Wer neu an eine Universität kommt, hat viele Fragen. Erst recht, wenn man aus einem anderen Land kommt, noch niemanden kennt und auch die Sprache noch fremd ist. Das Buddy-Programm der Universität Erfurt möchte internationale Studierende in dieser Situation unterstützen, und allen, die nach Erfurt kommen, einen Buddy, also einen deutschen Studierenden, zur Seite stellen, der ihnen das Ankommen erleichtern soll. Das Gute daran: Beide Seiten profitieren. Zum bevorstehenden Wintersemester werden wieder neue Buddies gesucht. Für unseren Campusblog haben wir mit Elias, Kamil und Max gesprochen, die sich bereits als Buddies versucht haben.
„Was ich bemerkenswert fand, war der erste Tag. Ich habe dich vom Bahnhof abgeholt und du warst direkt super offen und kommunikativ“, erinnert sich Elias an sein erstes Zusammentreffen mit Kamil, der mit dem Zug von Krakau nach Erfurt gereist ist. Kamil spricht sehr gut Deutsch, und nachdem die beiden Kamils Sachen ins Hostel gebracht haben, stand die Erkundung der Stadt an: „Wir sind eine große Runde durch Erfurt gelaufen und dabei hat Kamil sehr viel gesehen und hatte den anderen, die später ankamen, gegenüber gleich einen gewissen Vorsprung.“ Beim Matching der beiden Buddies spielte die Verbindung zur Wirtschaftsuniversität Krakau sicher eine Rolle. Denn Elias war selbst als Austauschstudent erst ein Semester zuvor an der gleichen Universität, an der Kamil studiert. Getroffen hatten sich beiden damals jedoch nicht.
Dass es Erfurt überhaupt gibt, wusste Kamil vor seinem Erasmus-Semester nicht. Absichtlich hat er sich gegen so große und internationale Städte wie Wien, Frankfurt oder Berlin entschieden, weil er dorthin wollte „wo ich wirklich deutsche Kultur erwarten konnte, in einer etwas kleineren Stadt. Dass es Erfurt geworden ist, war auch für mich überraschend. Wichtig war mir, dass Erfurt im Zentrum von Deutschland und damit nicht so weit weg von Polen entfernt liegt.“ Obwohl beide Wirtschaftswissenschaft studieren, hatten Elias und Kamil keine gemeinsamen Seminare an der Universität Erfurt. Gesehen haben sich die beiden während des Semesters aber häufig auf dem Campus, in der Mensa und auf Partys. „Ich habe versucht, dich ein bisschen mitzunehmen, habe dir gesagt, wo die besten Partys stattfinden und wo man so hingeht. Wir haben zusammen Fußball geschaut, gemeinsam gekocht, so alltägliche Dinge zu zweit gemacht und Zeit miteinander verbracht“, berichtet Elias.
Ob aus ihrer Begegnung tatsächlich eine Freundschaft geworden ist, wollen wir wissen. „Von meiner Seite würde ich schon sagen, dass wir Freunde sind“, sagt Kamil und Elias nickt bestätigend mit dem Kopf. Ein Highlight für Kamil war eine Wanderung im Sommer zusammen mit Elias‘ Familie: „Eine richtig tolle Erfahrung für mich.“ Überhaupt schätzt Kamil es sehr, dass es ein solches Angebot für internationale Studierende gibt:
Dass ich hier gleich einen Buddy hatte, hat mich beruhigt. Zu wissen, dass ich hier jemanden habe, der mir helfen wird, wenn ich ihn brauche. Es ist ja so, dass die Austauschstudierenden in ein ihnen fremdes Land fahren und in der Regel sind sie allein. Vielleicht kennst du die Sprache aus dem Unterricht, aber ob du dich wirklich verständigen kannst, merkst du erst, wenn du vor Ort bist und dich mit Muttersprachlern unterhältst.“
Kamil, Student der Wirtschaftswissenschaft an der
Krakauer University of Economics
Weil Elias seinem Buddy Kamil sehr geholfen hat und die beiden viel miteinander unternommen haben, wird Kamil in unserem Gespräch regelrecht zum Verfechter des Buddy-Programms und zählt auch die Vorteile für einheimische Studierende auf: „Das Buddy-Programm ist auch sehr wichtig, um Studierende von den Vorzügen des Erasmus-Programms zu überzeugen und sie zu motivieren, auch diese Erfahrung im Auslandssemester zu machen. Und natürlich hilft das Buddy-Programm auch dabei, internationale Freund*innen zu finden.“ Durch den Kontakt zu Elias hat Kamil viele deutsche Muttersprachler*innen kennengelernt und sich auch mit ihnen getroffen. Dadurch hat sich Kamil wohl und sicher gefühlt, weil er viel mit deutschen und nicht nur mit internationalen Studierenden in Kontakt war.
