RUNDBLICKE: Der 10. Newsletter des Vorhabens QUALITEACH steht unter dem Motto „Kooperationen und Entwicklungen in Zeiten der Pandemie“.

Das Jahr 2020 wird noch lange in unserem Gedächtnis bleiben. Bisher begleitete uns lediglich ein „mulmiges“ Gefühl bei Romanen wie „Die Wand“ (Marlen Haushofer) oder „Der Schwarm“ (Frank Schätzing) und im Hinterkopf tauchte die Frage auf, ob und was davon Wirklichkeit werden könnte. Die vergangenen Monate ließen manches davon Realität werden…

Wir mussten viel improvisieren in den ersten Wochen des Lockdowns – Lehrinhalte und Prüfungen digitalisieren, neue Wege der Kommunikation erschließen und ausprobieren, wie Kooperation auch ohne soziale Nähe vor dem Bildschirm möglich ist. Manches ist im Improvisationsmodus gut gelungen und hat einen längst überfälligen (Digitalisierungs-)Schub ausgelöst, aber viele Vorhaben konnten und können nicht wie geplant umgesetzt werden.

Das Vorhaben QUALITEACH als Kooperationsprojekt weiter zu gestalten, wird die Herausforderung für die verbleibenden drei Projektjahre sein: Nicht zu wissen, was kommt, aber trotzdem sicher zu sein, ans Ziel zu gelangen (Kempkens 2021).

Dafür wünsche ich allen Akteurinnen und Akteuren sowie den zahlreichen Kooperationspartnerinnen und -partnern die notwendige Gesundheit, Zuversicht, Ideen und Freude.

Ich möchte mich herzlich bedanken für die vertrauensvolle, problemlösungsorientierte und inspirierende Zusammenarbeit und verabschiede mich in den Ruhestand: „Man überreicht die Erfolge des eigenen Tuns in neue Hände. Aber genauso die unerledigten Aufgaben“ (Steinmeier 2020).

Dr. Sigrid Heinecke, Projektkoordinatorin des Vorhabens QUALITEACH

Literatur:
- Kempkens, Sebastian: Blühende Fantasie. In: Die Zeit Nr. 1/2021, S. 17
- Steinmeier, Walter: Interview mit Giovanni di Lorenzo. In: Die Zeit Nr. 50/2020, S. 9


QUALITEACH-Koordinatorin Dr. Sigrid Heinecke tritt wohlverdienten Ruhestand an

Nach fünf Jahren erfolgreicher Koordination der beiden Erfurter Vorhaben in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung gibt Dr. Sigrid Heinecke ihre Aufgaben in neue Hände. Es war ein Glücksfall für die Universität Erfurt, dass Dr. Heinecke, die zuvor fünfeinhalb Jahre lang die Erfurt School of Education geschäftsführend geleitet hatte und somit die Lehrerbildung und alle wesentlichen Akteure in Thüringen kannte, die Koordination dieser großen Projekte übernahm, an deren Entstehen und Bewilligung sie bereits maßgeblich mitgewirkt hatte. Dr. Heinecke konnte dabei auf 20 Jahre Projektmanagement und Mitarbeiterführung im Bildungsbereich zurückgreifen.

Nach einer eindrucksvollen Qualifikationsphase als Lehrerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Unterstufenmethodik der Pädagogischen Hochschule Erfurt, wo sie die Promotionen A und B (zum Dr. paed. sowie Dr. sc. paed.) abgelegt hatte, war eigentlich eine wissenschaftliche Laufbahn vorprogrammiert. Die politische Wende vereitelte jedoch diese Pläne und so fand sich Dr. Heinecke am Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft wieder. 2010 kehrte sie an ihre alte Wirkungsstätte zurück, denn die Lehrerbildung war inzwischen in die Universität Erfurt eingegliedert worden. Als Geschäftsführerin der Erfurt School of Education (ESE) gelang es ihr, durch ihr offenes, sympathisches und immer sachbezogenes Wirken alle Beteiligten der Lehrerbildung, auch weit über die Universität hinaus, immer wieder an einen Tisch zu bringen und viele neue Projekte anzustoßen.

Neben der ständigen Weiterentwicklung der Lehrerbildung an der Universität blieb sie der Berufsorientierung im Land verbunden, wo sie als Gutachterin half, Schulen mit einem Gütesiegel zu zertifizieren. Sie förderte und organisierte zusammen mit der Universitätsgesellschaft viele Jahre lang das Seniorenstudium im Erfurter Kolleg, konzipierte und betreute zusammen mit Unternehmen außerhalb der Universität den Zertifikatsstudiengang „Praxis der Personalarbeit“ und gestaltete mit anderen Aktiven der Thüringer Schullandschaft ein COMENIUS-Regio-Projekt in Kooperation mit österreichischen Bildungsregionen. Ein besonderes Anliegen war Dr. Heinecke stets das berufsbildende Lehramt, für das sie ein Seiteneinsteigerprogramm voranbrachte, aber ebenso die Ermöglichung von Auslandserfahrungen für Lehramtsstudierende. Dafür erhielt sie zusammen mit der ESE mehrere Auszeichnungen. Sie organisierte Abschlussbälle für die Absolventinnen und Absolventen der Lehrerbildung im geschichtsträchtigen Kaisersaal sowie den ersten Alumnitag für Lehrkräfte.

Im Rahmen von QUALITEACH war Dr. Heinecke stets eine fachkundige und fürsorgliche Ansprechpartnerin für alle Mitarbeitenden, dachte immer einen Schritt weiter als andere, lieferte viele inhaltliche Impulse und gestaltete vertrauensvoll den Kontakt mit dem Projektträger. Die Wirkung des Projekts in die Universität hinein und nach außen war ihr besonders wichtig. Deshalb organisierte sie zahlreiche Tagungen, hielt Vorträge in ganz Deutschland und brachte die Projektgruppen immer wieder zu teambildenden Maßnahmen zusammen. Legendär sind die von ihr organisierten Feiern mit kulinarischen und kreativen Höhepunkten.

Dr. Sigrid Heinecke hinterlässt große und eindrucksvolle Fußstapfen im Projekt QUALITEACH und der ganzen Universität Erfurt. Es ist Ansporn für uns alle, ihre Arbeit weiterzuführen und ihren Wahlspruch zu beherzigen: „Offene Kommunikation und vertrauensvolle Kooperation sind der Katalysator für die Lösung von Problemen.“ Der aufrichtige Dank des gesamten Projektteams und alle guten Wünsche möge unsere geschätzte Kollegin in den verdienten Ruhestand begleiten.

