Newsletter Ausgabe 6 - Juli 2018 | RUNDBLICKE QUALITEACH

Mit diesem Newsletter laden wir Sie ein, die Arbeit und das Wirken des Projekts QUALITEACH kennenzulernen. Das Vorhaben wird im Rahmen der gemeinsamen "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Unter den Leitbegriffen Identität. Immersion. Inklusion. bearbeiten fünf Teilprojekte Entwicklungsfelder zur Verbesserung der Lehrerbildung an der Universität Erfurt. Mit diesem Newsletter wollen wir Ihren Blick auf aktuelle Entwicklungen, Erfolge und Angebote lenken.

EINBLICK(E) & AUSBLICK(E)

Leiter*innen der Teilprojekte ziehen Bilanz

Am 29. Juni 2018 war der Abgabetermin für den Folgeantrag zum Vorhaben QUALITEACH für die 2. Förderphase der von Bund und Ländern geförderten Qualitätsoffensive Lehrerbildung (QLB). Mit der Einreichung der Vorhabenbeschreibung hat ein über neun Monate dauernder, intensiver Kommunikations- und Arbeitsprozess seinen ersten Abschluss gefunden. In diesem Newsletter kommen Teilprojektleiter*innen der aktuellen Teilprojekte zu Wort, um den Entwicklungsstand einzuschätzen und die geplante Fortentwicklung zu skizzieren.

Interview mit Prof. Dr. Ernst Hany, Teilprojekt Teaching Talent Center

Der Leiter des Teilprojektes Teaching Talent Center Prof. Dr. Ernst Hany stellt im Inter-view dar, wie durch Assessment-, Informations- und Beratungsangebote die Identität zukünf-tiger Lehrpersonen entwickelt und gestärkt werden kann.

 

Was hat Ihr Projekt bisher erreicht und welchen Ertrag liefert es für die Lehrerbildung an der Universität Erfurt?

Unser Vorhaben widmet sich einem wesentlichen Ziel der Qualitätsoffensive Lehrerbildung, nämlich der Beratung und Begleitung der Lehramtsstudierenden im Laufe ihres Studiums. Wir haben dazu ein Messverfahren entwickelt, das wesentliche Persönlichkeitsfaktoren erfasst, die für das Interesse am Lehrberuf und für die Bewältigung der persönlichen Herausforderungen wichtig sind. Dieses Verfahren setzen wir bereits in der ersten Woche vor Studienbeginn ein und verknüpfen damit verschiedene Beratungselemente. Weiter nutzen wir dieses Persönlichkeitsassessment auch für die Vorbereitung schulischer Praktika. Denn wer sich im Bewusstsein der eigenen Stärken und Schwächen den Anforderungen des schulischen Alltags stellt, kann gezielt explorieren, ob dieser Beruf zur eigenen Persönlichkeit passt. Wir fördern damit also die gezielte Berufswahl.

Während des gesamten Studiums bieten wir sehr gut nachgefragte Informationsveranstaltungen und Trainingskurse an, mit denen berufsspezifisches Wissen und überfachliche Fertigkeiten vermittelt werden. Damit wird auch das Selbstverständnis als künftige Lehrperson gefestigt (Leitbegriff „Identität“) und das Gefühl der eigenen Selbstwirksamkeit gestärkt.

Damit die Auseinandersetzung mit den persönlichen Kompetenzen auch während des Erfurter Praxissemesters, das bei uns Komplexes Schulpraktikum heißt, nicht nachlässt, erstellen wir gerade Informations- und Lernmaterialien für diejenigen Lehrkräfte, die unsere Studierenden während des Praktikums als schulische Mentor_innen begleiten.

Ergänzend entwickeln wir weitere diagnostische Verfahren und bemühen uns um eine höhere Beteiligung junger Männer am Lehramtsstudium.

Gab es etwas, das Sie im Verlauf des Projekts besonders überrascht hat?

Ich muss gestehen, dass ich nicht erwartet hätte, dass unsere Aktionen und Veranstaltungen so positiv aufgenommen werden, wie das der Fall ist. Manchmal gibt es Berührungsängste gegenüber unseren Assessment- und Beratungsangeboten. Aber wer sich diesen Angeboten stellt, äußert sich hinterher sehr zufrieden und empfiehlt die Maßnahmen auch gern weiter. Das gilt auch in besonderer Weise für unsere Lernangebote im Studium Fundamentale und für die Informationsveranstaltungen, die wir zusammen mit der Hochschullernwerkstatt organisieren. Die vielen positiven Rückmeldungen zeigen uns, dass wir hier eine wichtige Lücke im traditionellen Lehrangebot des Lehramtsstudiums füllen, indem wir die persönliche Entwicklung und die berufliche Zukunft der Studierenden thematisieren.

Was plant das Projekt für die zweite Förderphase?

Unser Teilprojekt wird in der zweiten Förderphase vermutlich mit verringerten Ressourcen auskommen müssen. Damit können wir auf jeden Fall die bewährten Assessmentverfahren und die Informationsveranstaltungen weiterführen und die Begleitung der Praktika auch noch intensivieren. Die derzeit entwickelten Performanztests für überfachliche Kompetenzen wollen wir in die Studien- und Prüfungsordnungen der lehramtsbezogenen Studiengänge einbetten. Passend zu den erfassten Kompetenzfacetten sollen Trainingsmodule angeboten werden, an denen wir ebenfalls seit einiger Zeit arbeiten. Wir wollen auch versuchen, Assessment- und Trainingsmaßnahmen online anzubieten, beispielsweise in Bezug auf eine informierte und reflektierte Berufswahl. Insgesamt ist in der Erfurter Lehrerbildung wirklich viel in Bewegung geraten und dieses Moment wollen wir mit hohem Engagement weiterführen.

