von Weronika Vogel
Am 19. März 2025 verstarb Dr. Jutta Brutscheck im Alter von 78 Jahren. Ihr Name ist mit der katholischen Bildungsarbeit in Thüringen untrennbar verbunden, ganz besonders mit der Theologie in Erfurt. Besonders prägend war dabei ein Abschnitt ihres Lebens, der auch ihr gesamtes späteres Wirken grundlegend beeinflusste: ihr Theologiestudium am Philosophisch-Theologischen Studium (PTS) Erfurt in den frühen 1970er Jahren.
Nach einem ersten Lehramtsstudium in Rostock reifte in Jutta Brutscheck der Wunsch, Theologie zu studieren. Dies war für Frauen jedoch nur mit der Delegation eines Bischofs möglich. Durch die Erlaubnis des Erfurter Bischofs Hugo Aufderbeck konnte sie 1970 mit dem Theologiestudium beginnen – eine Entscheidung, die sie selbst später als besonders prägend für ihren Lebensweg bezeichnete.
Das Studium in Erfurt war für sie in mehrfacher Hinsicht ein Neuanfang. Im Marienstift lebte und lernte sie mit ihren Mitstudentinnen – Ordensfrauen und Laiinnen –, die sich gegenseitig förderten und herausforderten. Als eine von wenigen Frauen unter zahlreichen Männern an der heutigen Katholisch-Theologischen Fakultät absolvierte Jutta Brutscheck ein vollständiges Diplomstudium. Inhaltlich galt ihr besonderes Interesse der Philosophie und der Exegese, insbesondere dem Neuen Testament. Professor Heinz Schürmann wurde dabei zu einem wichtigen Mentor. Er erkannte ihr exegetisches Talent und förderte sie auch nach ihrem Studium weiter.
1974 schloss Jutta Brutscheck ihr Studium als Diplomtheologin ab – zu einer Zeit, in der nur wenige Frauen in der DDR diesen Weg gingen. Dass sie später als einzige dieser Frauen sowohl ihre Lizentiatsarbeit als auch ihre Dissertation in der neutestamentlichen Exegese schrieb, war eine Frucht dieser Studienjahre. Ihre Dissertation über die Maria-Marta-Erzählung erschien 1986 in der Reihe Bonner biblische Beiträge.
Das Theologiestudium in Erfurt legte für Jutta Brutschecks weiteren Lebensverlauf das Fundament für ein vielfältiges Berufsleben: Sie wirkte in der Jugend- und Erwachsenenbildung, als Dozentin für Altes Testament am PTS, als theologische Referentin und nicht zuletzt als prägende Gestalt des Erfurter Bildungshauses St. Ursula. Noch Jahrzehnte später führte sie theologische Kurse durch, z. B. am Hugo-Aufderbeck-Seminar.
Jutta Brutscheck war eine Frau, die Theologie in die Lebenswirklichkeit übersetzen konnte. Die Jahre ihres Studiums in Erfurt waren für sie mehr als eine akademische Ausbildung, sie waren ein Ort der Berufung und Bestärkung. In einer Zeit des Umbruchs bot ihr das Studium die Freiheit, theologisch zu denken – und später, andere in diesen Denkraum einzuladen.
Jutta Brutscheck war als promovierte Frau und Theologin im Kontext der DDR eine Vorreiterin. Mit ihrem Lebenslauf war sie sowohl den kirchlichen als auch den universitären Strukturen ihrer Zeit voraus. Gerade deshalb ist es von Bedeutung, dass ihr Name an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt nicht in Vergessenheit gerät.
Das lebensgeschichtliche Interview, das Weronika Vogel und Dr. Marlen Bunzel im April 2024 mit Dr. Jutta Brutscheck führten, erschien wenige Tage nach ihrem Tod in dem Buch „Frauenporträts. Katholische Theologinnen aus der DDR erinnern sich“ im Echter Verlag.