„Mein Ziel ist, dass Kinder Bedeutsames für ihr Leben lernen wollen!“

Zwischen Mensa und Hörsaal
Bildcollage mit dem Text Zwischen Mensa und Hörsaal: Master of Education Grundschule. Porträtfoto Maja - freundliches Lächeln, Brille und lange dunkelblonde Haare

Maja kommt aus Sachsen und studiert im ersten Semester Master of Education Grundschule und im Nebenfach Ethik. Mit dem Ziel, später als Grundschullehrerin zu arbeiten, begann sie nach dem Abitur an der Universität Erfurt das Bachelor-Studium Primarpädagogik im Wintersemester 2021/2022, das sie in der Regelstudienzeit abgeschlossen hat. Maja gehört zum ersten Jahrgang nach Erneuerung der Prüfungsordnung für die Ausbildung Lehramt an Grundschulen. Diese sieht neben den Pflichtfächern Deutsch und Mathematik das Studium von nur noch einem weiteren Fach vor. Damit die 21-jährige Studentin noch ein viertes Fach – eins, das ihr ganz besonders am Herzen liegt – unterrichten kann, bewirbt sie sich bald um ein Zertifikationsstudium in Teilzeit. Im Gespräch verrät Maja ihr Lieblingsfach und gibt wertvolle Tipps für angehende Lehramtsstudierende und Lehrkräfte. 

Was war ausschlaggebend für deine Entscheidung, an der Uni Erfurt zu studieren?
Ich habe mich direkt in Erfurt verliebt, als mir ein Freund die Stadt bei einer privaten Führung gezeigt hat. Mir gefiel sehr, dass sie nicht so überlaufen war, obwohl Erfurt Landeshauptstadt ist. Zudem hatte ich viel Gutes über die pädagogische Ausrichtung der Uni Erfurt gehört.

Wie war die Anfangszeit – bist du gut ins Studium gekommen und was hat dir dabei geholfen?
Als ich mit meinem Studium startete, galten noch Corona-Regelungen. Daher hat das erste Semester größtenteils online stattgefunden. Soziale Kontakte konnte ich dennoch in der Ersti-Woche knüpfen. Ich hatte Glück, weil ich zu dieser Zeit schon einige Freunde und auch meinen Lebenspartner kannte und sie alle lebten ganz in der Nähe – in Erfurt, Weimar und Jena. Durch die Zeit mit ihnen bekam ich ein besseres Gefühl dafür, was es heißt, Studentin zu sein. So hatte ich trotz der besonderen Umstände einen guten Studienstart, wobei mein Fokus in dieser Anfangszeit nicht nur auf der Uni lag. Ich war sportlich sehr aktiv, habe meine kreative Ader ausgelebt und viel Zeit mit Freunden verbracht.

Was fasziniert dich an deinem Studium? Wie sehen die Studieninhalte aus?
Nach dem theorie-fokussierten Bachelorstudium merkt man im Master einen intensiven Praxisbezug zur Grundschule. Wir lernen, was guten Unterricht ausmacht und wie man ihn, am Lehrplan orientiert, peppig ausgestalten kann.
Der Deutschunterricht gliedert sich bspw. in den Schriftspracherwerb (SSE) und Umgang mit Kinderliteratur (KiLi). Im Bereich SSE haben wir Module, in denen wir lernen, wie man Kindern das Lesen und Schreiben beibringt, jenseits der Arbeit mit der klassischen Fibel. Im Bereich KiLi probieren wir im Seminar jede Woche selbst Methoden aus, die uns zeigen, wie Geschichten, Gedichte und Bilder das literarische Lernen der Schüler*innen anregen können.
Kinderbücher und ihre Geschichten können auch gut in Ethik eingesetzt werden. Sie eignen sich als Gesprächsimpulse für übergeordnete Themen der Sozialkompetenz, zum Beispiel für den Umgang mit Gefühlen, Konfliktbewältigung, Perspektivwechsel, Empathie oder Freundschaft. Die Aufgabe der Lehrperson ist dabei, Werte und Normen unserer demokratischen Gesellschaft im Unterricht neutral, kindgerecht und immer mit einem lebensweltlichen Bezug der Kinder zu verhandeln. Kinderbücher sind dabei nur eine von vielen Möglichkeiten, mit den Schüler*innen in den Austausch zu treten.
In Mathematik werden uns didaktische Prinzipien auf handelnde, darstellende und symbolische Art beigebracht. Dabei wichtig sind immer die passenden Hilfsmittel zu den zu erlernenden mathematischen Kompetenzen.

Der Ausdruck in den Kindergesichtern, wenn sie Spaß beim Lernen haben, weil sie etwas verstehen, ist das Beste am Job!