Interview mit Prof. Dr. Harald Goll, Teilprojekt Kompetenzzentrum Inklusion

Im Gespräch mit Prof. Dr. Harald Goll, der nach dem Wechsel von Prof. Dr. Stephan Sallat an die Universität Halle die Leitung des Kompetenz- und Entwicklungszentrums für Inklusion in der Lehrer_innenbildung an der Universität Erfurt übernommen hat und mit Prof. Dr. Susanne Jurkowski. Sie wird mit Antritt ihrer Professur an der Universität Erfurt im Wintersemester 2017/18 die Projektleitung verstärken. Beide schätzen ein, dass die Sensibilisierung der Hochschullehrenden für die Vorbereitung der Lehramtsstudierenden auf die inklusive Schule erste Früchte trägt, aber auch noch viel zu tun bleibt.

Wie schätzen Sie den aktuellen Stand des Projekts ein?

Zum aktuellen Stand des Projekts ist zu sagen, dass sich aus den Bereichen der Fachdidaktiken, den Bildungswissenschaften und den Fachwissenschaften doch relativ viele Kolleg_innen gefunden haben, die dem Thema Inklusion offen gegenüberstehen. Die Mitarbeiter_innen des Projektes konnten sich mit ihren sonder- und inklusionspädagogischen Themen in verschiedenen Lehrveranstaltungen gewinnbringend für die Studierenden und Dozierenden einbringen. Bereits jetzt haben sich enge Kooperationen gebildet, die bereits über einige Semester bestehen und fortgeführt werden sollen. Ein großer Anteil der insgesamt 106 realisierten Lehrveranstaltungen findet im Team-Teaching-Format statt. Die Studierenden der Lehrämter bekommen so einen ersten Eindruck, was durch Kooperation in einem multiprofessionellen Team geleistet werden kann. Wir hoffen sehr, dass wir noch weitere Kolleg_innen von unserer Projektidee überzeugen können, um weitere Kooperationen aufzubauen.

Die Lernplattform „videoLeB“ steht den Studierenden und Lehrenden seit Beginn des Sommersemesters zur Verfügung und kann innerhalb von Lehrveranstaltungen genutzt werden. Es wurden zwei Kurse für Lehrveranstaltungen online gestellt und ein weiterer Kurs ist in Vorbereitung. Im vergangenen Projektzeitraum konnten insgesamt sieben Schulen, sowohl in staatlicher als auch in privater Trägerschaft gewonnen werden, um den gemeinsamen Unterricht zu videografieren. Es wurden 38 reale Unterrichtsstunden in verschiedenen Fächern und mit Kindern mit unterschiedlichen Förderbedarfen aufgenommen. Diese Videos werden nun den Dozierenden zur Verfügung gestellt, um sie in den Lehrveranstaltungen vielseitig einzusetzen.

Was hat Sie im Ablauf des Projektes am meisten überrascht?

Tatsächlich gab es in diesem Projekt sehr viel, was mich überrascht hat. Zum einen, dass auf Seiten der Kolleg_innen der Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften doch ein so großes Interesse an sonderpädagogischen und inklusionsspezifischen Themen besteht und zum anderen, dass die Mitarbeiter_innen des Projekts auch die Möglichkeit bekommen haben, ihre Themen in den bereits bestehenden Veranstaltungen und Seminarkonzepten verankern konnten. Erfreulich auch, dass unsere Symposien und Inklusionsforen der letzten zwei Jahre so gut von Lehrer_innen, Erzieher_innen, Therapeut_innen und anderen interessierten Personen besucht wurden. Die angebotenen Vorträge und Workshops stießen auf sehr viel Resonanz.

Am Videoprojekt hat überrascht, dass es doch sehr schwierig ist, Schulen und vor allem Lehrkräfte zu finden, die ihre Arbeit im gemeinsamen Unterricht für Videoaufnahmen zur Verfügung stellen wollen. Das Thema Videografie ist immer noch ein sehr heikles Thema und stößt bei vielen Lehrkräften in den Schulen auf Skepsis. Besonderer Dank gilt deshalb jenen Lehrerinnen, die ihren Unterricht für uns zu geöffnet haben und unseren Projektmitarbeitenden für ihr Engagement.

Was ist für die 2. Förderphase im Projekt geplant?

Unser Ziel ist es, Lehrende und Studierende weitergehend für das Thema Inklusion zu sensibilisieren. Dazu gehört, dass wir Lehrveranstaltungen planen und umsetzen werden, in denen die Studierenden Kenntnisse über beispielsweise einzelne Förderschwerpunkte und Möglichkeiten zur Individualisierung von Unterricht erwerben. Außerdem sollen die Studierenden durch gemeinsame Lehrveranstaltungen der Sonderpädagogik, der Bildungswissenschaften und der Fachdidaktiken auf die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Unterrichtsteams vorbereitet werden. Durch diese Lehrveranstaltungen sollen Lehrende und Studierende die Expertise der anderen an Inklusion beteiligten Professionen sowie auch Modelle des gemeinsamen Unterrichts kennenlernen und erproben. Außerdem möchten wir zwei weitere grundlegende Heterogenitätsdimensionen (Mehrsprachigkeit und besondere Begabungen) in das Teilprojekt integrieren und mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Philosophischen und Erziehungswissenschaftlichen Fakultät bearbeiten.

Interview mit Prof*in Dr. Sandra Tänzer, Teilprojekt Lernwerkstatt

Die Leiterin des Teilprojektes Hochschullernwerkstatt Prof*in Dr. Sandra Tänzer lobt im Interview das Engagement von Hochschullehrenden für eine innovative Lernkultur in enger Kooperation von Studierenden, Lehrenden und in der Schulpraxis Tätigen (Immersion).

Wie schätzen Sie den erreichten Entwicklungsstand im Teilprojekt ein?

Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir bisher erreicht haben, um Lernwerkstattarbeit an der Universität Erfurt curricular und hochschulpädagogisch zu verankern und in seiner Wirkung für Professionalisierungsprozesse zu evaluieren. Wir konnten vielfältige formale und informelle Lehr-Lern-Settings implementieren, indem beispielsweise die regelmäßig stattfindenden (Werkstatt)Seminare um Angebote aus den Bereichen Mathematikdidaktik, Sachunterrichtsdidaktik sowie Förderpädagogik erweitert wurden. Ein universitätsübergreifendes Lernwerkstattseminar, in dem Lehramtsstudierende der Universität Siegen mit Erfurter Studierenden an gemeinsamen Fragestellungen kollektiv und kollaborativ arbeiten, hat sich ebenfalls fest etabliert. Die informellen Lernformate, wie die im Rahmen der „Open Lernwerkstatt“ von Studierenden für Studierende organisierten Angebote (z.B. Upcycling, Tierschutzpädagogik), Materialerprobungen, Filmabende, 24-Stunden-Hausarbeiten-Marathon) haben zugenommen und werden gut besucht. Bei hochschulöffentlichen Veranstaltungen wie der Langen Nacht der Wissenschaften oder innerhalb der Studieneinführungstage sind wir fester Bestandteil des Programms; kurz: Wir sind mit der Implementierung sehr weit vorangekommen, was sich nicht zuletzt in den steigenden Besucher_innenzahlen sowie in den Nutzer_innenzahlen von Facebook und Instagram widerspiegelt.

In der Wirkungsanalyse haben wir dank formativer Evaluationen systematische Befunde darüber gewonnen, wie Studierende Lernwerkstattlernen im Vergleich zu Veranstaltungen außerhalb der Lernwerkstatt wahrnehmen. Im Einzelnen fanden wir heraus, dass Studierende die Formate des Werkstattlernens als eine Differenzerfahrung, als einen Bruch zu gewohnten Seminarstrukturen bzw. Konventionen zu der bislang an der Universität Erfurt erlebten Lehr-Lern-Kultur wahrnehmen. Dies führt teilweise zu großer Verunsicherung und zu Konflikten, die sie versuchen, u. a. durch Strategien des Netzwerkens, des Präsentierens bzw. Zeigens dessen, was sie machen –  verbunden mit der Forderung nach Feedback etc. – zu bewältigen.

Was die summative Evaluation betrifft und damit die Frage der Messung konkreter Kompetenzzuwächse, stehen wir noch vor Herausforderungen, welche die Feldforschung insgesamt betreffen: Wie können wir ein methodisch kontrolliertes Design realisieren – insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Dozent_innen, die sich einmal auf Werkstattlehren und -lernen einlassen, sich und ihre traditionellen Seminare verändern, sodass es zunehmend schwierig wird geeignete Kontrollgruppen bereitzustellen?

Unsere summative Evaluation beschränkt sich bislang auf eine Fachdidaktik (Deutsch) und auf ein werkstattbezogenes Lehr-Lern-Format (Problem-Based-Learning). Doch hier zeigt sich, dass sich Dozent_innen verändern. Wer einmal in der Werkstatt gelehrt hat, verändert auch sein gesamtes Lehrhandeln, so unsere bislang noch nicht empirisch überprüfte Erfahrung.

Was leisten diese Ergebnisse für die Weiterentwicklung der Lehrer_innenbildung in Erfurt?

Hier lässt sich sehr gut an den letztgenannten Punkt anschließen: Im Zuge der Implementation etablier(t)en sich vielfältige Lehr-Lernformate von Werkstattarbeit in verschiedenen Studienfächern der Lehramtsausbildung. Sie zeugen vom Engagement der Lehrenden für eine innovative Lernkultur und tragen dazu bei, dass eigenaktives und selbstbestimmtes Lernen in der Didaktik der Lehrerbildung über weitere Studienfächer hinweg ausgebaut und theoretisch-konzeptionell weiterentwickelt wird. Hinzu kommt die Vernetzung der Kolleg_innen aus verschiedenen Fachbereichen und Fachgebieten der Lehrerbildung untereinander. Auch in der Hochschule sind Lehrerbildner_innen letztlich Einzelkämpfer_innen, doch mit dem Projekt und deren „AG Lernwerkstatt“ wurden Strukturen im Sinne einer „Community of Practice“ geschaffen, um die eigenen Erfahrungen auszutauschen, Konflikte kollegial zu beraten, Beispiele guter Lehre zu besprechen und weiterzuentwickeln. Das ist etwas sehr Wertvolles im hochschulpädagogischen Raum.

Was hat Sie im Prozess der Umsetzung am meisten überrascht?

Die Offenheit der Kolleg_innen, die Tatsache, dass dieses Projekt wirklich etwas Essentielles an der Universität Erfurt verändert: Einstellungen, Werthaltungen, Praxen des Lehrens und Lernens. Es ist ein zutiefst befriedigendes Gefühl, in einem solchen Projekt tätig zu sein.

Was ist für die weitere Entwicklung geplant?