Prof. Dr. Susanne Jurkowski / Prof. Dr. Ernst Hany, Sprecherteam von QUALITEACH II


Kooperationen auf allen Ebenen: Wie die Erfurter Hochschullernwerkstatt dazu beiträgt, inner- und außeruniversitäre Zusammenarbeit zu fördern

Kooperationsstufen Graesel
Abb. 1 Modell der Kooperationsstufen nach Gräsel et al (2006); Berger & Müller-Naendrup 2019

Seit dem Bestehen der Erfurter Hochschullernwerkstatt und insbesondere seit dem Start des im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten BMBF-Projektes QUALITEACH im Jahr 2016 besteht das Ziel der Erfurter Hochschullernwerkstatt u.a. darin, hochschulische Lehr- und Lernkultur zu verändern. Die vielfältigen Kooperationen mit Akteur*innen innerhalb und außerhalb der Universität Erfurt stellen dabei ein zentrales Qualitätsmerkmal dar, das ohne die stetige Unterstützung der Erfurt School of Education und der QUALITEACH-Projektkoordination in dieser Form nicht zu realisieren wäre. 

Was bedeutet Kooperation auf allen Ebenen, wie der Titel dieses Beitrages betont?

Sowohl im theoriegeleiteten Arbeiten als auch im praktischen Erleben zeigt sich schnell, dass Kooperation weit mehr als ein einfacher Austausch ist.  In Anlehnung an das Modell der Kooperationsstufen zur Zusammenarbeit von Lehrpersonen nach Gräsel u.a. (2006) können   verschiedene Formen der Kooperationen strukturell auf drei Ebenen beschrieben werden: Dabei handelt es sich um die Ebenen (1) des Austauschs, (2) der arbeitsteiligen Kooperation und (3) der Kokonstruktion (siehe Abbildung 1).

Ebene des Austauschs

Nach Gräsel et. al. (2006) ist Zusammenarbeit auf dieser Ebene vor allem durch den Austausch von relevanten Informationen sowie das gegenseitige Aufsuchen von Rat und Unterstützung gekennzeichnet. Voraussetzungen dafür sind eine gemeinsame übergeordnete Zielstellung, das Vorhandensein unterschiedlicher Informationen (Ressourceninterdependenz) sowie die gemeinschaftlich getragene Überzeugung, dass eine Informationssuche nicht als Inkompetenz gewertet wird.

Bezogen auf das gesamte BMBF-Projekt QUALITEACH bedeutet dies, dass ein regelmäßiger inhaltlicher Austausch zwischen den verschiedenen Teilprojekten stattfindet, der durch die Erfurt School of Education organisiert wird.

Für unser Teilprojekt „Hochschullernwerkstatt“ spiegelt sich diese Form der Kooperation u.a. in den regelmäßigen Treffen der der „Lernwerkstatt AG“ wider, wo Kolleg*innen aus unterschiedlichen lehramtsrelevanten Studienbereichen und Wissenschaftsdisziplinen in einen interdisziplinären Austausch über didaktische Herausforderungen und Möglichkeiten des Lehrens und Lernens in einer Hochschullernwerkstatt zu treten. Außeruniversitär findet der Austausch in der einschlägigen Fachcommunity der Hochschullernwerkstätten bspw. auf der jährlich stattfindenden internationalen Fachkonferenz und anderen Fachtagungen statt. Vor allem aber bietet die Hochschullernwerkstatt in den sogenannten freien Öffnungszeiten und zu verschiedenen Abendveranstaltungen (Informations- und Diskussionsabende) einen Raum des Austauschs für (Lehramts-)Studierende und außeruniversitäre Akteur*innen (z. B. Kinder- und Jugendschutzdienst, Ministerium, Staatliches Schulamt etc.).

Ebene der arbeitsteiligen Kooperation:

Die arbeitsteilige Kooperation zwischen einzelnen Personen bzw. Einrichtungen gewinnt ihr Potential aus der Nutzung unterschiedlicher Kompetenzen und Ressourcen. Sie erfordert eine entsprechende Strukturierung der Aufgaben und eine möglichst präzise Zielstellung, um eine geteilte Bearbeitung zu ermöglichen, die den Kompetenzen aller Beteiligten entspricht (Gräsel et. al. 2006).

Ausgehend von der Ebene des Austauschs haben sich verschiedene arbeitsteilige Kooperationen im Projekt „Hochschullernwerkstatt“ entwickelt. Beispielsweise wird in Kooperation mit dem Teilprojekt Teaching Talent Center und der Erfurt School of Education die Veranstaltungsreihe „Gut vorbereitet in den Vorbereitungsdienst“ mit verschiedenen Informationsveranstaltungen organisiert und umgesetzt. Außeruniversitär wird in Zusammenarbeit mit der Universität Siegen regelmäßig ein standortübergreifendes Seminarprojekt durchgeführt, u.a. zu den Themenfeldern Inklusion und Digitalisierung.

Ebene der Kokonstruktion:

Kokonstruktion zielt auf einen intensiven Austausch hinsichtlich einer Aufgabe, bei dem individuelles Wissen gegenseitig aufeinander referenziert wird. Dabei wird nicht nur neues Wissen erworben, sondern Konzepte für zukünftige Problemlösungen entwickelt (Gräsel et. al. 2006).

Kokonstruktion ist das zentrale didaktische Prinzip einer Reihe von Lernwerkstattseminaren.  So lernen bspw. Studierende der Grundlegung Deutsch im ersten Studienjahr zu Großteilen nach dem Prinzip des kollaborativen problembasierten Lernens (vgl. Berger 2019).

In der bereits aufgeführten Kooperation mit der Universität Siegen ist das Konzept der Kokonstruktion bspw. „auf Ebene der Dozierenden” (Berger & Müller-Naendrup 2019, 127) vergleichbar. So wird

„[...] verschiedenartige Expertise von Seiten der Lehrenden zu Inhalten inklusiver (Hoch-) Schulentwicklung bzw. zu digitalen und kollektiven Lernprozessen arbeitsteilig eingebracht und anschließend in einem ko-konstruktiven Prozess zu einem gemeinsamen Konzept auf Basis des Problem-Based Learning im Kontext der Hochschullernwerkstatt verwoben” (ebd. 127).

Die dreisemestrige Fortbildung „Design your Education“ verfolgt das Ziel, dass Hochschullehrende in einer Community of Practice (vgl. Wenger 2015) gemeinsam und kokonstruktiv neue Lehrveranstaltungsformate für ihre jeweiligen Fachdidaktiken, unter Berücksichtigung der pädagogischen Leitlinien der Hochschullernwerkstatt, entwickeln.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass dieses produktive Netzwerk in erster Linie einem Raum, nämlich der Lernwerkstatt und nicht den Personen zugeschrieben wird, die das Projekt tragen und unterstützen. Allerdings macht die Hochschullernwerkstatt auch deutlich, welche Kraft und Dynamik von dem konkreten Raum als Kristallisationspunkt und Ort des Austausches, Kooperation und der Kokonstruktion ausgehen kann. Ganz im Sinne des Raumes als drittem Akteur in der Pädagogik (Müller-Naendrup 2013).

