Auf Rhodos wird Geschichte lebendig

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Blick über Lindos

Rhodos ist wohl einer der sagenumwobensten Orte im Mittelmeerraum. Die Frühgeschichte der Insel ist von mythischen Erzählungen umgeben. Eine davon besagt, dass die Insel vom Sonnengott Helios geliebt wurde. Im Rahmen eines Seminars im Studium Fundamentale (StuFu) besuchten Studierende der Uni Erfurt gemeinsam mit Kai Brodersen, Professor für Antike Kultur, eine Woche lang die griechische Insel. Dabei gingen sie auf Spurensuche rund um die Geschichte, Mythen und Erzählungen der Insel und besuchten die wichtigsten archäologischen Stätten und Museen – und fragten sich am Ende, ob an der Liebeserklärung des Sonnengottes nicht doch etwas Wahres dran sein könnte…

„In den Ruinen, Museen und gelebten Traditionen ist die Geschichte von Rhodos noch immer lebendig“, sagt Inya, der man die Begeisterung der Studienfahrt immer noch anmerkt. Die 24-Jährige studiert im achten Semester im Bachelor Literaturwissenschaft und Geschichtswissenschaft. Sie war eine von 26 Studierenden, die an dem Seminar auf Rhodos teilnahmen. Als sie von der außergewöhnlichen Möglichkeit erfuhr, ein StuFu-Seminar mit einer Reise nach Rhodos belegen zu können, wollte sie unbedingt dabei sein. Ihr Interesse an Geschichte, insbesondere der Antike, sei vor allem durch ihr Nebenfach sehr groß. „Außerdem ist Professor Brodersen ein wunderbarer Lehrer, der spannend und mitreißend sein Wissen vermittelt. Man merkt, wie er für sein Fachgebiet brennt. Da macht Lernen einfach Spaß. Da es sein letztes Semester als Hochschuldozent ist, wollte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, noch ein Seminar bei ihm zu belegen“, sagt Inya über das Seminar und Professor Kai Brodersen, der mit dem Ende des Sommersemesters in den Ruhestand tritt.

Das Denkmal für die deportierten Juden auf Rhodos

Benannt nach der Nymphe Rhodos reicht die Geschichte der griechischen Insel weit zurück in die Antike und ist geprägt von einer faszinierenden Vielfalt an kulturellen Einflüssen und Ereignissen. Die ersten bekannten Siedler waren die Minoer und die späteren dorischen Griechen, die im 7. Jahrhundert v. Chr. ankamen. Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. blühte Rhodos als wichtige Handelsmacht auf. Diese Blütezeit führte zur Errichtung großer Städte wie Rhodos-Stadt, deren berühmtestes Wahrzeichen der Koloss von Rhodos war, eines der Sieben Weltwunder der Antike. Obwohl die Statue heute nicht mehr existiert, bleibt ihr Erbe als Symbol für die Pracht und den Reichtum erhalten. Mit dem Aufstieg des Christentums im Römischen Reich wurde Rhodos zu einem wichtigen Zentrum des christlichen Glaubens. Später wurde Insel von verschiedenen Herrschern kontrolliert, darunter von den Byzantinern, den Johannitern und den Osmanen sowie im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen.

In Vorbereitung auf ihre Studienreise setzten sich die Studierenden mit genau diesen Themen auseinander. Einzeln oder in Gruppen erarbeiteten sie in Hausarbeiten einen Reiseführer, der die verschiedenen historische Themen aufgriff und der direkt vor Ort vorgestellt wurde und damit Geschichte unmittelbar erlebbar machte. „In meiner Arbeit beschäftigte ich mich mit der deutschen Besatzung auf Rhodos zwischen 1943 und 1945. Die Ergebnisse habe ich dann in einem Vortrag zusammengefasst, den ich am Platz der jüdischen Märtyrer hielt, an dem auch das Denkmal für die deportierten Juden steht“, erzählt Inya.

Entsprechend den Themen der Seminarteilnehmer*innen führte die Reise die Gruppe auch zur Akropolis von Rhodos-Stadt. „Dort bestaunten wir das Odeion, ein kleines antikes Theater sowie das antike Stadion, indem schon Diagoras kämpfte“, berichtet Inya. Selbstverständlich durfte auf dem Programm auch der Aufstieg zu den Ruinen des Apollo-Tempels nicht fehlen. „Zum Abschluss des Tages besichtigen wir dann noch zwei Nymphaea. Das sind antike Orte der Erholung.“

Teil der Reise war auch ein Besuch an der Universität der Ägäis, wo die Erfurter Studierenden durch den Dekan begrüßt wurden. Zeit, die verschiedenen Fakultäten kennenzulernen, die übrigens auf den fünf Inseln Lesbos, Chios, Samos, Syros und Rhodos verteilt sind, blieb bei dem vollen Stundenplan der Studierenden jedoch nicht.

Das Odeion
Die Ausgrabungsstätte Lindos

Dafür standen in den drauffolgenden Tagen die Spurensuche im Stadtbild, die Synagoge sowie die Moscheen, der Hafen der Stadt und auch die Ausgrabungsstätten von Kamiros und Lindos auf dem Programm. „Gemeinsam mit Isidor Brodersen, dem Sohn von Kai Brodersen, der die Reise ebenfalls begleitete, widmeten wir uns den griechischen Inschriften auf den Denkmälern“, erzählt Inya. Abseits der Ausgrabungsstätten, Museen und antiken Städten hatten die Studierenden natürlich auch ausgiebig Zeit, unter der Sonne der Ägäis die traumhaften Strände und am Abend die griechische Gastfreundschaft zu genießen. „Es war eine perfekte Studienreise. Ich habe unheimlich viel gelernt und tolle Menschen kennengelernt“, schwärmt Inya. Durch die Erkundungen und Forschungen direkt vor Ort habe sie viel mehr lernen können, als das allein durch Bücher im Seminarraum möglich gewesen wäre.

Und das ist es auch, was Inya am StuFu so schätzt. „Ich kann jedem nur empfehlen, Seminare zu besuchen, die an Orte jenseits des Campus führen. Diese Erfahrungen und Eindrücke sind einmalig! Eine fremde Stadt im Ausland zu erkunden, kann natürlich auch stressig sein.“ Aber mit den Dozent*innen und Kommiliton*innen an der Seite mache es das viel leichter.

Und eine Sache ist Inya noch ganz wichtig zu sagen: „Professor Brodersen hat mit seinem leidenschaftlichen Engagement ein tolles Seminar auf die Beine gestellt. Vielen Dank für diese beeindruckende Erfahrung und wunderbare Möglichkeit!“

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