"Das Wichtigste ist, seine Leidenschaft für das Fach auf die Lernenden zu übertragen"

Alumni
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Es gibt Alumni, die wir auch nach ihrem Abschluss nie so ganz aus den Augen verlieren. Einer von ihnen ist Jan. Als studentischer Campus Spezialist der ersten Stunde hat er während seines Bachelor- und Master-Studiums an der Uni Erfurt zahlreichen jungen Erwachsenen in der Studienorientierungsphase und Erstsemestern beim Einstieg ins Studium mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Eine Tätigkeit, die unglaublich gut zu seinem "Fast-Traumberuf" und zu seinem Verständnis vom Beruf des Regelschullehrers passt. Wir haben mit ihm über das Lehramtsstudium und seine bewusste Entscheidung für die Regelschule gesprochen...

Wie bist du damals auf Erfurt und die Universität aufmerksam geworden?
Den Weg an die Uni Erfurt fand ich in erster Linie über die Stadt Erfurt als solche, die ich schon als Jugendlicher sehr mochte. Das Angebot des Lehramtsstudiums, die überschaubare Größe der Universität sowie der kompakte Campus bestätigten meine Studienwahl dann zusätzlich. Dass man hier kein Gymnasiallehrer werden kann, störte mich damals gar nicht, denn ich war davon überzeugt, dass ich aufgrund des vorherrschenden Lehrermangels am Ende dennoch eine Stelle am Gymnasium finden würde. Ich habe dann später allerdings nie versucht, an einem Gymnasium zu unterrichten, denn die Arbeit mit den Heranwachsenden in den Jahrgängen 5 bis 10 an der Regelschule hat mir von Anfang an viel Freude bereitet.

Würdest du dich wieder für die Uni Erfurt entscheiden? Und wenn ja, warum?
Definitiv. Bereits direkt zu Beginn lernte ich während der Studieneinführungstage (STET) wundervolle Menschen kennen, mit denen ich mein gesamtes Studium bis zu Graduierung durchlebt habe und noch heute eng befreundet bin. Wir haben sowohl während der Vorlesungen und Sprachkurse als auch bei vielen Feierlichkeiten auf dem Campus und in ganz Erfurt enorm viel erlebt und ein ideales Studentenleben genießen können – genau so, wie man es aus Filmen und Serien kennt. Die Größe der Stadt und das kulturelle Angebot haben uns nicht nur viele lange Nächte beschehrt, sondern aufgrund der vergleichsweise überschaubaren Anzahl an Studierenden auch ein gutes Angebot an Nebenjobs. Außerdem ist die zentrale Lage Erfurts ideal, um innerhalb weniger Stunden viele Städte in Deutschland erreichen zu können und so in der vorlesungsfreien Zeit die Reiselust zu befriedigen. Besonders geprägt haben mich an der Uni Erfurt allerdings die passionierten Lehrenden durch ihre exzellente Betreuung, denn von den Gastdozenten bis hin zu Professoren nahmen sich die allermeisten viel Zeit für uns Studierende und ich fühlte mich nie wie eine gesichtslose Matrikelnummer.

Warum wolltest du Lehrer oder Lehrerin werden? Was würdest du machen, wenn du keine Lehrkraft wärst?
Das Berufsbild "Lehrer" war bei mir immer präsent, da sowohl meine Mutter als auch meine Oma Lehrerinnen waren. Eigentlich wollte ich nach dem Abi lieber etwas Kreatives machen und Theaterstücke, Bücher und vielleicht sogar Drehbücher schreiben, aber ich sah schnell ein, dass dies beruflich ein hartes Geschäft ist und sich deshalb eher als "Nebentätigkeit für die Ferienzeit" eignet. Und als verbeamteter Lehrer habe ich schon eine gewisse Sicherheit, die ich durchaus zu schätzen weiß und die selbstverständlich nicht unwichtig ist. Der Fokus lag bei mir allerdings stets auf der Arbeit mit Heranwachsenden, bei der mich besonders die Begleitung der Kinder von Klasse 5 bis zum jungen Erwachsenenalter am Ende der Klasse 10 begeistert. Dabei spielen selbstverständlich fachliche Fähigkeiten und Kenntnisse eine wichtige Rolle, doch viel wesentlicher und spannender ist für mich seit jeher die durch Unterrichtsinhalte angeregte persönliche, soziale und berufsorientierte Entwicklung der Jugendlichen.

Wie hat dich die Universität auf das Lehramt vorbereitet und welche Studieninhalte kannst du jetzt anwenden?
Im Bachelor lag der Fokus fast ausschließlich auf der fachlichen Ausbildung (bei mir also in Englisch und Französisch), die ohne Zweifel enorm wichtig ist, aber meiner Meinung nach zu viel Platz im Studium einnahm. Diese Struktur ist aber an allen mir bekannten Universitäten mit Lehramtsausbildung üblich, was ich sehr schade finde, da ich die große Relevanz zu meiner heutigen Tätigkeit erst im Aufbau des Master-Studiums erkannte: Hier konnte ich mir sehr viel Wissen in Bereichen wie Pädagogik, Didaktik, Methodik sowie Psychologie aneignen und viele Erkenntnisse endlich in Praxisphasen ausprobieren und vertiefen. Diese letzten beiden Studienjahre empfand ich deshalb als besonders relevant.