Literatur
- Berger, M. 2019: Kollaboratives Problem-Based Learning. Ein hochschuldidaktischer Ansatz zur Erschließung professionellen Wissens durch problemorientierte und kollaborative Lernprozesse. In: Tänzer, S., Godau, M., Berger, M. & Mannhaupt, G. (Hrsg.): Perspektiven auf Hochschullernwerkstätten. Wechselspiele zwischen Individuum, Gemeinschaft, Ding und Raum. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 188 - 191.
- Berger, M. & Müller-Naendrup, B., 2019: Kollaboratives Problem-Based Learning – Ein Kooperationsmodell der Hochschullernwerkstatt Erfurt und der OASE Lernwerkstatt Siegen. In: Tänzer, S., Godau, M., Berger, M. & Mannhaupt, G. (Hrsg.): Perspektiven auf Hochschullernwerkstätten. Wechselspiele zwischen Individuum, Gemeinschaft, Ding und Raum. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 120 - 132.
- Gräsel, C., Fußangel, K. & Pröbstel, C., 2006: Lehrkräfte zur Kooperation anregen - eine Aufgabe für Sisyphos? Zeitschrift für Pädagogik, 52, S. 205 - 219.
- Müller-Naednrup, B., 2013: Lernwerkstätten als „Dritte Pädagogen“. Räumliche Botschaften von Lernwerkstätten an Hochschulen. In: Coelen, H. & Müller-Naendrup, B. (2013) (Hrsg.): Studieren in Lernwerkstätten. Potentiale und Herausforderungen für die Lehrerbildung. Wiesbaden: Springer, S. 193-206.
- Wenger, E. 2015: Communities of practice a brief introduction, online: wenger-trayner.com/introduction-to-communities-of-practice (zuletzt geprüft 13.12.2020).


Methodentraining für effektives Unterrichten – unter den Bedingungen von Corona

Anliegen des QUALITEACH-Teilprojekts „Methodentraining für effektives Unterrichten“ ist es, ein Trainingsprogramm für indirekte Instruktion zu entwickeln. Angehende Lehrerinnen und Lehrer können darin Gesprächstechniken für einen kognitiv aktivierenden und problemhaltigen Unterricht erlernen. Anknüpfend an die Erfahrungen aus der ersten Projektphase, in der die Fächer Musik und Deutsch im Zentrum des standen, konzentrieren sich die aktuellen konzeptionellen Aufgaben auf das Unterrichtsfach Mathematik.

Bis zum Ende des Wintersemesters 2019/20 organisierte sich die Projektgruppe so, dass in regelmäßigen Abständen Projekttreffen stattfanden, die dem Austausch des Arbeitsstandes und einer gemeinsamen, vielperspektivischen Diskussion von Überlegungen zum weiteren Projektvorgehen dienten. Schließlich folgten mit dem Lock down aufgrund der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ein harter Einschnitt in die bisherigen Arbeitsgepflogenheiten und eine Änderung der geplanten Vorhaben zur Erprobung der Gesprächstechniken, den eine Projektmitarbeiterin wie folgt erlebt hat: Stefanie Baum begann zum 01.02.2020 ihre Arbeit im Projekt. Nach nur sechs Wochen Einarbeitungszeit an der Universität hieß es für sie: Homeoffice. Diese Zeit beschreibt sie wie folgt: „Die Corona-Krise machte mir die Einarbeitungsphase nicht leicht, da ich bereits nach wenigen Wochen im Homeoffice weiterarbeiten musste. Seit meinem Arbeitsbeginn habe ich nur ein einziges ‚richtiges‘, in Präsenz stattgefundenes Teilprojekt-Treffen miterleben dürfen. Sehr schnell gehörten von nun an schriftliche Kommentare, Telefonate oder auch das eine oder andere Web-Ex-Meeting zu meinem neuen Arbeitsalltag. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht zu meinen vorherigen Aufgaben im Schulbetrieb, in dem es immer sehr betriebsam und lebendig zuging, denn bis zum 31.01.2020 absolvierte ich meinen Vorbereitungsdienst an einer Erfurter Grundschule. Die neu gewonnene Ruhe, das beständige Arbeiten am heimischen Schreibtisch und der schriftliche Austausch über kommentierte Texte waren für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig.

Zu Beginn des ersten Lockdowns schien es für mich auch so, dass die Schließung der Universitätsbibliothek mein Vorankommen erschweren würde, schließlich musste ich mich in die komplexe Thematik der indirekten Instruktion, der Studienergebnisse zur kognitiven Aktivierung sowie zu Trainings einlesen, was eine dringende Voraussetzung für eine Übertragung bisheriger Erkenntnisse und Vorgehensweisen auf den Mathematikunterricht notwendig machte. Jedoch versorgten mich die Teilprojektleitenden immer ausreichend mit neuer Literatur und stellen mir konkrete, projektbezogene Aufgaben. Eine umfasste beispielsweise die Entwicklung sogenannter sprachlicher Züge für ein konkretes Unterrichtsbeispiel im Fach Mathematik. So entstand der erste Entwurf eines Unterrichtskonzeptes, wie Lehrkräfte im Unterricht auf bestimmte Äußerungen der Lernenden reagieren könnten. Um dies für ein geplantes Training mit Studierenden greifbarer zu machen, ist aus meiner Sicht eine Erprobung im Unterricht als Pilotstudie notwendig. Unter den aktuellen Bedingungen macht die Zusammenarbeit mit Schulen allerdings alternative Herangehensweisen nötig, so dass ich nun eine Handreichung für Lehrkräfte erarbeitet und an sie weitergegeben habe, in welcher sie eine Anleitung erhalten, wie sie am konkreten Unterrichtsgegenstand kognitiv aktivierende Unterrichtsgespräche führen können. Mithilfe eines kurzen Evaluationsbogens können die Lehrkräfte anschließend ihre Unterrichtsstunde einschätzen und mir ein Feedback übermitteln. Mit diesen Rückmeldungen der kleinen Pilotstudie erhoffe ich mir Ansätze, wie das entworfene Modell modifiziert werden kann. Eine weitere Möglichkeit, um aktuell an Daten und Erkenntnisse aus der Unterrichtspraxis zu gelangen, ist die Betreuung von Masterarbeiten in Zusammenarbeit mit Professorin Heike Hahn und Professor Manfred Lüders. Auch hier arbeiten die Studierenden mit der bereits entwickelten Aufgabe und der Unterrichtssequenz mit Anleitungen für ein kognitiv aktivierendes Gespräch. Darüber hinaus wurden noch zwei weitere denkbare Aufgaben erstellt, die ebenfalls nun erstmals im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern erprobt werden.“

Die aktuelle Situation mit sehr vielen Online-Meetings bestimmt seit mehreren Monaten unser aller Alltag. Auch wenn die Startbedingungen des Teilprojektes zum Mathematikunterricht nicht optimal waren, konnten in der Projektgruppe Wege gefunden und gegangen werden, um die schwierigen Bedingungen zu kompensieren. Ideen zum Projektfortgang können auch in Online-Meetings ausgetauscht werden.

Als konstruktiv kann auch die Kooperationen zwischen den verschiedenen Fachbereichen eingeschätzt werden. Es sind eben gerade die unterschiedlichen Blickrichtungen auf das zu entwickelnde Trainingsprogramm, die zu einem Fortschritt in der Entwicklung einer entsprechenden Konzeption geführt haben.

