"Mutlose und feige Reförmchen" - Paul M. Zulehner kritisiert Pläne zur Neuausrichtung der Priesterausbildung

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Blick in den Kölner Dom

Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz denkt derzeit laut über die Neugestaltung der Priesterausbildung in Deutschland nach. Infolge der sinkenden Anwärter auf das Priesteramt soll die Ausbildung auf die Standorte München, Münster und Mainz zentriert werden. Doch „gegen den Vorschlag sind schwerwiegende Bedenken vorzubringen“, meint Prof. em. Dr. Dr. Paul M. Zulehner. Auf seinem persönlichen Blog denkt der Ehrendoktor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt über „feige Reförmchen“ und eine „Kränkung“ des deutschen Ostens nach.

Im Kern verkennt der Vorschlag nach Meinung Zulehners das dringende Bedürfnis der katholischen Gemeinschaft nach einem neuen Priesterbild. Eine Kirche, deren Dreh- und Angelpunkt allein der zölibatäre Kleriker ist, sei nicht zukunftsfähig, argumentiert der Theologe: „Offenkundig ist, was Fachleute schon seit geraumer Zeit betonen, dass der derzeitige Kirchenbetrieb, der im zentralen Bereich (Feier der Eucharistie und der Sakramente, Vorstehen in einer gläubigen Gemeinde) auf einen herkömmlichen Priester zugeschnitten ist, nicht nur schwächelt, sondern zu Ende geht.“

Die Konzentration der Ausbildungsstätten auf lediglich drei Standorte sei dabei ebenso „wie das Zusammenlegen von gläubigen Gemeinschaften in pastoralen Großräumen und Megapfarreien nichts Anderes, als ein ‚downsizing eines sterbenden Kirchenbetriebs‘.“ Der Pastoraltheologe prangert daher „mutlos[e] und feige Reförmchen im bestehenden Rahmen“ an. Dabei sei es der Rahmen selbst, den es zu reformieren gelte.

Weiterhin bezeichnet der Ehrendoktor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt den Vorschlag als eine „Kränkung“ des deutschen Ostens: „Zu Recht wurde nach der Wende darum gerungen, in Erfurt eine theologische Fakultät einzurichten“, schreibt er. „Es ist einfach nicht nachvollziehbar und eine Kränkung der Kirche in diesem Gebiet Deutschlands, dass Erfurt nicht als Ausbildungsort der Priester aus den ostdeutschen Diözesen firmieren soll.“

Der emeritierte Wiener Professor fordert daher einen Paradigmenwechsel innerhalb der Priesterausbildung. Statt einer Konzentration auf drei Ausbildungsstätten brauche es „viele innovative und gemeindenahe Fakultäten über das weite Land hin verstreut. Wer in einem Entwicklungskonzept allein vom Priester ausgeht, hat die Zukunft schon verloren. […] Der Arbeitsgruppe kann man daher nur zurufen, aufzuhören, mit noch so gutgemeinten Konzentrationsmaßnahmen die Zukunft des Priesteramts zu retten. Sie verlängern nur den Sterbeprozess einer Priesterkirche und des immer noch latent vorhandenen pastoralen Grundschismas in der Kirche, das zwischen dem Klerus und dem Volk herrscht […].“

Über Paul M. Zulehner

Paul Michael Zulehner war von 1984 bis 2008 Professor für Pastoraltheologie an der Universität Wien. 2015 verlieh ihm die Universität Erfurt in Würdigung seines herausragenden Engagements für die pastorale Ausrichtung der Kirche in den ehemals kommunistisch beeinflussten Ländern Mittelosteuropas, insbesondere auch Ostdeutschlands, die Ehrendoktorwürde.

Zur persönlichen Webseite von Paul M. Zulehner