Ausrufung und Fortbestand einer epidemischen Lage infolge der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 haben 2020 und 2021 in Deutschland zu enormen Beeinträchtigungen und Bewältigungsanstrengungen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen geführt. Vor besondere Herausforderungen waren Eltern durch den Wegfall von Präsenzunterricht und die weitreichende Verlagerung von schulischer Bildung in den häuslichen Bereich gestellt (Bujard et al., 2020). Bisherige Ergebnisse legen nahe, dass Eltern eine Zunahme von Stress, Vereinbarkeitskonflikten und Hilflosigkeit erlebten (Geissler et al., 2022; Buschmeyer et al., 2021). Welche Indikatoren jedoch in der schulischen Betreuung durch Eltern zu dieser Zunahme des Belastungsempfinden führten, ist unklar. Auch fehlen Daten, welche retrospektiv den gesamten Zeitraum der Corona-Pandemie und damit auch Veränderungen im elterlichen Belastungserleben, Entwicklungen von Copingstrategien und der Kooperation von Bildungseinrichtungen und Eltern sichtbar machen.
Das vorliegende Forschungsprojekt setzt an diesen Defiziten an und widmet sich der Frage nach der Rollenwahrnehmung von Eltern im Kontext Schule während der Corona-Pandemie. Die Studie soll fehlende qualitative Daten mithilfe einer retrospektiven Interviewstudie mit Eltern liefern und diese unter dem methodologischen Ansatz der Grounded Theory auswerten. Auf Grundlage dieser Daten erfolgt eine familienorientierte Analyse des Bildungssystems unter den Bedingungen der Corona-Pandemie, welche zum Diskurs über das Maß und die Grenzen elterlicher Verantwortung in der schulischen Bildung ihrer Kinder beiträgt, der wesentlich für das Erreichen chancengleicher Bildung ist.