Forschung und Projekte

Im Fokus unserer Forschung steht das sozial-emotionale Lernen. Zentrale Fragen sind die Diagnostik und Förderung der sozial-emotionalen Entwicklung. In empirischen Studien gehen wir der Frage nach, wie Lehrer:innen den gemeinsamen Unterricht gestalten können und welche Professionalisierung der Pädagog:innen hierfür notwendig ist. Dabei untersuchen wir insbesondere die Beziehungen und die Kooperation der Kinder und Jugendlichen und die multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Pädagog:innen.

Kurzbeschreibungen und Ansprechpartner:innen

Teilprojekt QUALITEACH: Kompetenz- und Entwicklungszentrum für Inklusion

Ziel des Kompetenz- und Entwicklungszentrums für Inklusion ist es, Studierende für die Heterogenität in Lerngruppen zu sensibilisieren. Dabei werden unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Lernausgangslagen in den Blick genommen, die eine individualisierte Förderung im gemeinsamen Unterricht erfordern. Darauf aufbauend sollen sich die Studierenden Möglichkeiten im Umgang mit der Heterogenität in Lerngruppen erschließen. Hierzu werden verschiedene Lehr- und Lernangebote bereitgestellt, wie beispielsweise Unterrichtsvideos oder thematische Impulse in Lehrveranstaltungen. Außerdem können Hochschullehrende eine Beratung oder Lehrbegleitung in Anspruch nehmen und sich in Bezug auf die Themen Heterogenität und Inklusion im Rahmen verschiedener Veranstaltungen weiterbilden.

Ein Schwerpunkt ist die Bereitstellung von Unterrichtsvideos für Studierende und Lehrende. Eine Besonderheit stellen dabei die 360° Videos dar, die eine stärkere Immersion hervorrufen und das Erkennen der Komplexität des Unterrichtsgeschehens erleichtern sollen. Thematisch fokussieren die Unterrichtsvideos beispielsweise die emotionale Unterstützung der Lehrperson, die individuelle Lernförderung und das Management des Unterrichtsgeschehens. In der Begleitforschung gehen wir der Frage nach, wie die Unterrichtsvideos hochschuldidaktisch in Lehrveranstaltungen sowie eine Online-Lernumgebung eingebunden werden können, um die Wahrnehmungs- und Analysefähigkeiten der Studierenden für unterrichtliche Lehr-/Lernprozesse zu stärken.

Kompetenz- & Entwicklungszentrum Inklusion

Kooperatives Arbeiten und Lernen

Damit Lernende das Potenzial kooperativer Lehr-/Lernformen für sich nutzen können, sind ihre sozial-kommunikativen Fähigkeiten gefordert. In der transaktiven Kommunikation nehmen Lernende aufeinander Bezug, bauen in ihren Ideen aufeinander auf und entwickeln sie gegenseitig weiter, so dass in der Gruppe Wissen ko-konstruiert wird. Unsere bisherigen Studien zeigen die Bedeutung der transaktiven Kommunikation als einer spezifischen sozial-kommunikativen Fähigkeit für den Lernerfolg. Im Rahmen eines Projektes haben wir eine Unterrichtseinheit für die Sekundarstufe I entwickelt, in der die Förderung transaktiver Kommunikation von Schüler:innen mit dem Fachunterricht verknüpft wird. Die Überprüfung der Wirksamkeit dieses Trainings in 32 Schulklassen erfolgt in einem quasi-experimentellen Kontrollgruppen-Design, wobei die transaktive Kommunikation prä und post anhand von transkribierten Audioaufnahmen eingeschätzt wird.

In weiteren Studien gehen wir der Frage nach, wie Lehrpersonen kooperative Lehr-/Lernformen in ihre Unterrichtspraxis integrieren können. Einerseits zeigen kooperative Lehr-/Lernformen positive Effekte auf das fachliche und sozial-emotionale Lernen der Schüler:innen, andererseits berichten Lehrer:innen von Herausforderungen in der Unterrichtsvorbereitung und im Management des Schülerverhaltens während der Gruppenarbeiten. In einer Studie mit 1.500 Lehrer:innen in Polen untersuchten wir deren Wissen, Überzeugungen und Unterrichtspraxis in Bezug auf kooperatives Arbeiten und Lernen. Darauf aufbauend entwickelten und evaluieren wir ein Fortbildungsprogramm, welches auf der Kooperation der Lehrer:innen basiert und den Einsatz kooperativer Lehr-/Lernformen in der Unterrichtspraxis stärken soll.