Um die Hochschullernwerkstatt als Innovation zu implementieren und Lernkultur in der Didaktik der Lehrerbildung in Richtung jenes normativen Konzepts von Werkstattlernen zu verbessern, reicht es nicht aus, dass innovative Lehr-Lernformate – wie jene vielfältigen Lehrformate in der Hochschullernwerkstatt – schlicht vorhanden und in Vorlesungsverzeichnissen ausgewiesen sind. Der Hochschuldidaktiker Johannes Wildt macht immer wieder darauf aufmerksam, dass, soll Innovation nicht allein Organisationsreform bleiben, Prozesse hochschuldidaktischer Weiterbildung unumgänglich sind. Und hier schließen wir in der Weiterentwicklung an. Um die Qualität formaler Lerngelegenheiten in der Erfurter Hochschullernwerkstatt mit Blick auf die Anforderungen deren pädagogische Konzepts – d. h. erfahrungsorientiertes Lernens im Sinne von Dewey, situiertes Lernen sowie die Sensibilisierung für die Materialität und Ästhetik von Bildungsprozessen zu gewährleisten, planen wir hochschuldidaktische Weiterbildungsformate sowie ergänzende Formen der Evaluation, um diese Vielfalt von Lehr-Lern-Formaten empirisch zu validieren. Wir greifen dabei auf den Ansatz des Design-Based-Research (DBR) zurück, indem die beteiligten Hochschullehrer_innen als Reflective Practitioners hochschuldidaktische Kompetenzen im Hinblick auf ein Lehren und Lernen in einer Hochschullernwerkstatt reflektieren und aktiv handelnd weiterentwickeln.
 

Implementierung des pädagogischen Konzepts der Hochschullernwerkstatt in vielfältige formale und informelle Lerngelegenheite

Das pädagogische Konzept der Hochschullernwerkstatt versteht sich als Interdependenzge-füge der vier Dimensionen erfahrungsorientiertes und situiertes Lernen, Materialität und Äs-thetik. Dieses Konzept in konkrete Werkstattseminare zu transformieren, stellt Lehrerbild-ner*innen an der Universität Erfurt vor die Herausforderung, ihre Seminarkonzepte entlang folgender Reflexionsfragen zu analysieren und zu beurteilen:

  • Haben Studierende im Seminar die Gelegenheit (1) Fachinhalte zu erkunden und/oder experimentell zu erforschen, (2) selbstständig fachbezogene und persönlich bedeut-same Problemstellungen zu bearbeiten und (3) ihren Lernprozess zu dokumentieren und zu reflektieren?

  • Ist das Seminar dafür geeignet, dass Studierende (1) gemeinsam in heterogenen Gruppen komplexe, anwendungsbezogene, inter- und transdisziplinäre Inhalte aufbereiten, (2) in Simulationen in bzw. für Bildungseinrichtungen pädagogische Inhalte er-schließen und (3) zu Expert*innen in spezifischen Themenfeldern werden?

  • Können Studierende im Seminar (1) an unterschiedlichen Dingen, Materialien, Objek-ten, Artefakten, Technologien usw. fachbezogenes Wissen konstruieren und/oder in dieses einschreiben, (2) Gebrauchsgewohnheiten mit Dingen reflektieren und aufgrei-fen und/oder (3) Materialien selbst herstellen?

  • Haben Studierende im Seminar die Möglichkeit (1) mit verschiedenen Sinnen Zugang zu fachlichen Inhalten zu bekommen und diese aus ästhetischer Perspektive zu beur-teilen, (2) gestalterisch-schöpferisch-kreativ anstatt zweckrational zu handeln und (3) Gegenwelten zu visionieren, zu phantasieren bzw. zu imaginieren?

Gerahmt von diesen vier Dimensionen des pädagogischen Konzepts etablier(t)en sich ver-schiedene Formen von Werkstattarbeit. Im Werkstattseminar "Medien als Inhalt und Werkzeug des Sachunterrichts" entwickeln Studierende beispielsweise in kollaborativer Gruppen-arbeit handlungsorientierte Unterrichtskonzepte, die digitale Medien im Kontext der kindlichen Lebenswelt thematisieren. Die Konzepte wurden im Rahmen der "Kinderuni" mit Kindern der 4. Klasse einer Erfurter Grundschule erprobt. Beispielsweise erstellte eine Gruppe ein Video-Tutorial darüber, wie man selbst ein Unterrichtsvideo gestalten kann. Eine andere Gruppe fertigte mit den Schüler*innen einen Podcast zum Thema "alltägliche Mediennutzung" an. Mit Blick auf die oben genannten Reflexionsfragen heben die Studierenden in diesem Seminar vor allem Merkmale des situierten Lernens – das gemeinsame Arbeiten an authentischen Problemstellungen und die enge Verzahnung wissenschaftlichen Wissens mit praktischer Anwendung in der Schule – hervor.

Interview mit Jun.Prof*in Dr. Bernadette Gold, Teilprojekt Forschungslabor MasterMind

Die Leiterin des Teilprojektes Forschungslabor Mastermind Jun.Prof`in Dr. Bernadette Gold zeigt im Interview das Vorgehen auf, wie Lehramtsstudierende systematisch in der Entwicklung einer forschenden Haltung unterstützt werden können.

Wie schätzen Sie den erreichten Entwicklungsstand im Projekt ein?

Ich denke, dass wir mit unserem Projekt auf einem guten Weg sind. Prof. Dr. Ernst Hany, der das Projekt im ersten Jahr geleitet hat, hat wichtige Arbeiten zum Ist-Stand an der Universität Erfurt geleistet, auf denen wir die Angebote gut aufbauen konnten. Zum Beispiel wünschen sich Studierende bei ihrer Masterarbeit sehr stark eine Anlaufstelle für verschiedene Fragen und Probleme, die während der Planung, Durchführung und Auswertung ihrer Arbeit auftreten können. Dementsprechend werden offene Sprechstunden verstärkt wahrgenommen und nachgefragt – ebenso wie Workshops zu verschiedenen Themen des wissenschaftlichen Arbeitens. Auch unsere Forschungswerkstatt wird zum Ende der Masterarbeitsphase gern besucht und als gemeinsamer Arbeitsraum genutzt. Die Angebote nehmen laut der Studierendenbefragungen und unseren Erfahrungen nach viele Unsicherheiten, die bei den Studierenden auftreten, die größtenteils zum ersten Mal selbstständig wissenschaftlich und insbesondere an einem empirischen Projekt arbeiten. Die intensivere Nutzung der Projektmaßnahmen durch die Studierenden sowie ihr Feedback in Form von Evaluationen führen auch zu einer Erweiterung der Angebote und verschiedene Formate konnten bereits erprobt werden. Somit wird eine stetige Erweiterung und Überarbeitung vorrangig durch das Interesse der Studierenden vorangetrieben.

