Studienstarthilfe für Geflüchtete: Das Welcome-Projekt an der Uni Erfurt

Engagement , On Campus
Welcome Projekt Uni Erfurt

Viele der nach Deutschland geflohenen Menschen sind hochqualifiziert und haben einen Oberschul- oder Uni-Abschluss. Vor diesem Hintergrund sind auch in Erfurt Projekte entstanden, die genau diese jungen Menschen unterstützen wollen. Eines davon ist das 2016 initiierte und vom DAAD geförderte „Welcome-Projekt“ an der Uni Erfurt. Die drei Studentinnen Hannah, Verena und Jana stehen in diesem Rahmen studieninteressierten Flüchtlingen zur Seite und geben ihnen „Starthilfe“. 

Hannah, Vera und Jana vom Welcome-Projekt
Hannah, Vera und Jana vom Welcome-Projekt

„Neben einer wöchentlichen Sprechstunde, die meistens gut besucht ist, haben wir ein Mentoring-Programm entwickelt, bei dem je ein Studierender der Uni mit einem Geflüchteten ein Tandem bildet. Das ermöglicht eine stärkere 1:1 Beratung“, erklären die Organisatorinnen. Die Idee für das neue Angebot habe sich aus dem erheblichen Bedarf an individueller Begleitung ergeben. „Die Geflüchteten waren sehr interessiert daran, weitere Studierende und das Studentenleben in Erfurt kennenzulernen.“ Und wer kann im Projekt Mentor werden? „Das können Studierende verschiedenster Fachrichtungen werden, die diese Aufgabe ehrenamtlich übernehmen möchten“, erklären Hannah, Verena und Jana. Die Geflüchteten, also die Mentees, die die Studentinnen betreuen, sind meist schon länger Gasthörer, haben eine Gasthörerschaft beantragt oder belegen gerade einen Deutschkurs. Nicht alle werden sie am Ende an der Uni Erfurt studieren. „Manchmal passen ihre Studienwünsche einfach inhaltlich nicht zu dem, was wir als geisteswissenschaftlich orientierte Universität anbieten können. Wir versuchen dann weiterzuvermitteln, auf andere Unis zu verweisen und ihnen dafür den Weg zu ebnen“, erzählen die Koordinatorinnen und ergänzen fast ein wenig wehmütig: „Manchmal ist es traurig, wenn man sich gerade etwas besser kennengelernt hat.“ Den Startschuss für das Mentoring-Programm bildete eine „International Welcome Week“. Dabei gab es tägliche Aktivitäten, bei denen mehr als 50 Studierende, Gasthörer und andere studieninteressierte Geflüchtete zusammenkamen. „Unsere Aufgabe war es, zu schauen, wer zueinander passt, um schließlich die Tandems zu organisieren“, erzählt Hannah. Ein Kriterium sei dabei auch der Studiengang der jeweiligen Mentoren gewesen. „So konnten wir praktisch ‚aus erster Hand‘ beraten.“ Die Teilnahme am Mentoring hat darüber hinaus noch mehr Vorteile: „Durch die gemeinsamen Aktivitäten, waren bei mir die anfängliche Angst und das Gefühl der Einsamkeit schnell verflogen. Ich habe viele Leute kennengelernt und konnte gleichzeitig meine Deutsch-Kenntnisse verbessern“, freut sich ein Mentee aus Syrien. „Ich denke, dass beide Seiten profitieren. Auch die Mentoren haben die Chance, eine andere Kultur und Sprache kennenzulernen und vielleicht sogar eigene Vorurteile oder Ängste abzubauen“, ergänzt ein weiterer Mentee aus Syrien, der im Projekt gute Ansprechpartner gefunden hat.

Aktuell gibt es 20 Tandems an der Uni Erfurt. Ob Spaziergänge, Kochabende oder Sprachübungen – wie sie das Mentoring gestalten, steht den Beteiligten völlig frei. Darüber hinaus werden alle zwei bis drei Wochen gemeinsame Veranstaltungen, wie Picknicks oder Grillabende organisiert, bei denen alle Tandems und neue Interessierte zusammenkommen können. „Zuletzt waren wir zum Beispiel im Wächterhaus bei der Initiative ‚Spirit of Football‘ und haben Kicker gespielt. Das Schönste ist immer, die Paare bzw. Gruppen zusammen zu sehen und zu beobachten, wie echte Freundschaften entstehen“, berichtet Verena. Gemeinsam mit Hannah und Jana will sie das Projekt noch weiterentwickeln: „Bei unserem nächsten großen Treffen, möchten wir mit Mentoren und Mentees über ihre Erwartungen und Wünsche sprechen. Wir haben da viele Ideen. Beispielsweise könnten wir uns ein Bewerbungstraining vorstellen oder Info-Tage z.B. zur Studienfinanzierung. Wir könnten dafür Vertreter von Stiftungen einladen. Die Vernetzung mit weiteren Hochschulen kommt uns da zugute.“

Auf die Frage, was sich die drei für das Projekt wünschen, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Ein eigenes Büro wäre toll. Bis jetzt finden unsere Gespräche und Treffen immer in der Öffentlichkeit statt, z.B. im Café. Etwas mehr Privatsphäre wäre manchmal angenehmer.“

Das „Welcome-Projekt“, das am Internationalen Büro der Universität Erfurt angesiedelt ist, nimmt Fahrt auf. Interessierte Studierende, die es unterstützen und sich beteiligen möchten, sind dabei herzlich willkommen. Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann das über die Facebook-Seite des Projekts tun oder einfach in die „Sprechstunde“ kommen – immer dienstags von 14.30 bis 16 Uhr im Café Hörsaal 7 auf dem Campus.

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