Corona hat zwar die gewohnten Arbeitsabläufe verändert, aber keineswegs die Ideen, produktiven Arbeitsphasen und bereichernden Gespräche „ausgebremst“.


Kompetenz- und Entwicklungszentrum Inklusion - Unterprojekt „Förderung besonderer Interessen und Begabungen“

Eine zentrale Aufgabe des Unterprojekts „Förderung besonderer Interessen und Begabungen“ ist die kompetenzorientierte Weiterentwicklung der bestehenden Online-Vorlesung „Begabungs- und Begabtenförderung“, die Lehramtsstudierende während des Masterstudiums absolvieren können.

Die Studierenden werden seit Projektbeginn aktiv in die Umsetzung dieser Aufgabe miteinbezogen: So wurden in den vergangenen drei Semestern bereits vier Erhebungen durchgeführt, an denen insgesamt mehr als 220 Lehramtsstudierende freiwillig teilgenommen haben.

Die Ergebnisse der Erhebungen zeigten u.a., dass die Studierenden wesentliche Wünsche hinsichtlich bestimmter Vorlesungsinhalte haben:  Reflexion der eigenen Haltung und Rolle, vertiefendes Wissen in Bezug auf Diagnostik sowie Binnendifferenzierung innerhalb des Unterrichts. Darüber hinaus zeigten die Lehramtsstudierenden großes Interesse an neuen didaktischen und methodischen Umsetzungsmöglichkeiten wie etwa die Planung und die Durchführung von Förderangeboten für leistungsstarke bzw. besonders talentierte Schüler*innen und sie äußerten auch den Wunsch nach Präsenzveranstaltungen an Schulen. Ein differenziertes Lernangebot in Abhängigkeit vom individuellen Kenntnisstand der Lehramtsstudierenden wurde ebenfalls befürwortet. 

Das Projekt versucht, diese Wünsche und Anregungen bei der Weiterentwicklung der Online-Vorlesung zu berücksichtigen, und möchte sich an dieser Stelle bei den Studierenden für die umfassende Unterstützung und die wichtigen Anregungen herzlich bedanken.


Neuigkeiten aus dem Projekt „Sprachliche Bildung in mehrsprachigen Kontexten“

Wortwolke "Sprache und Bildung in mehrsprachigen Kontexten"
Symbolbild

Im Projekt „Sprachliche Bildung in mehrsprachigen Kontexten“ durften wir Frau Kuhlig in den Mutterschutz verabschieden und als Vertretung Frau Krusche willkommen heißen.

Mit dem StuFu-Seminar „Deutschlands heterogene Klassenzimmer: Migrationsbedingte Mehrsprachigkeit im Bildungssektor inklusiv gestalten – aber wie?“ soll im kommenden Semester ein konkreter Schritt zur Förderung von DaZ-Kompetenzen in der Erfurter Lehrer*innenbildung unternommen werden. Wir warten gespannt auf die Entscheidung des Prüfungsausschusses über die Aufnahme des Seminars in das Studienangebot.

Ferner läuft die Erhebung und Auswertung der Studierendenbefragungen im Rahmen unserer Bedarfsanalyse zur Integration von DaZ-Kompetenz in der Erfurter Lehrer*innenbildung. Aktuell können wir fast 400 Umfrage-Teilnehmer*innen vermelden.

Weiterhin bieten wir auch die Sprechstunde „Viele Sprachen im Klassenzimmer – wie gehe ich als Lehrkraft damit um?“ an, die momentan über Webex oder telefonisch nach Terminvereinbarung nina.krusche@uni-erfurt.de besucht werden kann.


Kompetenz- und Entwicklungszentrum für Inklusion - Unterprojekt: Inklusion aus sonderpädagogischer Perspektive

Hände Inklusionsspiel
Symbolbild

In diesem Projekt werden Konzepte entwickelt und umgesetzt, um inklusionsspezifische Fragestellungen querschnittlich in die Lehrer*innenbildung an der Universität Erfurt zu integrieren (vgl. Heinrich, Urban & Werning, 2013; Kansteiner-Schänzlin, 2011; Sallat, Schuchort, Steinert & Stoll, 2018). Hierzu gehören vor allem das TeamTeaching, bei dem sonderpädagogische Inhalte in Veranstaltungen der Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken integriert werden, sowie 360°-Videos, die Studierenden einen umfassenden Einblick in die Gestaltung inklusiven Unterrichts geben sollen. Darüber hinaus bietet das Kompetenzzentrum jährlich ein Symposium für Forschende und Lehrende der Universität Erfurt sowie Praktiker*innen an und berät Lehrende und Studierende zu Fragen rund um das Thema Inklusion.

Im vergangenen Jahr hat die allgegenwärtige Notwendigkeit zur Digitalisierung von Angeboten insbesondere zu einer intensiven Weiterentwicklung der Videoplattform VideoLeb geführt. Die Frage war: wie können Studierende in der Analyse und Interpretation von Unterrichtsvideos unterstützt werden, so dass sie ihr Fachwissen auf Beispiele der Unterrichtspraxis transferieren können und dies unter der Bedingung möglichst selbstgesteuerten Lernens? So entstand die Idee für ein digitales Workbook. Kerngedanke dabei ist, dass die Studierenden auf der Online-Plattform anhand von Textmaterial Fachinhalte erarbeiten und Videosequenzen aus dem Unterricht unter dem Blickwinkel einzelner Fragestellungen mit Bezug zum Fachwissen analysieren können. Dabei werden sie in der Textarbeit durch Aufgabenstellungen angeleitet, die durch unterschiedliche Schwierigkeitsniveaus individualisiertes Lernen ermöglichen. Die Studierenden können den Text direkt online bearbeiten und sich anschließend die bearbeitete Version dieses Textes downloaden. Dadurch, und durch die Möglichkeit, die eigenen Antworten mit einer Musterlösung zu vergleichen und/oder dem Dozierenden zuzuschicken, findet eine Ergebnissicherung statt. Die Unterrichtsvideos sind mit der 360°-Technik gefilmt, so dass die Studierenden einen Rundumblick im Klassenzimmer einnehmen können, auf zentrale Ereignisse fokussieren und diese durch Zoomen näher betrachten können. Dies ermöglicht den Betrachtenden eine digitale Hospitanz.