Warum möchtest du Lehrerin werden?
In meiner eigenen Schulzeit gab es einige sehr inspirierende Lehrkräfte, denen es nicht nur darum ging, ihren Schulstoff durchzukriegen, sondern die es sich zum Ziel gesetzt haben, dass wir als Schüler*innen nachhaltig für unser Leben lernen. Das möchte ich auch. Ich möchte Kinder dazu anregen, eigene Erfahrungen zu sammeln und Erkenntnisse zu verknüpfen, weil das langfristig viel gewinnbringender ist.
Die Kompetenz, Probleme zu lösen, kommt im Schulalltag leider viel zu kurz. Ich empfinde es als essenziell, dass Kinder von klein auf lernen können, wie man mit unterschiedlichen Problemsituationen umgeht. Dafür müssen sie eigene Strategien entwickeln und vorhandene Grenzen in ihren Köpfen überwinden. Wir als Lehrpersonen sind dafür da, den Schüler*innen Hilfsmittel und Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie diese Hürden bewältigen können. Die Werkzeuge des Ethikunterrichts sind z. B. wichtig für einen erfolgreichen Umgang mit eigenen Empfindungen, mit anderen Menschen und mit der Umwelt. Mein Ziel ist, dass Kinder Bedeutsames für ihr Leben lernen wollen. Außerdem ist der Ausdruck in den Kindergesichtern, wenn sie Spaß beim Lernen haben, weil sie etwas verstehen, das Beste am Job!

Was war dein Lieblingsfach in der Schule? Wirst du es selbst auch unterrichten?
Mein Lieblingsfach in der Schule war Kunst. Leider hatte ich bei meiner Bewerbung für den Bachelor die Frist dafür verpasst. Ich habe dann Religionswissenschaft bzw. Ethik als Nebenfach gewählt, dieses Fach mochte ich auch immer. Im kommenden Mai versuche ich mein Glück erneut und werde mich für ein zusätzliches Zertifikatsstudium Kunst in Teilzeit bewerben, damit ich neben Mathe, Deutsch und Ethik auch Kunst mit fachlicher Ausbildung unterrichten kann. Drückt mir die Daumen, dass ich angenommen werde! 

Da wir alle im selben Boot sitzen, sind wir sehr offen und wertschätzend miteinander.

Wie kann man sich eine klassische Arbeitswoche im Praktikum vorstellen?
Es gibt Unterschiede zwischen semesterbegleitenden Praktika und solchen in den Semesterferien. Während des Semesters ist man einmal in der Woche zur immer gleichen Zeit an der vereinbarten Praktikumsschule. Der Fokus liegt dann auf einem bestimmten Modulfach, bei mir also Mathe, Deutsch oder Ethik. Bei meinem aktuellen Praktikum ist es so, dass wir zu siebt hinten mit in der Klasse sitzen und die Schüler*innen unterstützen, wenn sie Hilfe brauchen. Nach der Stunde treffen wir uns dann mit der Lehrperson, um darüber zu sprechen, was gut gelaufen ist und was noch verbessert werden kann. Hat eine Person von uns die Stunde gehalten, besprechen wir unsere Beobachtungen im Anschluss sehr ausführlich. Wir liefern uns gegenseitig Ideen und Tipps, wie man beim nächsten Mal mit einer bestimmten Situation besser umgehen kann. Da wir als Anfänger*innen alle im selben Boot sitzen, sind wir sehr offen und wertschätzend miteinander. Uns allen ist die Situation vertraut und wir wissen, wie es sich anfühlt, als Lehrperson vor einer Klasse zu stehen. Die Hinweise nehmen wir daher nicht als negative Kritik auf, sondern als echte Hilfestellung.
Praktika in den Semesterferien habe ich bisher immer für mehrere Wochen am Stück absolviert. Ich begleite dann die Lehrperson, die mich betreut, den gesamten Tag über – von frühmorgens vor der ersten Stunde im Lehrerzimmer bis zur letzten Unterrichtsstunde. Dienste außerhalb der Unterrichtszeit, wie etwa Hofaufsicht, habe ich auch schon übernommen, weil das später auch Teil meines Arbeitsalltags sein wird. Wenn es geht, setze ich mich zusätzlich in die Unterrichtsstunden anderer Kolleg*innen, damit ich möglichst vielfältige Eindrücke und Erfahrungen sammeln kann.

Und wie bist du an die Schulpraktika gekommen?
Während des Bachelor-Studiums habe ich mir die Praktikumsschulen selbst gesucht und mich mit Lebenslauf und Motivationsschreiben beworben. Natürlich kann man dafür in Thüringen bleiben, es ist aber genauso möglich, bei einer Schule in einem anderen Bundesland anzufragen. Man sollte wissen, dass die Studierenden in dem Bundesland, in dem sie studieren, auch den Vorrang haben. Ich hatte trotzdem Glück und konnte mich auf einen der Restplätze in meiner Heimat in Sachsen bewerben.
Im Master gibt es Module, in denen die Praktikumsplätze von Seiten der Universität schon vorgegeben sind. Über die Erfurt School of Education (ESE) kann man sich online für eine Praktikumsschule anmelden.

