Oberflächlichkeit mit Tiefgründigkeit begegnen, den ‚Durst nach Wahrheit‘ stillen und ganz einfach die Welt ein bisschen besser machen ̶ all das hat sich die Kommunikationswissenschaftsstudentin der Uni Erfurt, YouTuberin und Bloggerin Nora Wunderwald zum Ziel gesetzt. Und so beschäftigt sich die 20-Jährige auf ihrem gleichnamigen YouTube-Kanal und im Online-Magazin „TIERINDIR“ auch mit Tabuthemen, Gesellschaftskritik inklusive. Sie möchte damit ganz bewusst eine Alternative zu den gängigen Angeboten liefern, in denen die Währung – wie sie sagt – oft Aussehen und Likes sind. Für unsere Reihe „Off Campus“, in der wir all die spannenden Dinge vorstellen, die unsere Studierenden und Mitarbeiter so neben der Uni machen, wollten wir es genauer wissen, und haben mit Nora Wunderwald (die übrigens wirklich so heißt) über ihre Projekte gesprochen…
Mit gerade einmal 14 Jahren rief Nora ihren YouTube-Kanal ins Leben, der mittlerweile mehr als 16.000 Abonnenten hat. „Da ich auf YouTube bis heute regelmäßig Videos veröffentliche, kann man daran meine Verwandlung eigentlich sehr gut nachvollziehen“, erklärt Nora. „Zu Beginn, also 2012, hatte ich beispielsweise noch lange blonde Haare und habe über sehr oberflächliche Themen, wie Kleidung, Schminke oder Stars gesprochen. So wurde es mir mehr oder weniger von Bravo und Co. vermittelt. Allerdings habe ich gemerkt, dass mir das nicht immer guttat und mich sogar negativ beeinflusste.“ Infolgedessen begann Nora über ernstere, tiefgründigere Themen zu sprechen – von Magersucht über Mobbing bis hin zu Depressionen. Und genau damit schien sie einen Nerv bei ihrem Publikum zu treffen: „Die Resonanz auf diese Videos war unglaublich positiv und ich bekam viele nette Nachrichten. Unter anderem auch von Imina und Luka, mit denen ich heute das Online-Magazin mache.“
„TIERINDIR“ ist Noras zweites Projekt – ein echtes „Herzensprojekt“, wie sie sagt. Worum es bei dem Online-Magazin genau geht? „Wir versuchen Themen zu wählen, die Jugendliche und natürlich auch uns wirklich bewegen. Von Freunden und Familie über Selbstwahrnehmung, Liebe und Aufklärung bis hin zu Politik oder Kunst.“ Besonderheit des Magazins: Die Leser haben die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und kreativ zu werden – sei es mit einem Text, einer Zeichnung oder auch einem Gedicht. „Jeder kann sein inneres Tier rauslassen“, erklärt Nora. „Das Magazin soll anderen das bieten, was ich früher hätte gebrauchen könnte – eine Plattform, auf der man Gleichgesinnte findet und sich austauschen kann.“ Nora und ihre Freundinnen haben noch weitere Pläne für die Zukunft: „Unser Traum ist es, ‚TIERINDIR‘ als Printmagazin herauszugeben und das Ganze beruflich zu machen. Wir könnten uns zudem vorstellen, später Workshops an Schulen anzubieten, die die Kreativität der Schüler anregen sollen.“
Nora, Imina und Luka haben ihre Chance genutzt und nahmen im vergangenen Jahr am ersten Gründungsideenwettbewerb der Universität Erfurt teil. Und auch, wenn „TIERINDIR“ nicht den ersten Platz belegte, hat sich die Teilnahme gelohnt, denn die drei Bloggerinnen erhielten Unterstützung bei der Erstellung eines Businessplans und gewannen den Dreh eines Video-Pitchs für ihr Online-Magazin. Mit Pitchs und Vorträgen kennt sich Nora mittlerweile aus: Nachdem sie im vergangenen Jahr bereits als Referentin auf der „Tincon“ (TeenageINternetwork CONvention) war, hielt sie in diesem Jahr einen Vortrag über das selbstbewusste Aufwachsen mit (und trotz) Social Media auf der „Republica 2018“ in Berlin – der größten Konferenz zu den Themen Internet und digitale Gesellschaft in Europa. „Das war bisher einer der Höhepunkte und gleichzeitig eine große Ehre für mich. Damit verbunden waren weitere, immer noch unglaubliche Dinge – beispielsweise wurde ich in einem Spiegel-Artikel als Vortragstipp auf der Republica genannt. Oder vor Ort in Berlin sah ich plötzlich mein Gesicht auf einem Bildschirm in der U-Bahn“, erklärt Nora immer noch sichtlich verdutzt.
Wie sie ihre Projekte und ihr Studium an der Uni Erfurt unter einen Hut bekommt? „Das Studium der Kommunikationswissenschaften passt natürlich thematisch gut zu dem, was ich mache. Ich versuche alles aus den Vorlesungen und Seminaren herauszuholen und es für meine Projekte zu nutzen. Bei Hausarbeiten wähle ich nach Möglichkeit Themen, die auch für den Blog interessant sein könnten. Andersherum haben meine Projekte auch einen positiven Einfluss auf das Studium. So geben sie mir zum einen eine ordentliche Portion Praxis zu den theoretischen Teilen aus den ersten Semestern“, erzählt Nora, „und durch das Halten von Reden bei Messen werde ich mittlerweile nicht mehr rot bei Referaten und kann besser frei sprechen.“
Und überhaupt sieht Nora ihre Projekte als große Bereicherung für ihr Leben: „Jede Woche ist anders, das ist das Wunderbare daran. Neben der Uni noch ein Projekt zu machen, kann ich wirklich nur jedem empfehlen. Ich bin überzeugt, dass in jedem von uns sehr viel Potenzial steckt, man muss sich nur die Zeit und den Rahmen geben, das (Tier in sich) zu entdecken. Ich glaube, wenn man dranbleibt und etwas mit Leidenschaft tut, kann man alles schaffen.“