Ein erstes digitales Workbook wurde zum Thema Kooperatives Lernen erstellt, einer Lehr-/Lernform, die für den inklusiven Unterricht eine wichtige Rolle spielt, da hier soziales und fachliches Lernen miteinander verknüpft werden können. Kooperatives Lernen kann somit nicht nur den Erwerb fachinhaltlichen Wissens unter Berücksichtigung individualisierter Lernprozesse, sondern auch den Aufbau sozial-emotionaler Fähigkeiten und die Entwicklung positiver Peerbeziehungen unterstützen. Das digitale Workbook ist in mehrere Kapitel aufgebaut, z.B. zu den Basismerkmalen kooperativen Lernens, zu Forschungsergebnissen, zur Rolle der Lehrperson oder zum Potential kooperativen Lernens für den inklusiven Unterricht. In zahlreichen Kapiteln wurden Videosequenzen integriert, so dass die jeweiligen Fachinhalte schrittweise durch Praxisbeispiele veranschaulicht werden. Dieses Workbook wurde in mehreren Seminaren bereits eingesetzt. Die Studierenden meldeten zurück, dass die Kombination aus Text, Aufgabenstellung und Videosequenz dazu geführt hat, dass sie sich die Arbeit mit dem Workbook gut einteilen konnten und der Arbeitsablauf daher gut in den aktuellen Alltag zu integrieren war. Darüber hinaus berichteten die Studierenden, dass die Materialien sehr ansprechend, aktivierend und motivierend waren.

Die Integrierbarkeit in den Alltag war auch eine Frage, welche die diesjährige Gestaltung des Symposiums für Entwicklungs- und Lernförderung mitbestimmte. Thema des diesjährigen Symposiums ist: „Ein Netz für Kinder spannen: Risiken und Chancen für die Entwicklung erkennen und nutzen“.  Während es in den letzten Jahren ein Angebot mit Vorträgen und Workshops auf dem Campus der Universität Erfurt gab, bei dem ca. 300 Personen aus Praxis, Forschung und Lehre teilnahmen, mussten wir für dieses Jahr eine digitale Variante entwickeln. Entstanden ist dabei ein Angebot auf Glocalcampus, bei dem die Teilnehmer*innen über einen Zeitraum von 4 Wochen Kurzbeiträge in Video- und Audioformat von 15 bis 30 Minuten einsehen können. Themen der Kurzbeiträge sind beispielsweise Umgang mit Stress, soziales Lernen oder Kindeswohlgefährdung. Anschließend haben die Teilnehmer*innen über Foren die Möglichkeit, Nachfragen an die Referent*innen zu stellen, die diese dann schriftlich oder erneut über einen digitalen Input beantworten. Mit diesem Format soll es möglich sein, die Teilnahme am Symposium zeitlich flexible zu gestalten und dennoch in den Austausch gehen zu können. Mit dem Format hat sich auch der Titel des Symposiums geändert: „Symposium für Entwicklung und Lernen“. Damit soll die Relevanz und wechselseitige Verschränktheit von Entwicklungs- und Lernprozessen deutlich werden und der Notwendigkeit zur Kooperation zwischen verschiedenen Einrichtungen und Institutionen zur Gestaltung von Übergängen Rechnung getragen werden.

Das letzte Jahr hat gezeigt, wie wichtig es ist, spontan auf neue Herausforderungen reagieren zu können und schnell passende Lösungen zu finden. Dies gilt vor allem für die Möglichkeiten der Digitalisierung, welche auch in einer postpandemischen Zeit ständiger Weiterentwicklung bedarf. Das Kompetenz- und Entwicklungszentrum für Inklusion leistet hier durch das digitale Workbook und das Online-Symposium einen Beitrag, mit dem sowohl Studierende wie Praktiker*innen erreicht werden und so inklusionsspezifische Fragestellungen präsent gehalten werden.


Vom Assessment über die Peer-Beratung zur Lehrer*innenpersönlichkeit

Beratungen Teaching Talent Center
Symbolbild Beratungsgespräche

Nach fünf Projektjahren QUALITEACH lohnt es sich, Bilanz zu ziehen und zu schauen, welche Entwicklungs- und Verstetigungswege zur Qualitätssteigerung in der Lehrer*innenbildung an der Universität Erfurt eingeschlagen wurden. Als ein Teilprojekt der ersten Stunde hat das Teaching Talent Center Anfang 2016 die Arbeit aufgenommen, um Bewerberinnen und Bewerber für das Lehramtsstudium hinsichtlich ihrer Eignung für den Lehrer*innenberuf gezielt zu beraten und Lehramtsstudierende in ihrer professionellen Entwicklung individuell und studienbegleitend zu unterstützen. Im Zuge dessen galt es, sie in ihren Persönlichkeitsbereichen jenseits des Fachstudiums zu fördern und damit optimal auf berufsfeldbezogene Anforderungen vorzubereiten. Zur Umsetzung des komplexen Vorhabens wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Ernst Hany verschiedene Maßnahmen im Teaching Talent Center parallel entwickelt und im Zeitverlauf miteinander verwoben. Dem Projekt kam dabei zugute, dass sich das Team aus Psycholog*innen und Lehramtsabsolvent*innen zusammensetzte.

Im Zentrum der Projektarbeit stand von Beginn an die Entwicklung eines Assessmentverfahrens zur lehrberufsbezogenen Persönlichkeitsdiagnostik. Das Diagnoseinstrument wurde nicht mit dem Ziel der Selektion weniger geeigneter Kandidat*innen konzipiert, es bot vielmehr eine aussagekräftige Basis für die darauf aufbauenden individuellen Coachings, Beratungen und Trainingsmaßnahmen. Neben der Erkundung der Persönlichkeitsmerkmale sollte den Studierenden darüber hinaus die Möglichkeit geboten werden, ihre überfachlichen und praxisbezogenen Kompetenzen zu erkunden. Stärken und Schwächen in berufsrelevanten Sozial- und Schlüsselkompetenzen sollten durch die Teilnahme an kurzen und authentischen Handlungsaufgaben, sogenannten Multiplen Mini-Interviews, aufgezeigt werden. Dazu zählen beispielsweise der Umgang mit zwischenmenschlichen Konflikten oder das verständliche Erklären komplexer Inhalte. Potentiale und mögliche Entwicklungsspielräume können anschließend in speziell konzipierten Trainingseinheiten ausgebaut und reflektiert werden.

Im Folgenden werden einzelne Meilensteine der Projektarbeit vorgestellt und das aktuelle Projektgeschehen beschrieben.

Das Persönlichkeits-Assessment

In den ersten Projektjahren lag der Schwerpunkt der Projektarbeit auf dem zu entwickelnden Persönlichkeits-Assessment für Lehramtsstudierende und Studieninteressierte mit Lehramtspräferenz. Für die Erfassung derjenigen Persönlichkeitsmerkmale, die für die Berufswahl, für einen erfolgreichen Studienverlauf und für die Bewältigung der beruflichen Anforderungen gemäß der einschlägigen Literatur als besonders relevant gelten, wurden mehrere Selbstauskunftsverfahren zusammengestellt und in passender Weise weiterentwickelt. Das entstandene Persönlichkeits-Assessment kam 2016 bis 2018 während der Studieneinführungstage unter den Studienanfänger*innen zum Einsatz. Am Assessment nahmen bislang mehr als 1100 Studierende teil. Für die schriftliche Rückmeldung des Testergebnisses wurde ein individuelles lehrberufsbezogenes Persönlichkeitsprofil erstellt. Die Teilnehmenden konnten auf Wunsch eigens darauf abgestimmte Beratungen in Anspruch nehmen und über die durch den Test sichtbar gewordenen Stärken und Entwicklungsfelder mit einem Projektmitarbeiter ins Gespräch kommen. Fragen wie z.B. „Wie kann ich mich emotional besser vom Schulgeschehen abgrenzen?“ oder Zweifel wie z.B., ob der eigene Perfektionsanspruch ein Hindernis im Studium und späteren Beruf sein kann, wurden thematisiert. Nicht selten wurden in den Beratungen Selbsterkundungsaufgaben vereinbart, die vor allem in schulischen Praktika zum Einsatz kamen.

