| Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Forschung, Veranstaltungen

Tagung der DGfE: Sozialpädagogische Professionalisierung in der Krise?

Unter dem Titel "Sozialpädagogische Professionalisierung in der Krise?" lädt die Kommission Sozialpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) in Kooperation mit der Universität Erfurt heute und morgen zu ihrer Jahrestagung ein. Sie findet als digitales Format statt und soll die wissenschaftliche und disziplinpolitische Auseinandersetzung mit sozialpädagogischen Fragen fördern.

Krisen sind schwerlich objektiv zu fassen. Vielmehr sind es gesellschaftliche Wahrnehmungsweisen, die dazu beitragen, dass soziale Probleme öffentlich werden und sozialpolitisch daran angeschlossen wird. An diesen Krisenwahrnehmungen war Sozialpädagogik historisch betrachtet beteiligt. Krisenwahrnehmungen tragen dazu bei, soziale Probleme zu qualifizieren. Sie können so zum Auf- oder Abbau oder zur Transformation sozialer Infrastrukturen führen.

Während Soziale Arbeit in ihren Anfängen als Profession Profiteurin der auf das Soziale bezogenen Krisenwahrnehmungen war, kann dies gegenwärtig nicht mehr vorausgesetzt werden, wie sich etwa in dem Narrativ der ‚Krise des Sozialstaates‛ ausdrückt. Zudem ist es fraglich, ob ein beobachtbarer Ausbau der Erwerbsmöglichkeiten für Soziale Arbeit auch mit einer weiteren sozialpädagogischen Professionalisierung einhergeht. Ziel der Tagung ist es, die Bedingungen der Möglichkeiten sozialpädagogischer Professionalisierung sowohl auf der Ebene der akademischen Qualifizierung als auch auf der Ebene der Handlungsfelder in den Blick zu nehmen. Vor dem Hintergrund sich wandelnder politischer Rahmenbedingungen, des krisenlegitimierten Ausbaus von Unterstützungsangeboten der Sozialen Arbeit und der damit einhergehenden Fachkräfteknappheit diversifizieren sich die für die Professionalisierung von Fachkräften grundlegenden Ausbildungen und Studiengänge. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen Professionalisierung und Fachkräfteknappheit ist von veränderten Theorie-Praxis-Relationen auszugehen.

Des Weiteren geraten auch die vorherrschenden Theorien zur sozialpädagogischen Professionalität in die Krise. Angesichts der Diskrepanz zwischen Anspruch und gesellschaftlichen Möglichkeiten werden die Theorien in ihrer Normativität fraglich. Stattdessen entwickeln sich neue, empirisch begründete Theorien professionellen Handelns, die sich relational begreifen. Durch demokratiefeindliche Entwicklungen werden auch (neue) normative Ansprüche an professionelles Handeln gerichtet.

Sozialpädagogisch professionelles Handeln wird zunehmend öffentlich, d.h. medial vermittelt sichtbar. Dabei hat es sich mit einer Zuschreibung ‚defizitärer‘ Professionalität auseinanderzusetzen, wie das z.B. in jüngerer Zeit im Kontext des Kinderschutzes oder der Aufdeckung sexuellen Missbrauchs zu beobachten war. Diese Fremdwahrnehmung trägt wiederum zur kritischen Selbstreflexion professionellen Handelns in der Sozialpädagogik bei. Schließlich wird auch in Anbetracht der jüngsten Krise, der Corona-Pandemie, danach gefragt, welche professionellen Herausforderungen sie angesichts dieser Entwicklungen zu bewältigen hat.

Der Anspruch der Tagung ist damit zugleich ein doppelter: Zum einen soll die dem Thema der Tagung grundgelegte Diagnose durch Forschungsergebnisse kritisch geprüft werden. Zum anderen geht es darum, sich dazu politisch zu positionieren. Diese doppelte Ausrichtung spiegelt sich auch in den jeweiligen Formaten wider. In Vorträgen, Arbeitsgruppen, Diskussionsforen und einer Podiumsdiskussion geht es deshalb vor allem um Folgendes:

  • Krisenlegitimation und -bewältigung in/der Theorien und Praxis Sozialer Arbeit;
  • fach- und gesellschaftspolitischer Auftrag der Sozialen Arbeit einschließlich der selbstkritischen Auseinandersetzungen mit der öffentlichen Wahrnehmung sozialpädagogischen professionellen Handelns;
  • Entwicklung des Fachkräftebedarfs und der damit verbundenen Ausdifferenzierung von Studiengängen und Qualifizierungsangeboten in der Sozialen Arbeit.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website zur Tagung.