Nachgefragt: "Bleibt ein Ende der Rassendiskriminierung in den Vereinigten Staaten Utopie, Herr Niedermeier?"

Gastbeiträge
Ein Afroamerikaner trinkt von einem Wasserspender für Farbige

Erstmals in ihrer Geschichte hat die US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation National Association for the Advancement of Coloured People (NAACP) eine Reisewarnung herausgegeben – für Afroamerikaner in Missouri. Die NAACP rät ihnen, sich wegen der steigenden Zahl rassistisch motivierter Angriffe extrem vorsichtig im Bundesstaat zu bewegen. Und als rechtsnationalistische, rassistische Gruppen in Charlottesville demonstrieren, hält sich US-Präsidenten Donald Trump mit einer Reaktion lange zurück. „WortMelder“ hat bei Dr. Silvan Niedermeier, Mitarbeiter an der Professur für Nordamerikanische Geschichte an der Uni Erfurt, nachgefragt: „Was sind die Ursachen für den zunehmenden Rassismus und bleibt ein Ende der Rassendiskriminierung in den Vereinigten Staaten Utopie, Herr Niedermeier?“

Dr. Silvan Niedermeier
Silvan Niedermeier

„Rassismus ist ein soziales Phänomen, das tief in modernen Gesellschaften verankert ist. Durch die Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen anderer Hautfarbe oder Herkunft, versuchen gesellschaftlich dominante Gruppen ihre Machtposition und Privilegien zu verteidigen. Wie wir es in der jüngeren Zeit sowohl in den USA als auch in Deutschland erleben, ist Rassismus zugleich eng an politische und soziale Entwicklungen gekoppelt. In der Geschichte der USA lässt sich beobachten, dass Phasen der Emanzipation der afroamerikanischen Bevölkerung durch Phasen der Repression abgelöst wurden. So etwa nach dem Ende des US-amerikanischen Bürgerkriegs und der Reconstruction, als im Süden der USA die Gewalt gegen African Americans drastisch zunahm. Oder nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich rassistische Angriffe auf ehemalige schwarze Soldaten häuften, die ihre Bürgerrechte augrund der eigenen Kriegsbeteiligung mit neuem Selbstbewusstsein einforderten.

Insofern lässt sich argumentieren, dass der gegenwärtige Anstieg des Rassismus in den USA eine Reaktion auf die Präsidentschaft Barack Obamas und dessen Rhetorik und Politik des sozialen Ausgleichs darstellt. Der unzufriedene Teil der weißen Bevölkerung versucht damit, seine scheinbar infrage gestellte Machtposition zu verteidigen und vermeintlich verlorene Privilegien zurückzuerlangen. US-Präsident Trump hat die Wahl im vergangenen Jahr gewonnen, indem er genau dieses Bedürfnis innerhalb der weißen Bevölkerung angesprochen hat. Er ist damit für den gegenwärtigen Anstieg des Rassismus in den Vereinigten Staaten maßgeblich mitverantwortlich.“