Viel spannender fand ich aber immer die Arbeit mit Jugendlichen, wobei mich hierbei deren persönliche, soziale und berufsorientierte Entwicklung noch etwas mehr interessierte als die fachliche, die am Gymnasium eher im Fokus steht als an der Regelschule."

Was war dein Lieblingsfach in der Schule und unterrichtest du das jetzt?
Mein Lieblingsfach zu meiner eigenen Schulzeit war Englisch und genau das unterrichte ich auch heute am allerliebsten.

Als Studierender kennt man aus eigenem Erleben meist nur die Grundschule und das Gymnasium. Warum hast du dich für die Regelschule entschieden?
Den Lehrerberuf fand ich schon immer reizvoll. Das Unterrichten von Grundschulkindern konnte ich mir allerdings nicht vorstellen, da ich mir nicht zutraute (und auch bis heute nicht zutrauen würde), diesen unfassbar wichtige Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Deshalb habe ich unglaubliche Hochachtung vor allen Lehrenden der Primarstufe. Viel spannender fand ich aber immer die Arbeit mit Jugendlichen, wobei mich hierbei deren persönliche, soziale und berufsorientierte Entwicklung noch etwas mehr interessierte als die fachliche, welche am Gymnasium eher im Fokus steht als an der Regelschule. An dieser ist meiner Meinung nach die Herausforderung größer, die Lernenden von Unterrichtsinhalten zu begeistern und ihre Freude am Lernen zu wecken. Dabei spielen meines Erachtens pädagogische, didaktische und psychologische Aspekte an der Regelschule eine etwas größere Rolle als am Gymnasium, an dem die Schüler häufiger aus freiem Willen und Ehrgeiz selbstständig arbeiten und lernen.

Wie kann man sich eine klassische Arbeitswoche bei dir vorstellen?
Als Lehrer ist es schwierig, einen klaren Schnitt zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Damit mir das besser gelingt und ich nicht abends oder am Wochenende zu viel zu Hause arbeite, sondern auch wirklich abschalten kann, bin ich täglich von etwa 7 bis ungefähr 16 oder 17 Uhr in der Schule. Bereits morgens erledige ich viele organisatorische Dinge, 8 Uhr beginnt die erste Stunde und die letzte endet meist um 13.15 Uhr. Danach nutze ich die Zeit für Unterrichtsvorbereitungen, Schüler- bzw. Elterngespräche, Konferenzen und Gespräche mit Kollegen, Korrekturen und andere Dinge. Diese neun bis zehn Arbeitsstunden sind zwar durchaus viel, allerdings muss ich mich so nicht mehr zu Hause hinsetzen, habe die Wochenenden für mich und kann auch die Ferien zur Erholung nutzen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass andere Jobs – je nach Pausenzeiten – ebenfalls acht bis neun Stunden am Arbeitsplatz bedeuten.

Welche Eigenschaften zeichnen deiner Ansicht nach einen guten Lehrer oder gute Lehrerin aus?
Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, aber ich bin davon überzeugt, dass man unbedingt authentisch sein sollte. Ob man dann sehr streng und fordernd oder eher etwas lockerer und lustig ist, das spielt meiner Meinung nach keine große Rolle. Viel wichtiger ist, dass man eine Leidenschaft für sein Fach hat, diese auf die Lernenden übertragen und sie auch in schwierigen Momenten durch verständnisvollen und gerechten Umgang zum Lernen ermutigen kann. 

Begegnen dir bei deiner Arbeit auch Vorurteile gegenüber Lehrkräften?
Ja, sehr häufig sogar. Allerdings weniger seitens Schüler oder Eltern, sondern vielmehr Freunde und Bekannte haben noch immer das Bild vor Augen, dass Lehrer vormittags ein bisschen in der Schule "herrumsitzen", um dann nachmittags frei zu haben, unendlich viele Ferienwochen genießen und dabei noch - privat krankenversichert - massig Geld verdienen. Solche Lehrer mag es geben, aber Fakt ist, dass die meisten Lehrerinnen und Lehrer, die ich kenne, wirklich hart arbeiten und die Zeit mit den Lernenden sehr schätzen.

Gibt es etwas, das du anderen Lehramtsstudierenden mit auf den Weg geben kannst?
Am wichtigsten ist ohne Zweifel, dass man Freude an der Arbeit mit Heranwachsenden hat und reales Interesse an den Fächern, die man unterrichten möchte. Der Praxisanteil in der Schule kommt leider sehr spät und lässt einen durchaus zweifeln, ob dieser Job der richtige für einen ist – gerade wenn Stunden auch immer wieder ganz anders laufen, als geplant. Aber mit steigender Erfahrung wird das dann auch immer weniger. Die Hauptsache, ist die Leidenschaft für die eigenen Fächer - gepaart mit der Lust, diese an Kinder und Jugendliche weiterzugeben.

Ganz kurz zum Schluss: Was vermisst du aus deiner Studienzeit am meisten?
Maria, Tamara, Conny und viele andere Kommilitonen; Vincent Brignou, Béatrice Giribone-Fritz, María Victoria de Dios Oviedo, Barbara Kunze und viele andere Dozent*innen; Herrn Becher, Mensa-Jürgen, Claudia, Lisa, Anja und einige andere Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen der gesamten Universität. Oder wirklich ganz kurz: Die sozialen Kontakte und die Campus-Wiesen.

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