Ein erklärtes Ziel des Projekts ist es, die eigene Eignung für den Lehrberuf und die damit verbundene Berufswahl ehrlich zu hinterfragen. So erschien es dem Team sinnvoll, die Projektarbeit stärker mit den im Studienverlauf vorgesehenen Schulpraktika zu verknüpfen. Die enge Kooperation mit dem Praktikumsreferat der Erfurt School of Education ermöglichte eine schnelle und ergiebige Umsetzung dieses Vorhabens. Seit dem Wintersemester 2019/20 ist das Persönlichkeits-Assessment fester Bestandteil des ersten Praktikumsmoduls für alle lehramtsbezogenen Studiengänge. Damit verbunden ist eine selbstkritische, profilgeleitete Auseinandersetzung mit den beruflichen Anforderungen als Vorbereitung auf den Aufenthalt an der Praktikumsschule. Das im zweiten Studienjahr obligatorische, circa vierwöchige Orientierungspraktikum bietet im Anschluss die Möglichkeit, die eigene Berufswahl in Bezug auf die im Assessment deutlich gewordenen Stärken und Entwicklungsfelder zu überprüfen.

Peer-Coachings zur Erweiterung des Angebots

Durch die curriculare Einbindung des Persönlichkeits-Assessments war es erforderlich, daran anknüpfende Beratungsangebote an die gegebenen Rahmen- und Personalbedingungen anzupassen. Jedes Semester nehmen etwa 250 Studierende am Praktikumsmodul und damit zeitgleich am Persönlichkeits-Assessment teil, weshalb im Projekt nach einer nachhaltigen Lösung gesucht wurde. Im Ergebnis ist ein besonderes Erfurter Modell zur Praktikumsbegleitung entstanden.

Seit dem Wintersemester 2019/20 finden sogenannte Peer-Coachings statt. Diese wurden an das Praktikumsmodul der Bachelorstudierenden gekoppelt. Das Coaching ist am Gedanken der Peer-Beratung orientiert, d.h. Bachelorstudierende, die kurz vor ihrem ersten großen Schulpraktikum stehen, werden von Masterstudierenden im Hinblick auf die eigenen Stärken und Entwicklungsfelder bezüglich des Lehrberufs gecoacht. Die Masterstudierenden werden zu diesem Zweck im Rahmen eines von Juliane Knüpfer eigens dafür konzipierten Seminars auf das Coaching vorbereitet. Ähnlich der Beratungen, welche zu Beginn des Projekts durch Projektmitarbeiter*innen durchgeführt wurden, fokussieren die Coachings auf eine die gemeinsame Erarbeitung von Entwicklungszielen und Selbsterkundungsaufgaben für die Bachelorstudierenden. Die Ziele und Aufgaben werden von den Studierenden im Praktikum realisiert und anschließend reflektiert. Die Masterstudierenden können den Bachelorstudierenden dabei auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen und Kenntnisse aus bereits zahlreich durchgeführten Praktika wertvolle Tipps und Hilfestellungen geben. So ist es möglich, den Bachelorstudierenden eine Unterstützung in der Vorbereitung und Reflexion des Praktikums durch erfahrenere, im Studium schon fortgeschrittene Studierende anzubieten.

Die Vorteile dieses Coachings liegen auf der Hand, meint Dr. Andrea Schmerbauch, die im Bachelorstudium die Begleitseminare zum Praktikum organisiert: So können die Bachelorstudierenden von den Erfahrungen der Masterstudierenden profitieren. Nach der Teilnahme am Coaching betonen die Studierenden, dass eine Beratung durch „Gleichgesinnte“ eine ganz besondere Vertrauensbasis bietet. Dadurch ist es möglich, sich viel leichter öffnen zu können und sich eher zu trauen, Probleme und Unsicherheiten bzw. Ängste anzusprechen. Für die Masterstudierenden bieten die Peer-Coachings auf der anderen Seite die Möglichkeit, ihre Beratungskompetenzen entsprechend der KMK-Standards gezielt zu schulen und weiterzuentwickeln. Um die Qualität des Coachings sicherzustellen, steht dem beratenden Masterstudierenden in jedem Coaching ein zweiter Masterstudierender zur Seite. Dieser beobachtet das Coaching und gibt dem coachenden Masterstudierenden Rückmeldung zu dessen Vorgehen im Gespräch.

Um die gesetzten Ziele des Coachings zu erreichen, finden die Peer-Gespräche zu zwei Zweitpunkten statt. Das erste Coaching wird am Ende der Vorlesungszeit – also direkt vor dem Praktikum der Bachelorstudierenden – durchgeführt. Ziel dieses Coachings ist es, vorhandene Entwicklungsbereiche zu identifizieren und gemeinsam (basierend auf den Ressourcen der Bachelorstudierenden und den Erfahrungen der Masterstudierenden) zu überlegen, welche Situationen im Praktikum aufgesucht werden können, um sich in den identifizierten Bereichen weiterzuentwickeln. Am Ende dieses Coachings entstehen die besagten Selbsterkundungsaufgaben für die Bachelorstudierenden. Das zweite Coaching findet nach Abschluss des Praktikums statt und hat zum Ziel, die Erfahrungen ganz allgemein und vor allem in Bezug auf die vereinbarten Entwicklungsziele und Selbsterkundungsaufgaben gemeinsam zu reflektieren.

Die Stimmen der Teilnehmenden zeigen ganz deutlich, wie hilfreich die Peer-Coachings insbesondere für die Bachelorstudierenden sind. Dabei steht vor allem der Austausch mit erfahrenen Studierenden im Vordergrund. Von ihnen zu lernen, ist für die Bachelorstudierenden von besonderem Wert. Inhaltlich führen vor allem die zweiten Gespräche oft zu „Aha-Effekten“, in denen die Bedeutung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale für den Lehrberuf noch einmal deutlicher geworden ist.

Mit den Peer-Coachings in Anknüpfung an die Ergebnisse des Persönlichkeits-Assessments ist es gelungen, den Studierenden ein Angebot bereitzustellen, das es ihnen ermöglicht, sich fernab der rein fachlichen Ausbildung zur Lehrkraft persönlich bezüglich der als notwendig erachteten Kompetenzen weiter zu entwickeln.