Ansprechpartner:in: Susanne Jurkowski, Lukas Mundelsee

Mündliche Mitarbeit und Schüchternheit in der Schule

Mit bis zu 50 Prozent macht die mündliche Mitarbeit einen bedeutenden Teil der Schulnote aus. Gleichzeitig wird diese Form der Leistungsbewertung in der Ausbildung von Lehrkräften kaum behandelt. Untersucht werden die Bedingungsfaktoren mündlicher Mitarbeit, wobei ein spezieller Blick auf schüchterne Schüler:innen geworfen wird, die von Lehrkräften häufig übersehen werden oder deren Schüchternheit mit Desinteresse verwechselt wird. In einer ersten Studie untersuchten wir die aus dem kooperativen Lernen bekannte Methode „Think-Pair-Share“ und deren Auswirkungen auf die mündliche Beteiligung von über 800 Neuntklässlern. Analysen ergaben, dass eine vorgeschaltete Think-Phase die mündliche Beteiligung von allen, aber insbesondere von schüchternen Schüler:innen, erhöhen kann und diese mit einer niedrigeren negativen Befindlichkeit (z.B. Nervosität) einhergeht. Eine zweite Studie soll nun über das emotionale Befinden von Schüler:innen in Abhängigkeit von der jeweiligen Unterrichtsmethode Aufschluss geben.

Ansprechpartner: Lukas Mundelsee

Perspektiven von Lehramtsstudierenden auf den Unterricht mit Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten

Ein inklusives Schulsystem geht für Lehrkräfte mit neuen Herausforderungen einher. Insbesondere der Umgang mit Schüler:innen mit sozial-emotionalen Verhaltensauffälligkeiten wird häufig als besonders herausfordernd beschrieben. Bereits bei Studierenden werden dahingehend Erwartungen und Einstellungen zu Inklusion geprägt. In einer Studie werden die Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden im Hinblick auf den späteren inklusiven Unterricht mit Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten untersucht. Mithilfe expliziter und impliziter Erhebungsinstrumente sowie Fall- und Videovignetten wird der Frage nachgegangen, auf welcher Grundlage Einschätzungen persönlicher Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen erfolgen. Durch die Befragung Studierender unterschiedlicher Jahr- und Lehramtsstudiengänge werden zudem spezifische Einflüsse evaluiert.

Ansprechpartner: Felix Piegsda

Team-Teaching in der Hochschullehre

Die Vorbereitung auf inklusiven Unterricht ist eine Herausforderung für die Lehrer:innenbildung. Dabei soll die Vorbereitung von Studierenden auf ein inklusives Schulsystem querschnittlich in allen Studienangeboten der Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften verankert sein. Team-Teaching eignet sich zur Verzahnung von Wissen, beispielsweise aus der Sonderpädagogik und der Fachdidaktik bzw. Bildungswissenschaft. Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung an der Universität Erfurt werden Studierende über Team-Teaching in der Hochschullehre auf inklusive Schulpraxis vorbereitet. Wir begleiten die Lehrveranstaltungen wissenschaftlich und untersuchen die Wirkung verschiedener Formen des Team-Teaching auf das Verständnis der Studierenden über Heterogenität und individuelle Unterstützungs- und Förderbedarfe, ihr Wissen zu Möglichkeiten der Individualisierung und ihre Vorstellungen von inklusivem Unterricht.

Ansprechpartner: Cedric Steinert

Von der Gruppe zur Gemeinschaft

Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung sind häufig wenig bis gar nicht in die Klassengemeinschaft integriert. Gleichzeitig sind Verhaltensauffälligkeiten umso geringer, je unterstützender das Lehrpersonenverhalten den Schüler:innen gegenüber ist und je unterstützender das Verhalten der Schüler:innen untereinander ist. Dies hängt wiederum maßgeblich mit der Ausprägung der sozial-emotionalen Fähigkeiten zusammen. In einer Interviewstudie wird der Frage nachgegangen, wie Lehrkräfte das sozial-emotionale Lernen bei Schüler:innen mit Auffälligkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung fördern.

Ansprechpartnerin: Katja Bianchy

Professionalisierung von Klassenteams

Die Zusammenarbeit von Lehrer:innen mit unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkten wird als wichtige Säule für inklusive Lehr-/Lernprozesse beschrieben. Gleichzeitig stellt die Inklusion von Schüler:innen mit emotional-sozialen Beeinträchtigungen eine große Herausforderung für die Pädagog:innen dar. In einem aktuellen Forschungsprojekt entwickeln wir gemeinsam mit dem Beratungs- und Förderzentrum Kassel eine Intervention zur Professionalisierung von Klassenteams im Umgang mit emotional-sozialen Beeinträchtigungen und herausfordernden Klassensituationen. Den Klassenteams wird über einen Zeitraum von sechs Wochen eine Mentorin/ein Mentor zur Seite gestellt, und sie erhalten Fortbildungs- und Beratungsangebote. Zentrale Evaluationskriterien sind das Belastungserleben der Lehrer:innen, ihre Wahrnehmung und Interpretation herausfordernden Verhaltens und die Kooperation im Klassenteam sowie aus Sicht der Schüler:innen die Lehrer-Schüler-Beziehung und die Peerbeziehungen.

Ansprechpartnerin: Katja Bianchy, Susanne Jurkowski