Was wird aus der stillgelegten Bahntrasse an der Györer Straße, auf der zwischen 1976 und 1994 die Erfurter „S-Bahn“ fuhr? Das fragte das Umweltamt der Stadt Erfurt im Sommer in einem Ideenwettbewerb. Acht Teams von Fachhochschule und Universität Erfurt haben sich Gedanken gemacht und ihre Entwürfe eingereicht. Nun stehen die Gewinner fest: das gemeinsame Projekt „Schlau-und-stark-Park“ von Anna-Lena Tetschner (Uni Erfurt) sowie Sophia Herre und Marika Zapp von der Fachhochschule. Die drei Studentinnen überzeugten die Jury mit ihrer Idee, die ökologischer Vielfalt, barrierefreie Zugänge und naturnahe Gestaltung miteinander verbindet – nämlich auf einem Erlebnispfad, der Bildung und nachhaltige Entwicklung greifbar machen soll.
Ihre Idee sieht vor, das Gebiet entlang der Straße der Nationen in drei Bereiche zu unterteilen: einen, in dem das Naturerleben im Vordergrund steht, und in dem Kinder und Familien an interaktiven Stationen den Lebensraum des Grünspechts, der hier lebt, erkunden können. Im zweiten Bereich geht’s um Bewegung, beispielsweise beim Balancieren oder Klettern. Ein Calisthenics-Park soll zudem einen neuen Raum für Sportbegeisterte schaffen. Im dritten Abschnitt ist Erholung angesagt: Sitzgelegenheiten, Schattenplätze und ein Pavillon sollen Anwohnern Begegnung und Entspannung ermöglichen. Und um das Gelände vom Verkehrslärm abzuschotten, schlagen Anna-Lena, Sophia und Marika eine Lärmschutzwand vor. Lehrpfad, sportliche Angebote und Erholung zur Stärkung von Körper und Seele – „Schlau und stark“, der Name des Projekts ist also Programm.
Dass Anna-Lena, Sophia und Marika zusammengefunden haben, ist das Ergebnis eines Losverfahrens, mit dem die Gruppen seinerzeit für das hochschulübergreifende interdisziplinäre Seminar von Fachhochschule und Universität Erfurt eingeteilt wurden. Während es für die Landschaftsarchitektur-Studierenden ein Wahlpflichtmodul war, schrieb die Lehramtsstudentin Anna-Lena Tetschner ihre Bachelor-Arbeit über das Projekt. Die drei arbeiteten aber nicht nur miteinander, sondern lernten dabei auch voneinander und bekamen Einblicke in das jeweilige Fach der anderen – eine echte Bereicherung, sagen sie im Rückblick.
„Wir haben uns zunächst mit den Wünschen der Anwohner*innen beschäftigt”, erläutert Anna-Lena Tetschner. „Für sie waren Sportgeräte wichtig und mehr Sauberkeit für das Areal. Uns war bei unseren Überlegungen aber auch der Aspekt des Lernens durch Bewegung sehr wichtig. Deshalb schließt unsere Idee des Bewegungspfads interaktive Informationstafeln ein. Diese sind so gestaltet, dass man die Informationen zunächst selbstständig an bestimmte Punkte schieben muss und danach die Tafel umdrehen kann, um auf der Rückseite zu vergleichen. QR-Codes sind dabei noch eine kleine Erweiterung für Eltern und ältere Kinder, die weiterführende Informationen erhalten möchten.“ Der von den Studentinnen vorgeschlagene Bewegungspfad besteht aus zwei Wegen, die sich organisch um die Bäume schlängeln, damit möglichst wenig in die Natur eingegriffen werden muss. „Pfad Nummer 1 ist barrierefrei, damit er gut mit dem Kinderwagen oder Rollstuhl o.ä. zu nutzen ist. Pfad 2 hat eine Hängebrücke und Seile zum Klettern. Immer an den Stellen, an denen beide Wege aufeinandertreffen, steht dann eine Infotafel“, erklären die Studentinnen. „Den Grünspecht, der bei all dem immer wieder eine Rolle spielt, – Kinder können beispielsweise an verschiedenen Stationen die Geräusche des Vogels nachahmen – haben wir gewählt, weil er einerseits in diesem Areal beheimatet ist, zum anderen bietet er eine gute Möglichkeit, die Themen Nachhaltigkeit und Naturschutz direkt an diesem Ort aufzugreifen. Uns ist es einfach wichtig, dass Kinder spielerisch lernen, wie wichtig die Natur für die Menschen ist.“
Finanziert wird die Umgestaltung des Areals zum größten Teil aus einem Förderprogramm des Bundesamtes für Naturschutz, den Rest gibt’s vom Land Thüringen und der Stadt Erfurt dazu. Rund 950.000 Euro sind für das Projekt vorgesehen, mit den konkreten Planungen soll nun ein professionelles Landschaftsarchitekturbüro beauftragt werden. Und schon im Sommer kommenden Jahres könnten die Bauarbeiten beginnen.
Ein wunderbares Projekt und ein weiteres Beispiel dafür, das ein Studium an der Fachhochschule oder der Universität Erfurt neben aller Theorie doch ziemlich greifbar und lebensnah ist und nicht zuletzt auch Impulse für eine nachhaltige Entwicklung setzen kann.
Wir gratulieren Anna-Lena, Sophia und Marika zu ihrem Erfolg!