In einer globalen Gesundheitskrise wie der aktuellen Coronavirus-Pandemie ist es für die Bevölkerung besonders wichtig, sich mit den notwendigen Informationen versorgen zu können. Die erste Befragungswelle des Projekts CoreCrisis lieferte Ergebnisse dazu, über welche Kanäle bestimmte Bevölkerungsgruppen während der Frühphase einer solchen Krise am besten erreicht werden können (Rossmann et al., 2020). Mittlerweile dauert der Ausnahmezustand schon länger an und es stellt sich die Frage, wie sich die Menschen in ihrem Informationsverhalten auf die Situation eingestellt haben.
Informierte sich die Bevölkerung im April anders über das Coronavirus als in der frühen Phase der Corona-Krise im März? Haben sich Wissen, Risikowahrnehmung, emotionale Reaktionen und Informationsbedürfnisse im Zeitverlauf verändert? Antworten auf diese Fragen geben die Ergebnisse der zweiten CoreCrisis-Befragungswelle. Hierfür wurden 1.080 deutsche Bundesbürger*innen, die bereits an der ersten Befragungswelle zwischen dem 23. und 31. März 2020 teilgenommen hatten, zwischen dem 15. und 21. April 2020 erneut online befragt. Aus den Befunden lassen sich Empfehlungen für die zentralen Kommunikatoren und die Politik ableiten, um die Bevölkerung weiterhin bestmöglich über Verhaltensregeln, neue Erkenntnisse und gesetzliche Vorgaben im Kontext des Coronavirus informieren zu können.
Die wichtigsten Befunde im Überblick
- Informationssuche, emotionale Reaktionen und die Risikowahrnehmung unter den Befragten sind abgeflacht. Sie verfolgen die Informationen insgesamt oberflächlicher.
- Dies zeigt sich auch in der Typologie der Informationssuche: Konnte in der ersten Welle noch die Mehrheit der Fälle den sogenannten Normorientierten Fernsehnutzenden zugeordnet werden, dominierten in Welle 2 die sogenannten Kritischen Informationsvermeidenden.
- Das wahrgenommene Wissen hat im Vergleich zu dem im März zugenommen. Der Eindruck, mit Informationen übersättigt zu sein, ist stärker geworden.
- Das tatsächliche Wissen hat sich über die Zeit nicht verändert. Über die Krankheitsanzeichen, Erkrankungsfolgen und das Händewaschen als Schutz vor einer Infektion wissen die Menschen gut Bescheid.
- Die ungerechtfertigte Warnung vor Ibuprofen und die anfängliche Masken-Diskussion haben die Menschen nachhaltig verunsichert. Hier fiel es Befragten besonders schwer, fehlerhafte Informationen als solche zu erkennen.
- Als nachvollziehbar, aber möglicherweise problematisch, kann angesehen werden, dass sich die Risikowahrnehmung im April im Vergleich zum März verringert hat. Die Folgen einer Erkrankung an COVID-19 wurden als weniger schwerwiegend und die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung als geringer eingeschätzt.
- Im Hinblick auf die Bereitschaft, eine Tracing-App zu nutzen, gehen die Meinungen auseinander: Die meisten Menschen lehnen die Nutzung einer solchen App nicht grundsätzlich ab. Dennoch bestehen offenbar noch Vorbehalte, die es von der Politik zu adressieren gilt.
- Präventionsmaßnahmen, wie Mindestabstand, Händedesinfektion oder Kontaktsperre, hielten die Befragten weniger häufig ein, als sie es zum ersten Befragungszeitpunkt noch vorhatten.
Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen:
- Bei der Informationssuche, der Informationsverarbeitung und den emotionalen Reaktionen auf die Berichterstattung während der Corona-Pandemie hat ein Gewöhnungseffekt eingesetzt.
- Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich mit Informationen übersättigt. Mit dieser Gewöhnung war unter anderem eine geringere Risikowahrnehmung verbunden.
- Medien und Politik sollten hier rechtzeitig gegensteuern, damit die Risikowahrnehmung nicht noch weiter sinkt.
- Gleichzeitig sollten die Menschen nicht mit zu vielen und komplexen Informationen überlastet werden, damit sie auch weiterhin für wichtige Mitteilungen empfänglich bleiben.
- Falschinformationen sollten nachhaltiger richtiggestellt werden, um Verunsicherungen, wie sie bei den Themen Schutzmasken und Ibuprofen auftraten, zu verhindern.
Detailliertere Informationen entnehmen Sie bitte unserem Übersichtsblatt.