Eine schöne Entwicklung ist auch unser Seminar „Forschendes Lernen für angehende Lehrkräfte“, das in Kooperation mit Schulen stattfindet. In diesem Seminar werden authentische Fragen, die von Schulen benannt werden, in einer gemeinsamen Diskussionsrunde an die Studierenden herangetragen, die diese Fragen mit ihrem eigenen Interesse verknüpfen und somit ein kleines forschungsorientiertes Projekt relativ selbstständig entwickeln, durchführen, auswerten und die Ergebnisse für die Schulen dokumentieren und aufbereiten. Dabei hat beispielsweise eine Gruppe Interviews zur interprofessionellen Kooperation an der jeweiligen Schule geführt, um für die Schule Erkenntnisse darüber zu gewinnen, was sich einzelne Gruppen an der Schule unter Kooperation vorstellen, welche Hindernisse für gelungene Kooperationen auftreten und welche Bedingungen benötigt werden, um Kooperation zwischen Lehrkräften und Erzieher_innen zu fördern. Das Thema war für die Studierenden unmittelbar spannend, da sie sich der Aufgabe, mit anderen pädagogischen Berufsgruppen und auch mit zukünftigen Kolleginnen und Kollegen zu kooperieren, in kurzer Zeit selbst stellen müssen. Für die Schule sind die Ergebnisse dieser Befragung natürlich auch hoch interessant und relevant, um eine entsprechende Entwicklung an der eigenen Schule in Gang zu setzen. Im ersten Seminardurchgang hat sich auch gezeigt, dass allein durch die Teilnahme an den Projekten eine innerschulische Diskussion über das jeweilige Forschungsthema angeregt wird. Das ist für die Studierenden und auch für uns natürlich eine tolle Entwicklung!

Es ist insgesamt schön zu sehen, dass sich unsere Angebote sukzessive unter den Studierenden herumzusprechen scheinen. Viele zeigen sich sehr interessiert daran, ihre Fragen wissenschaftlich angemessen zu bearbeiten und etwas über Forschung zu lernen.

Sie haben angedeutet, dass die Studierenden Interesse für wissenschaftliches Arbeiten mitbringen. Gibt es dabei auch konkrete und/oder wiederkehrende Themen und Fragen, die für Studierende relevant sind?

Ja. Die größten Unsicherheiten bzw. Fragen ergeben sich laut unserer Dokumentation und Erfahrungen zum einen bei der Konkretisierung und Formulierung der Forschungsfrage. Vielen ist ganz klar, welches Thema sie interessiert und in welche Richtung ihre Fragestellung gehen soll. Allerdings ist diese meistens noch so unkonkret, dass sie nicht bearbeitbar ist. Eine Frage wie „Wie gut klappt Inklusion?“ ist dabei kein unübliches Beispiel. Meistens wird auch noch gar nicht bedacht, wie die Frage empirisch beantwortet werden kann und in der konkreten Masterarbeit beantwortet werden soll. Dabei geben wir Hilfestellungen: Wie komme ich zu einer konkreten Forschungsfrage, die ich in dem Zeitraum der Masterarbeit angemessen mit den mir zur Verfügung stehenden Ressourcen bearbeiten kann? Was fehlt mir dafür bzw. welche Literatur hilft mir dabei? Wie kann ich den Aufwand einschätzen? Und vor allem: Wie untersuche ich die Fragestellung dann? Daran knüpft eigentlich auch das zweite häufige Anliegen: Welche Forschungsdesigns, Erhebungs- und Auswertungsmethoden gibt es eigentlich und wie kann ich entscheiden, was für mein Ziel angemessen ist? Für Studierende ist es schier unüberschaubar, welche Methoden es gibt und welche sich für welche Art von Fragestellung eignen. Dafür bieten wir eine Orientierung sowie weitere Unterstützung bei der Planung, Durchführung und Auswertung von eigenen Untersuchungen. Dabei ist aber wichtig zu sagen, dass wir den Studierenden nicht vorgeben, was sie tun sollen. Eine methodische Sprechstunde läuft in der Regel so ab, dass Studierende dem oder der Berater_in ihren aktuellen Stand, die Herausforderungen und ihre Fragen schildern. Oft setzt dies einen Prozess in Gang, der Studierende anregt, ihre Vorgehensweise zu reflektieren. Darauf aufbauend bieten wir Hilfe an, die es ermöglicht sich in der Vielzahl von empirischen Methoden zu orientieren und sich selbstständig in Neues einzuarbeiten. Wir erläutern Forschungsdesigns, erklären wissenschaftliche Hilfsmittel oder verweisen auf Studien mit vergleichbarer Methodenwahl. Die Eigenleistung der Studierenden ist dabei sehr hoch, denn sie müssen diese neuen Perspektiven selbstständig beurteilen und letztlich alle Entscheidungen für ihre wissenschaftliche Arbeit selbst treffen. Man kann unser Vorgehen mit dem Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ vergleichen. Außerdem ersetzten unsere Angebote natürlich nicht die Absprachen mit den betreuenden Dozierenden, die insbesondere in Bezug auf die fachspezifischen Themen die Expert_innen für die Arbeiten der Studierenden sind.

Was leisten die Ergebnisse für die Erfurter Lehrerbildung darüberhinaus?