Über dieses Angebot ist es gelungen, verschiedene Bereiche der universitären Lehre miteinander zu verknüpfen. Es ist nicht nur erfolgreich gelungen, das unter der Leitung der Professur für Pädagogisch-psychologische Diagnostik und Differentielle Psychologie entwickelte Persönlichkeits-Assessment in die Arbeit der Erfurt School of Education (ESE) zu integrieren, sondern auch Ausbildungsteile im Bachelor- und Masterstudiengang enger miteinander zu verzahnen. Verstärkt wird diese Verbindung durch ein weiteres, im Rahmen des Teaching Talent Centers entwickeltes Angebot für die Studierenden – den Multiplen Mini-Interviews (MMIs).

MMI als weiterer Entwicklungsbaustein

Seit 2016 arbeitet das Teaching Talent Center an der Entwicklung sogenannter Multiplen Mini-Interviews zur Messung berufsrelevanter Handlungskompetenzen. Das Verfahren der Multiplen Mini-Interviews (MMI), welches ursprünglich als Auswahlverfahren für Medizinstudiengänge konzipiert wurde, bietet dabei den Vorteil, besonders kurze Aufgaben zu verschiedenen Kompetenzfacetten in einem zeitökonomischen Rotationssystem durchzuführen. Die gezeigten Verhaltensmuster in den einzelnen Aufgaben werden im Anschluss mit präzise konzipierten Beurteilungsbögen von mindestens zwei geschulten Beurteiler*innen bewertet. Die Beurteilungen ermöglichen die gezielte Auseinandersetzung mit persönlichen Stärken oder Schwächen sowie der Erkundung vorliegender Entwicklungspotentiale.

Vergangene empirische Erprobungen, im Wesentlichen unter Leitung von Katinka Clasen, untersuchten insgesamt zwölf lehrberufsnahe Handlungsaufgaben mit besonderem Fokus auf die Durchführbarkeit, Messgenauigkeit und Objektivität. Es ließen sich vier zuverlässig messbare Kompetenzbereiche aufstellen (Konfliktkompetenz, Erklären komplexer Sachverhalte, Erteilen von wirksamem Feedback sowie pädagogische Führungskompetenzen), zu denen ein Satz vielversprechender MMI-Aufgaben vorliegt. Um eine Auseinandersetzung mit den eigenen Potentialen anzuregen, werden die einzelnen MMI-Aufgaben um ein systematisches Feedbackgespräch ergänzt. Im Rahmen dessen werden die Anforderungen und Messabsichten der Aufgaben transparent dargelegt, um den Studierenden die aufgabenrelevanten Standards und die erwarteten Ziele zu veranschaulichen. Das eigentliche Feedback erfolgt zum einen über einen Selbst-/Fremdbildabgleich, bei welchem die Studierenden ihre eigene Leistung einschätzen sollen und zum anderen durch die detaillierten Rückmeldungen von Stärken und Schwächen.

Im Wintersemester 2020 werden vier MMI-Aufgaben erstmalig mit Feedback kombiniert und im Rahmen eines von Katinka Clasen durchgeführten Begleitseminars des Moduls BW01 (Bildungswissenschaftliches Praktikum: Diagnostizieren, Beurteilen und Beraten) angeboten. 26 Masterstudierende im Lehramt durchlaufen in der ersten und zweiten Seminarhälfte jeweils zwei MMI-Aufgaben und dürfen selbst Erfahrungen als Beurteiler*innen der Verhaltensproben sammeln. Zwei MMI-Aufgaben werden in Kombination und mit einem Abstand von einer Woche zwei Mal hintereinander absolviert. Im Anschluss daran erhalten die Studierenden von zuvor geschulten Psychologiestudierenden ein ausführliches Feedbackgespräch. Zur Messung der Wirksamkeit des Feedbackgesprächs absolvieren die Studierenden danach eine ähnlich konzipierte und den gleichen Kompetenzbereich messende Parallelaufgabe. Um die Nützlichkeit des Feedbacks in Gesprächsform zu überprüfen, wird für eine der beiden Aufgaben lediglich eine numerische Ergebnisrückmeldung auf Basis der Dimensionen des Beurteilungsbogens erstellt.

Nach Abschluss des Seminars im Februar 2021 sollen umfangreiche Analysen erste Hinweise auf die Effektivität der Multiplen Mini-Interviews in Kombination mit einem Feedbackgespräch ergeben. Spätestens im Wintersemester 2021 ist eine Wiederholung des Seminars angedacht, um die gewonnenen Daten zu erweitern.

Ausblick und weitere Entwicklungsziele

Die positive Rückmeldung der Studierenden hat dazu geführt, dass nicht nur die Teilnahme am Persönlichkeits-Assessment, sondern auch das Angebot des Peer-Coachings stabil ins Curriculum der lehramtsbezogenen Studiengänge aufgenommen wurde. Jetzt ist es an den Studierenden, die bereitgestellten Angebote für die eigene Weiterentwicklung und Ausbildung ihrer Lehrer*innenpersönlichkeit im Sinne eines professionellen Selbst zu nutzen.

Die Multiplen Mini-Interviews befinden sich im Moment noch in der Phase der Erprobung. Das Team ist zuversichtlich, dass auch dieser Entwicklungsbaustein das Potenzial hat, ein unverzichtbarer Bestandteil in der Erfurter Lehrer*innenbildung zu werden.


Kompetenzzentrum fachbezogene digitale Lehrer*innenbildung - Transdisziplinäre Zugänge zur digitalen Lehrer*innenbildung

Digitalisierung und Mediatisierung bedingen gesamtgesellschaftliche Transformationsprozesse, die den Bereich der Bildung ebenso durchdringen, wie auch auf die professionelle Kompetenz von Lehrer*innen wirken. Das Kompetenzzentrum digitale fachbezogenen Lehrer*innenbildung befasst sich mit der medienbezogenen Ausgestaltung der universitären Lehrer*innenbildung in einem transdisziplinären Team. In der transdisziplinären Arbeit geht es vor allem um die gemeinsame Lösung eines Bildungsproblems, die wiederum Einfluss auf die einzelnen beteiligten Fächer nimmt.

Insgesamt betrachtet wirken sich die digitalen Transformationsprozesse auf das gesamte Spektrum der professionellen Kompetenz von Lehrer*innen aus. Hierzu zählen: (1) das Professionswissen, (2) die Überzeugungen, Werthaltungen und Ziele von Lehrkräften, deren (3) motivationale Orientierung sowie deren (4) Selbstregulation (Kunter et al. 2011). Forschungsfragen, die transdisziplinär, evidenzbasiert und nachhaltig beantwortet werden müssen, stehen im Zentrum der Arbeit. Ausgangspunkt dafür ist eine systematische Betrachtung erforderlicher medienbezogener Kompetenzen von (angehenden) Lehrkräften.

