Eimen Abdin

Doktorand an der Professur Philosophie der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt.

 

Promotionsprojekt

Arbeitstitel

Das Ende des Politischen – Zur Emanzipation vom Technokratischen bei Günther Anders und Martin Heidegger

Während der mittlerweile als überstanden geltenden COVID-19-Pandemie gehörte es zur guten politischen Praxis, für die Entscheidungsfindung von Eindämmungsmaßnahmen auf wissenschaftliche Daten und Expertise zu rekurrieren. Unter Abwägung sozioökonomischer Gesichtspunkte fiel die Entscheidung für jene Maßnahmen zwar den politischen Entscheidungsträgern zu; epidemiologische Analysen sowie epidemiographische Prognosen gaben jedoch stets die Grundlage dafür vor.

            Wird die Krise als Erschütterung und gar Gefährdung gesellschaftlicher Ordnung verstanden, offenbaren sich im Umgang mit ihr die Instrumente zur Krisenbewältigung, ferner aber die Grundfeste der Ordnung selbst, wird der augenscheinlich instrumentelle Charakter der Krisenbewältigung hinterfragt. Dahingehend verdeutlichte die Corona-Krise nicht nur unsere offenkundig zutiefst von Wissenschaft und Technologie geprägte nationale und globale Gesellschaftsordnung. Vielmehr noch lässt sie mutmaßen, dass letztinstanzlich jedwedes Seiende erst im Rahmen eines wissenschaftlich-technologischen Paradigmas seine objektive Gültigkeit erfährt – der Mensch ist davon nicht ausgenommen. Sollte sich diese hier lediglich als Vermutung dargelegte Einsicht erhärten, käme nicht dem Politischen sondern dem Wissenschaftlich-Technologischen die Funktion gesellschaftlicher Instituierung, d.h. sozialer Gründung zu, weil sie die politischen Entscheidung bereits vorkonfigurierte.

            Diesen hier intuitiv angedeuteten Gedanken einer wissenschaftlich-technischen Herrschaft, die mit dem Politischen auch die menschliche Freiheit untergräbt, formulierten Martin Heidegger und Günther Anders respektiv ihres jeweiligen philosophischen Ansatzes aus.

            Für beide Denker stehen zwar Wissenschaft und Technik in einem engen und untrennbaren Verhältnis zueinander; sie sind beide sogar dasselbe, weil die moderne Wissenschaft immer schon im Dienste der Technik stand. Doch während Heidegger im Zuge seiner späteren Schaffensphase die Technik vor dem Hintergrund der von ihm aufgezeigten Seinsgeschichte auf ein grundlegendes Entbergungsgeschehen zurückführte, das in unserer Epoche letztlich jedes Seiende als etwas Kalkulierbares gründet, operierte Anders’ Ansatz zur Analyse des Technischen aus einer quasi anthropologischen Umkehrung seiner frühen philosophischen Anthropologie, indem nun der zuvor zur Freiheit verdammte Mensch zum Subalternen des eigentlichen Subjekts der Geschichte, nämlich des Technischen reduziert wird.

            Im steten Hinblick auf das Politische und mit der Absicht, es vis-à-vis technischer Totalherrschaft zu rehabilitieren, zielt das Dissertationsprojekt darauf ab, die Überlegungen der beiden Denker zum Technischen vor ihrem jeweiligen philosophischen Hintergrund zu rekonstruieren, um schließlich einen emanzipatorischen „Handlungsspielraum“ wiederzugewinnen. Martin Heidegger und Günther Anders sollen hierbei in einen Dialog gebracht werden, der aufzeigen soll, dass keiner der beiden Ansätze für sich, d.h. weder ein sich völlig ins Sein zurückziehendes Denken noch eine sich im Fatalismus verlaufende Anthropologie, einem Mindestanspruch des Politischen gerecht werden kann. Erst eine Ontologie, die das Ontische in Form einer Anthropologie bzw. eine Anthropologie, die nicht der Seinsvergessenheit anheimfällt, lässt auf einen Zugang zum Politischen hoffen.

Biographisches

Forschungsinteressen

  • Politische Philosophie
  • Metaphysik
  • Technikphilosophie
  • Philosophische Anthropologie
  • Martin Heidegger
  • Günther Anders
  • Ernesto Laclau

Publikationen (aktuelle Auswahl)

Die Persistenz der Ordnung. Überlegungen zu einer Ontologie der Macht
im Anschluss an Laclau und Heidegger,
mit einem Vorwort von Matthias Flatscher, Baden-Baden: Tectum 2023.