Als Elias in Krakau studierte, lernte er über das Buddy-Programm dort auch eine polnische Kommilitonin kennen, die ihm den Einstieg erleichterte: „Das war toll, weil ich so gleich eine Verbindung zu polnischen Studierenden hatte. Sonst ist man viel mit anderen internationalen Erasmus-Studierenden unterwegs. Nach meiner guten Erfahrung in Polen mit meinem Buddy und den Angeboten des Erasmus Student Network wollte ich hier etwas zurückgeben und es war mir ein Bedürfnis, für jemanden da zu sein und weiterhin Kontakt mit Internationals zu haben.“
Eine ähnliche Motivation hatte auch Max und meldete sich als Welcome-Buddy an der Universität Erfurt an. Im Wintersemester 2024/25 hat er Diplomatie (Internationale Beziehungen ist sein Hauptfach an der Universität Erfurt) in Taiwan studiert und sich dort sowohl bei den anderen Austauschstudierenden als auch bei den Taiwaner*innen immer sehr willkommen gefühlt. Über die kulturellen Unterschiede und das sehr vom deutschen abweichende Universitätssystem in Taiwan hat ihm sein Buddy vor Ort hinweggeholfen: „Wir haben uns sehr gut verstanden und richtig gut angefreundet. Es war sehr schön, sich einfach so zu treffen, gemeinsam essen zu gehen, sich zu unterhalten und mehr Hintergründe über das taiwanesische Leben zu erfahren. Ich freue mich sehr, ihn kennengelernt, gemeinsam Zeit verbracht und mit ihm einen so tollen Buddy gehabt zu haben, der immer da war, der nah war und einfach sympathisch“, erzählt Max, der noch heute guten Kontakt mit seinem Buddy hält und sich darauf freut, ihn bald in Deutschland wiederzusehen. Gerade in Taiwan wird den Studierenden empfohlen, ins Ausland zu gehen und eine europäische Sprache zu lernen. Um einen „Plan B“ zu haben, falls Taiwan die Freiheiten und demokratischen Rechte seiner Bürger*innen einschränken sollte. Der Buddy von Max hatte gerade sein C2-Zertifikat in Deutsch erworben und konnte deshalb fließend Deutsch mit ihm sprechen.
Was sollten deutsche Studierende mitbringen, um gute Buddies für internationale Studierende zu sein, haben wir Max gefragt:
Über die Jahre kennt man die Universität, die Abläufe, die Stadt, das deutsche Bürokratie- und Verwaltungswesen. Deswegen brauchte ich keine große Vorbereitung, um am Buddy-Programm teilzunehmen. Das war alles sehr gut organisiert. Ich habe in diesem Sommersemester bei Bürgeramtsterminen ausgeholfen, als es darum ging, dass sich die Austauschstudierenden hier in Erfurt melden mussten, oder auch beim Eröffnen eines Bankkontos usw. Dabei habe ich versucht, das anzuwenden, was mir schon bei meinem Buddy gut gefallen hat. Vom International Office der Universität Erfurt gab es unterschiedliche Angebote vorab, etwa Online-Konferenzen und Informationsmaterialien, daher habe ich mich gut vorbereitet gefühlt.“
Max, Student der Internationalen Beziehungen und
Wirtschaftswissenschaft an der Universität Erfurt
Schon vor ihrer Ankunft in Deutschland bekommen die Gaststudierenden einen Erfurter Buddy vom International Office zur Seite gestellt, der sie besonders in der Anfangsphase begleiten und unterstützen soll. So konnten sich Elias und Kamil schon ein paar Wochen vor Kamils Ankunft in Erfurt schreiben, erste Fragen klären und Pläne schmieden.
Jedes Semester werden Erfurter Studierende gesucht, die bereit sind, die “Incomings” beim Start in ihr Studium an der Universität Erfurt und das Leben in Erfurt zu unterstützen. Buddies sind lokale und erfahrene Studierende ab dem 2. Fachsemester. Das Buddy-Programm bietet den internationalen Studierenden eine Starthilfe in der Eingewöhnungsphase und zugleich ist es eine gute Gelegenheit, sich auf dem Campus zu vernetzen und die deutsche Kultur in ihrer Vielfalt zu erleben. Die deutschen Buddies haben die einmalige Chance, Interkulturalität bereits an der Heimatuniversität kennenzulernen, ihre Sprachkompetenzen zu verbessern und das eigene Studium aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Sie haben Lust bekommen, dabei zu sein?
Ich mache sehr gern beim Buddy-Programm mit, um mit neuen Leuten in Kontakt zu kommen. Mit Leuten aus anderen Kulturkreisen, von anderen Orten und aus aller Welt. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, internationale Kontakte zu knüpfen. Als Deutsche und Erfurter ist es unsere Aufgabe, ein bestmögliches Bild von uns zu präsentieren und die Menschen so willkommen zu heißen, dass sie sich bei uns wohlfühlen.“
Elias, Student der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
an der Universität Erfurt