Wie geht es für dich nach dem Studium weiter?
Nach Abschluss des Masterstudiums kann ich entweder direkt mit einem 18-monatigen Referendariat beginnen oder zunächst als sogenannte Quereinsteigerin an einer Schule arbeiten – dann ist man aber Hilfs- und noch keine offizielle Lehrkraft. Ich würde mein Referendariat am liebsten in Erfurt absolvieren, allerdings habe ich selbst nur einen geringen Einfluss auf die Zuteilung der Schule oder die Gegend.

Eine gute Lehrperson sollte den Anspruch an sich selbst haben, den Unterricht an die Schüler*innen anzupassen."

Welche Eigenschaften zeichnen deiner Ansicht nach eine gute Lehrperson aus?
Ohne Zweifel sollte man bereit sein, ein Leben lang zu lernen. Forschung entwickelt sich unentwegt weiter. Es gibt immer neue Trends, technische Entwicklungen und Methoden und die Lebensbedingungen verändern sich. Ein aktuelles Beispiel ist die Bedeutung der Medienkompetenz von Lehrkräften. Unterschiedliche Medien im Unterricht einzusetzen, ist kein Teufelswerk, sondern kann sehr gewinnbringend sein. Außerdem ist es wichtig, Schüler*innen beizubringen, wie sie sich im Internet verhalten sollten, welche Suchmaschinen für sie geeignet sind und für welche Zwecke sie bestimmte technische Geräte nutzen können.
Eine gute Lehrperson sollte auch stets den Anspruch an sich selbst haben, den Unterricht an die Schüler*innen anzupassen und die Stunde im Anschluss reflektieren. Nicht jede Methode funktioniert für jede Klasse gleich gut. In jeder Klasse sitzen unterschiedliche Kinder mit vielfältigen Lernvoraussetzungen. Als Lehrperson sollte man offen dafür sein, die Zugänge zum Lernmaterial zu variieren. Das kann z. B. durch Leichte Sprache oder Hilfsmittel erfolgen, aber auch durch eine Abstufung der Komplexität einer Aufgabe sowie eine gewisse Flexibilität bei der Aufgabenstellung.
Eine funktionierende Work-Life-Balance ist für Lehrkräfte auch sehr wichtig. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass Stunden nicht immer perfekt verlaufen werden. Es kann immer etwas Unerwartetes passieren – etwas, das man nicht im Vorhinein planen kann – und das ist vollkommen in Ordnung.

Gibt es etwas, das du anderen Lehramtsstudierenden mit auf den Weg geben kannst?
1. Traut euch, Neues auszuprobieren! Ihr seid euch nicht sicher, ob die Unterrichtsstunde so funktionieren könnte, wie ihr sie geplant habt? Dann besprecht eure Ideen mit der Lehrperson, die euch betreut, oder Dozierenden an der Uni Erfurt. Oder spielt die Stunde vorab im Freundeskreis, mit Kommiliton*innen oder mit der Familie durch. Das Feedback und die neuen Blickwinkel werden äußerst gewinnbringend für euch sein.
2. Nutzt die Inspirationen aus den Teilmodulen und fangt jetzt schon an, euch ein kleines Repertoire an Materialien und Methoden aufzubauen. Das macht es später viel einfacher.

Was wünschst du dir für den Lehrberuf?
Bevor es ins Berufsleben geht, würde ich mir zunächst für den Bachelor eine noch stärkere Verknüpfung von Theoriewissen und Praxis wünschen. So haben wir als Studierende schon von Beginn an die Chance, abzuschätzen, ob der Lehrberuf auch wirklich etwas für uns ist oder eben nicht.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wieder mehr Menschen Lust haben, den Lehrberuf zu ergreifen und das Image verstärkt mit etwas Positivem assoziieren. Aktuelle Debatten über den Lehrberuf sind oft bestimmt von Überforderung und Stress, dadurch fühlen sich viele junge Menschen abgeschreckt und entscheiden sich lieber für andere Berufe. Es kann auch daran liegen, dass Eltern einen so großen Einfluss auf den Unterricht ausüben wie selten zuvor, obwohl die meisten selbst gar keine pädagogische Ausbildung haben. Die Mitsprache und Beteiligung der Eltern am Entwicklungsprozess ihrer Kinder ist natürlich essenziell, doch der teils extreme Umgang miteinander kann sowohl für die Eltern-Lehrkraft-Beziehung als auch für die Lehrkraft-Kind-Beziehung schädlich sein. Dem Kind bringt es reichlich wenig, wenn immer wieder gute Noten eingeklagt werden. Es ist doch viel sinnvoller, anhand der erbrachten Leistungen zu prüfen, wo die Unsicherheiten des Kindes liegen, um diese gemeinsam zu überwinden. Ich gehe ja auch zu keinem Ingenieur und kritisiere seine Berechnungen, seine Materialauswahl und geplanten Umsetzungen. Was ich sagen möchte, ist, dass Lehrkräfte ebenfalls ausgebildete Expert*innen auf ihrem Gebiet sind, denen man mehr Vertrauen schenken sollte.

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