Erste Evaluationen zeigen, dass Studierende, die im Rahmen unserer Seminare zum Forschenden Lernen gemeinsam mit Schulen eine Fragestellung selbstständig wissenschaftlich mit unserer Begleitung erarbeiten, nach dem Seminar besser in der Lage sind, Evidenz zu bewerten und ein elaborierteres Verständnis von Wissenschaft und Forschung haben. Das ist uns ganz besonders wichtig, da ein langfristiges Projektziel ist, dass angehende Lehrkräfte dieses Verständnis mit in ihre berufliche Praxis nehmen und dort von ihren Erfahrungen der systematischen und kritischen Problembearbeitung profitieren können. Die empirische Prüfung, ob wir dieses Ziel erreichen können, erfordert natürlich u. a. sehr viel Geduld. Am meisten wahrscheinlich von unserem Projektmitarbeiter Herrn Graebel, der sich dieser Fragestellung in seiner Dissertation widmet.

Was hat Sie im Prozess der Entwicklung des Projektes am meisten überrascht?

Überrascht hat mich immer wieder, wie viele Lehramtsstudierende daran interessiert sind, mehr über Forschung zu erfahren und über konkrete Methoden zu lernen. Manche scheinen fast verärgert darüber zu sein, dass sie in ihrem Studium nicht die Möglichkeit einer systematischen Einführung über Forschungsmethoden bekommen. Natürlich ist mein Eindruck verzerrt, da wir nicht mit allen Lehramtsstudierenden in Kontakt kommen. Es hat mich außerdem sehr positiv überrascht, wie viel Unterstützung – oder zumindest Zuspruch – wir von den Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachgebieten erhalten haben. Viele von ihnen empfehlen uns an die Studierenden und / oder kooperieren mit uns. Ich sehe also noch sehr viele Möglichkeiten, dem wissenschaftlichen Arbeiten im Lehramt eine prominentere Rolle zukommen zu lassen. Aber auch diese Prozesse benötigen etwas Zeit, um sich entwickeln zu können. 

Frau Gold, sie haben soeben Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen von unterschiedlichen Fachgebieten angesprochen. Können Sie kurz für die Leser_innen schildern, wie man sich eine solche Kooperation vorstellen kann und welche Erwartungen oder Anforderungen die Kolleg_innen an ihr Projekt haben?

Eine Kooperationsform ist die gemeinsame Seminarsitzungsgestaltung in Projektseminaren, in denen Bachelorarbeiten geplant und durchgeführt werden. Wir geben punktuell Input in die Seminare zu Themen wie Fragestellung, Forschungsdesigns, Überblick über Forschungsmethoden oder Auswertungsmethoden. Dadurch wird natürlich auch unser Projekt bekannter und das Forschungslabor bekommt für die Studierenden „ein Gesicht“. Ich denke, dass dadurch auch Berührungsängste reduziert werden. Eine andere schöne Entwicklung ist die Auszeichnung der besten Masterarbeiten jedes Jahrgangs. Mein Kollege Prof. Dr. Hany hat vor einiger Zeit die Auszeichnung der Masterarbeiten initiiert. In einer Jury, die jedes Jahr wechselnde Mitglieder hat, diskutieren wir über Masterarbeiten und sprechen dabei immer über Gütekriterien für die Arbeiten. Die Mitglieder der Jury tragen diese Diskussionen mit in ihre Fachgebiete. Zum Beispiel ist mir bekannt, dass zwei Mitglieder der Jury durch den Auszeichnungsprozess einen Austausch in ihrem Fachgebiet über ihre Maßstäbe für gute Masterarbeiten explizit angestoßen haben. Somit wird das Thema auch informell in die Fachgebiete getragen. Bald werden wir in Kooperation mit der ESE eine Veranstaltung zu dem Thema „Gütekriterien von Masterarbeiten im Lehramt“ organisieren, um uns noch mehr mit Fachgebieten auszutauschen, mit denen wir bislang noch nicht so viel kooperiert haben. Ich rechne da mit großem Interesse.

Was ist für die zweite Phase geplant?

In der zweiten Projektphase möchten wir die Arbeiten der ersten Phase weiterführen, erweitern, modifizieren und vor allem weiter evaluieren, um belastbarere Erkenntnisse über die Wirkung unserer Angebote zu erhalten. Wir werden unbedingt die Kooperationen mit Schulen erweitern, um gemeinsam mit Studierenden und Vertreter_innen aus der Praxis an schulrelevanten Fragen zu forschen. Der Aufbau von Forschungs-Praxis-Kooperationen ist tatsächlich recht anspruchsvoll, da Schulen natürlich insgesamt über wenig Zeit verfügen und viele Anfragen (nicht nur von Universitäten) erhalten. Der Mehrwert hat sich in ersten Kooperationen sowohl für die Schulen als auch für die Studierenden in Bezug auf ihre Einstellungen gegenüber Forschung deutlich gezeigt. Deswegen suchen wir weiterhin den Dialog mit Lehrerinnen und Lehrern, Schulleiterinnen und Schulleitern.

Weiterhin möchten wir das Komplexe Schulpraktikum (Praxissemester an der UE, Anmerkung des Interviewers) stärker nutzen, um Forschendes Lernen sowie die Berücksichtigung von empirischen Evidenzen für die eigene Unterrichtsplanung mit Praxisphasen zu verknüpfen. Für dieses Vorhaben werden wir zukünftig unterstützt von den beiden Kolleg_innen Prof. Dr. Johannes Bauer und Dr. Eva Thomm aus dem Fachgebiet „Bildungsforschung und Methodenlehre“, die sich beide in ihrer Forschung viel mit wissenschaftlichem Denken und Argumentieren beschäftigt haben und unser Projekt mit neuen Impulsen bereichern werden. Letztendlich möchten wir das Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen aller Fachbereiche aufgreifen, um ein Spiralcurriculum für Forschendes Lernen aus bestehenden und neu entwickelten Ansätzen zu konzeptualisieren. 

