiert, wenn Außenpolitiker*innen auf eine gerechte Gesellschaft hinarbeiten – und nicht nur auf ein diverses „Gesicht der Nation“.
Die Autorin
Dr. Karoline Färber ist Postdoktorandin an der Professur für Internationale Politik und Konfliktforschung. Im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes KNOWPRO forscht sie zu Wissensproduktion in der deutschen Friedens- und Sicherheitspolitik. Sie arbeitet außerdem zu feministischer Außenpolitik sowie Diplomatie und Gender, Race und Klasse. Ihr empirischer Fokus liegt dabei auf Deutschland. Karoline Färbers Forschung verbindet Ethnografie (vor allem Institutionenethnografie), feministische Internationale Beziehungen und Internationale Politische Soziologie. Sie ist Mitglied des Center for Political Practices and Orders (C2PO) und im GenDip Netzwerk für Gender und Diplomatie.
Lesen Sie den Artikel von Dr. Karoline Färber im Journal „Foreign Policy Analysis”.