Wie verhalten sich die Geschichte der Religion und die Geschichte der politischen Freiheit zueinander? Die Vielfalt der Auffassungen zu diesem Thema in der Philosophie, den Geistes- und Sozialwissenschaften und in der Öffentlichkeit ist groß und verwirrend. Doch die grandiose Synthese, in der Hegel Christentum und politische Freiheit zusammenbrachte, ist für viele immer noch eine enorme Orientierungsquelle - trotz oder gerade wegen der einflussreichen Provokationen von Friedrich Nietzsche.
Wie Hans Joas in Unter dem Bann der Freiheit zeigt, hat sich im religiösen Denken des 20. Jahrhunderts eine andere Sichtweise herausgebildet, die sich auf ein zukunftsoffeneres Geschichtsbild und einen reicheren Freiheitsbegriff als den von Hegel stützt. Anhand von sechzehn ausgewählten Denkern dekonstruiert Joas die große Hegelsche Erzählung von der menschlichen Geschichte als Selbstverwirklichung der Idee der Freiheit und stellt ihr die Skizzen einer Theorie der Entstehung des moralischen Universalismus gegenüber. Ausgehend von den klassischen Ansichten Hegels und seiner Betonung der Rolle des protestantischen Christentums sowie den äußerst negativen Ansichten über das Christentum im Werk des Philosophen Friedrich Nietzsche arbeitet Joas dieses neue Verständnis von Religion und Freiheit aus, das sowohl den Eurozentrismus als auch eine intellektualistische Sicht des religiösen Glaubens und der religiösen Praxis vermeidet.
Das Ergebnis ist ein eindringliches Plädoyer für eine globale Geschichte des moralischen Universalismus. Unter dem Bann der Freiheit ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Quelle: Oxford University Press, übersetzt
Under the Spell of Freedom ist die englische Übersetzung der 2020 erschienenen Publikation Im Bannkreis der Freiheit von Hans Joas.