Interview mit Prof. Dr. Manfred Lüders, Prof. Dr. Gerd Manhaupt und Prof*in Dr. Verena Weidner, Teilprojekt Methodentraining

Das Professor_innenteam Prof. Dr. Manfred Lüders, Prof. Dr. Gerd Mannhaupt und Prof. Dr. Verena Weidner des Teilprojektes Methodentraining für effektives Unterrichten stellen im Interview sowohl die Hürden, die Synergien und Ergebnisse einer produktorientierten Kooperation zwischen Allgemeiner Didaktik und Fachdidaktiken dar.

Wie schätzen Sie den erreichten Stand im Teilprojekt ein?

Prof. Lüders: Nach einigen Startschwierigkeiten sind wir sehr gut vorangekommen. Anfänglich machte sich der unterschiedliche Sprachgebrauch in der Fachdidaktik Deutsch, der Fachdidaktik Musik und der Allgemeinen Didaktik bemerkbar. Wir konnten jedoch einen gemeinsamen Nenner finden und seither ist es gelungen im Kernbereich des Projekts erhebliche Fortschritte zu erzielen. Der Kernbereich betrifft die Entwicklung von Trainingsbausteinen für die Gesprächsführung in einem problemlösenden Deutsch- bzw. Musikunterricht. Wir nennen das auch „indirekte Instruktion“ oder „diskursiver Unterricht“. Aus fachdidaktischer Perspektive war es zunächst wichtig Unterrichtsanforderungen zu identifizieren, die sich für eine diskursive Bearbeitung in der Kommunikation mit Schülern eignen. Nachdem das gelungen war, konnten wir dazu übergehen einzelne Gesprächstechniken zu erproben und Trainingsbausteine zur Vermittlung dieser Techniken zu entwickeln. Um einige Beispiele zu nennen: Es gibt Techniken wie das „Sammeln von Schülerantworten“, die „Moderation“, das „Sondieren“, den „Widerspruch“ oder das „induktive“ bzw. „deduktive“ Vorgehen. All diese Techniken dienen der kognitiven Aktivierung in einem diskursiven Prozess des gemeinsamen Problembearbeitens bzw. Problemlösens.

Prof. Mannhaupt: Das Teilprojekt hat sich eines Problems angenommen, dass sowohl in der allgemeinen Didaktik als auch den Fachdidaktiken stark vernachlässigt wurde: Wie lässt sich ein anspruchsvolles Unterrichtsgespräch in einem problemorientierten Unterricht sprachlich und kommunikativ gestalten? Und wie kann diese sprachliche Gestaltung von Studierenden angeeignet werden? Wie müssen dafür hochschuldidaktisch passende Settings aussehen?

Zu Beginn bestand die Herausforderung darin, dass Vertreter_innen aus drei verschiedenen Disziplinen sich darüber verständigen mussten, was denn eigentlich „problemorientierter“ oder „problemhaltiger“ Unterricht ist. Und zwar im Literaturunterricht der Grundschule und Musikunterricht der Grund- und Regelschule. Nach dieser aufwändigen Klärung konnten wir prototypische Unterrichtssituationen entwickeln und auf Video aufnehmen, an denen das angemessene oder eben nicht so angemessene kommunikative Vorgehen entdeckt, beschrieben und analysiert wurde. Video-Ausschnitte von Unterricht und die dazugehörigen Transkripte wurden erstellt und stellten die Grundlage für Trainingsbausteine dar. Die hochschuldidaktisch praktische Umsetzung erfolgte dann in Prototypen für Kurztrainings in fachdidaktischen MEd-Lehrveranstaltungen und anschließend in einem Training, das ein ganzes Seminar umfasst. Wir sind aktuell damit beschäftigt, die Möglichkeiten der empirischen Begleitung zu entwickeln, um die Trainings formal und summativ evaluieren und auf dieser Grundlage optimieren zu können.  Damit sind wir auf einem sehr guten Weg, für zwei Fachdidaktiken kommunikative Trainings inklusive aller Materialien (Videos, Transkripte) und einer umfassenden Dokumentation bereitzustellen, die auch von anderen Lehrenden eingesetzt werden können.

Was leisten diese Ergebnisse für die Erfurter Lehrerbildung?

Prof. Lüders: Der Vorteil für die Erfurter Lehrerbildung zeigt sich an mehreren Punkten. An erster Stelle steht das Studium selbst. Infolge der Kooperation der Fachdidaktik mit der Allgemeinen Didaktik machen die Studierenden plötzlich die Erfahrung eines kumulativen Wissens- und Fähigkeitserwerbs.  Was wir in den Allgemeinen Didaktik, z. B. in der Lehrveranstaltung „Unterricht planen und gestalten“ behandeln, erweist sich auf einmal als bedeutsam für das fachdidaktische Studium und umgekehrt. Das war vorher natürlich auch schon so, kam aufgrund fachsprachlicher Differenzen und einer zu geringen wechselseitigen Abstimmung der Lehrveranstaltungen aber nicht wirklich zum Tragen. Sehr wichtig ist außerdem, dass die Studierenden durch die Teilnahme an den Trainingsveranstaltungen in die Lage versetzt werden, das erworbene Wissen anwendungsbezogen zu vertiefen. In den Trainingseinheiten werden Gelegenheiten für „situiertes Lernen“ gegeben. Dies geschieht einerseits, indem relevante Unterrichtssituationen in Rollenspielen simuliert werden, andererseits durch die Vorbereitung und auch Durchführung eigener Unterrichtsversuche in Praktika. Auf diese Weise wird der Transfer des erworbenen Wissens auf die spezifischen Anforderungen des Schulunterrichts gut vorbereitet.