Die explizite Vermittlung und Überprüfung medienpädagogischer Kompetenzen wird derzeit häufig als Querschnittsaufgabe implementiert, für die alle Disziplinen der Lehrer*innenbildung unter starker Beteiligung der Medienpädagogik sowie der Fachdidaktiken verantwortlich sind. Diese geteilte Verantwortung birgt jedoch die Gefahr der fehlenden Systematik und Nachhaltigkeit (Schiefner-Rohs, 2012, S. 384). Die Einrichtung von Erweiterungsstudiengängen, wie etwa an bayerischen Hochschulen, verfolgt im Gegensatz dazu die Zielsetzung, Lehrer*innen im Anschluss an ein Lehramtsstudium oder berufsbegleitend in separaten Kursen zu Spezialisten*innen für Lernen mit und über digitale Medien auszubilden.

Angesichts der unterschiedlichen Implementierungsmöglichkeiten ist es umso bedeutsamer, sich aktuell mit Blick auf die Weiterentwicklung eines digitalitätsbezogen, zukunftsfähigen Lehramtsstudiums Fragenkomplexen zu Wissensinhalten, dem Wissensaufbau, der Wissenstransformation und der Wissensanwendung in disziplinübergreifenden Teams forschend zu stellen (vgl. Sgolik, Ziegler und Kirchhoff in Vorbereitung). Hierbei sollte das noch relativ junge Forschungsfeld der Wirksamkeit von Lehrer*innenbildung eine besondere Rolle spielen (König et al. 2020).

In diesem Sinne ist eine übergreifende, die disziplinarischen Grenzen überschreitende Kompetenzmodellierung und Operationalisierung absolut notwendig, um eine nachhaltige Implementierung im umkämpften Zeitrahmen der Lehrer*innenbildung zu erreichen. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Vermittlung von Grundlagen in der ersten Phase der Lehrer*innenbildung, auf die in der zweiten wie in der dritten Phase konsekutiv aufgebaut werden kann. Neben den Kernkompetenzen der Mediendidaktik, -erziehung und medienbezogenen Schulentwicklung, die in den näher betrachteten Modellen vorgestellt wurden, spielen auch Einstellungen der Lehrkräfte, motivationale Voraussetzungen und die schulische Ausstattungslage wie anderen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle (Knezek & Christensen, 2015, 2016). Die Kompetenzmodellierung und deren Operationalisierung ist gleichzeitig auch eine wichtige Grundlage für die empirische Forschung beispielsweise zur Wirksamkeit von Interventionen in der Lehrer*innenbildung und kann einen Beitrag zu einer evidenzbasierten Lehrer*innenbildung leisten.

Mit Blick auf die aktuell relevanten Modelle aus unterschiedlichen akademischen und bildungspolitischen Institutionen und Disziplinen (vgl. Überblick in Sgolik, Ziegler und Kirchhoff in Vorbereitung) wird deutlich, dass sich medienbezogene Lehrer*innenbildung sowohl aus medienbezogener Forschung im Bildungskontext, der Kommunikationswissenschaft, der Schulentwicklungsforschung, den Fachdidaktiken und weiteren Disziplinen speisen muss. Zur Beantwortung der Fragenkomplexe müssen diese Disziplinen eine gemeinsame Grundlage für übergreifende Forschungs- und Implementierungsprojekte entwickeln. Somit bewirkt die digital getriebene Mediatisierung auch auf dieser Ebene einen Transformationsprozess hin zu transdisziplinärem Forschen und Lehren, das nur gemeinsam in der Lage ist, Bildungsprobleme zu lösen (vgl. Mittelstrass 2011, Schilcher et al. 2021).

Literatur

- König, J., & Blömeke, S. (2020). Wirksamkeits-Ansatz in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In C. Cramer, J. Koenig, & M. Rothland (Eds.), UTB Professionsforschung. Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung (172-178).
- Knezek, G., & Christensen, R. (2016). Extending the will, skill, tool model of technology integration: adding pedagogy as a new model construct. Journal of Computing in Higher Education, 28(3), 307–325. doi.org/10.1007/s12528-016-9120-2
- Kunter, M., Baumert, J., Blum, W., & Neubrand, M. (Eds.). (2011). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften: Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Waxmann
- Mittelstrass, J. (2011). On Transdisciplinarity. TRAMES, 15 (65/60), 4, 329-338.
- Schiefner-Rohs, M. (2012). Verankerung von medienpädagogischer Kompetenz in der universitären Lehrerbildung. In R. Schulz-Zander, B. Eickelmann, H. Moser, H. Niesyto, & P. Grell (Eds.), Jahrbuch Medienpädagogik: Vol. 9.2012 [Qualitätsentwicklung in der Schule und medienpädagogische Professionalisierung] (Vol. 6, S. 359–387). Springer VS. doi.org/10.1007/978-3-531-94219-3_16
- Schilcher, A., Krauss, S., Kirchhoff, P., Lindl, A., Hilbert, S. et al. (2021). FALKE: Experiences from transdisciplinary educational research by fourteen disciplines. Frontiers in Psychology.
- Sgolik, J., Ziegler, T., & Kirchhoff, P. (2021 in Vorbereitung). Medienpädagogische Kompetenzmodellierungen für das Lehren und Lernen mit und über digitale Medien. In M. Seifert & S. Jöckel (Eds.), Digital Communication Research. Bildung, Wissen und Kompetenz(-en) in digitalen Medien.


„Bildung für Demokratie“ – Eine Veranstaltungsreihe der Hochschullernwerkstatt mit externen Kooperationspartner*innen

Ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Hochschullernwerkstatt der Universität Erfurt zur Förderung außeruniversitärer Kooperationen beiträgt, ist die Reihe „Bildung für Demokratie“, die erstmals im Wintersemester 2020/2021 stattfindet und im Sommersemester 2021 fortgesetzt werden soll. Ziel dieser Reihe ist es, Lernwerkstatt als offenen Raum des Austauschs zu leben und durch die Thematisierung gesellschaftlich relevanter Fragestellungen einen Beitrag zur demokratischen Bildung zu leisten.

Zum jetzigen Zeitpunkt blicken wir auf zwei gewinnbringende Veranstaltungen zurück, die mit der Unterstützung externer Expert*innen realisiert werden konnten. Dazu zählen der Vortrag „Kinderschutz für angehende Pädagog*innen“ (Referent: Boris Nikolaev vom Kinder- und Jugendschutzdienst HAUT-NAH in Erfurt) sowie der Vortrag „Was heißt hier eigentlich ‚neutral‘? – Zur Notwendigkeit einer Positionierung von Schulen und Bildungseinrichtungen für Demokratie und Menschenrechte“ (Referentin: Petra Doubek von MOBIT – Mobile Beratung in Thüringen – Für Demokratie gegen Rechtsextremismus). Beide Veranstaltungen wurden aufgrund der coronabedingten Einschränkungen erfolgreich in einem digitalen Format umgesetzt und stießen auf ein breites Interesse der Hochschulöffentlichkeit.

Darüber hinaus ist für den 28. Januar 2021 ein Workshop mit dem Titel „Argumentationstraining gegen rechte und diskriminierende Parolen“ (Referent*innen: Wiebke Maria Lohmann & Julian Prescher vom Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“) geplant, für den noch freie Plätze zur Verfügung stehen.