Prof. Mannhaupt: Die entwickelten Trainings füllen eine Lücke in der Lehrerbildung nicht nur in Erfurt, sondern auch bundesweit. Während bereits Trainings für „direkte Instruktion“ vorliegen und auch im Studium eingesetzt werden, fehlen Ausbildungselemente für das Führen von anspruchsvollem Unterricht. Darüber hinaus fehlen sie für verschiedene Unterrichtsfächer. Die fachdidaktische Untersetzung und Integration ist hier ein sehr großer Vorteil. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit den Studierenden ist uns aufgefallen, dass wir mit den analytischen Bestandteilen des Trainings Studierenden quasi Auseinandersetzung mit Unterricht auf einem mikroskopischen Niveau bereitstellen können. Kommunikative Sequenzen werden auf der wörtlichen Ebene „auseinandergenommen“ und wieder zusammengesetzt. So entdecken Studierende plötzlich, dass tatsächlich jedes einzelne Wort, jede einzelne Redewendung im Unterricht von hoher Bedeutung sein können. Und viel wichtiger ist, auf dieser kommunikativ mikroskopischen Ebene können sie ihr Unterrichtsverhalten verbessern. Kommiliton_innen melden ihnen in Rollenspielen zurück oder sie erkennen es in den Videos der eigenen Sequenzen, dass die Verbesserungen auf der minimal sprachlichen Ebene zu anderen und meist angemesseneren Verläufen im Unterrichtsgespräch führen. Dieses mikroskopische Arbeiten an Unterricht ergänzt die allgemeindidaktischen Angebote z. B. über Klassenführung und die fachdidaktischen Angebote zur Planung von Unterricht, Auswahl von Lernmethoden und -settings um eine für die Studierenden sehr fruchtbare Ebene.

Prof. Weidner: Die im Methodentraining erstellten Unterrichtsvideos lassen sich zusammen mit Transkriptionen ausgewählter Unterrichtsgespräche in eine Reihe musikdidaktischer Lehrveranstaltungen integrieren. Besonders in den MEd-Studienrichtungen haben die Studierenden auf diese Weise die Möglichkeit, auch über explizite Trainingskontexte hinaus Bezüge zwischen schulpraktischen Erfahrungen und ihrer musikdidaktischen Reflexion herzustellen.

Was hat Sie im Prozess des Forschens am meisten überrascht?

Prof. Lüders: Als Vertreter der Allgemeinen Didaktik hat mich vor allem überrascht und auch beeindruckt, wie wichtig für die Entwicklung unserer Trainingsprogramme das fachdidaktische Wissen über Aufgabenschwierigkeiten, typische Schülerantworten sowie typische Schülerfehler ist. Ohne dieses Wissen wäre es nicht möglich, den Problemgehalt zu ermessen, der sich mit einem bestimmten Unterrichtsthema, einer bestimmten Fragestellung einer bestimmten Text- oder Musikauswahl für die Schüler einer Altersgruppe verbindet. Überrascht hat mich aber auch, wie vielseitig die in der Fachdidaktik Deutsch entwickelten Materialien für den Literaturunterricht in der Grundschule sind und wie sehr wir bei der Entwicklung von Trainingseinheiten davon profitieren, dass die Entwicklung dieser Materialien seit Jahren mit großem Erfolg betrieben wird.

Prof. Mannhaupt: Überrascht hat mich, obwohl ich es wissen sollte, dass wie immer mit sprachlichen Ausdrücken und Wörtern für mehrere Personen und eben auch Fachdisziplinen vollkommen unterschiedliche Bedeutungen verbunden sind. Dies stellte die erste große Herausforderung des Miteinanders im Teilprojekt dar. Und ebenso überrascht, aber auch mit Freude und Befriedigung hat mich erfüllt, dass der dann notwendige Prozess der gemeinsamen kollaborativen Klärung von Begriffen und Konzepten gestützt auf die Empirie aus der Unterrichtspraxis nicht nur erfolgreich bewältigt werden kann, sondern auch Wissen schafft. Im tatsächlichen Kern des Begriffes unserer Profession. In den Diskussionen zur Beschreibung und Analyse der Unterrichtssequenzen, des Vergleichens und Klärens gewinnen wir wissenschaftlich neue Einsichten. Und darüber hinaus entwickeln wir als Gemeinschaft von Hochschullehrenden hochschuldidaktisch gewinnbringende Zugänge für die Trainings.

Prof. Weidner: Auch ich war überrascht, wie groß die Spanne zwischen fachdidaktischen Konzepten und ihrer unterrichtlichen Umsetzung ausfällt. In der Musikdidaktik herrscht zwar über alle Phasen der Lehrerbildung hinweg Einigkeit darüber, dass schulischer Musikunterricht kein reiner Musizierunterricht ist. Phasen des Musikmachens mit der Stimme, auf Instrumenten oder im Tanz sind folglich sowohl im Sekundar- als auch im Primarschulbereich durch solche des Sprechens über Musik und die damit verbundenen Prozesse zu ergänzen. Zentrale Konzepte dafür sind unter anderem ‚Ästhetischer Streit‘ bzw. der Erwerb musikalisch-ästhetischer Diskursfähigkeit. Das gezielte Inszenieren solcher Unterrichtssituationen scheint in der Praxis aber keineswegs selbstverständlich zu sein. Für die Arbeit im Projekt hatte das zur Folge, dass wir einige Zeit und Energie in die Planung und Umsetzung anspruchsvoller musikunterrichtlicher Gespräche investieren mussten, um geeignetes Videomaterial für die Verwendung in Seminaren und Trainings erstellen zu können.

Was ist für die zweite Förderphase geplant?

Prof. Lüders: In der zweiten Förderphase möchten wir eine weitere Fachdidaktik ins Boot holen. Wir haben bereits Gespräche mit der Fachdidaktik Mathematik geführt und es besteht ein großes Interesse, die bisher vorliegenden Trainingsprogramme so weiterzuentwickeln, dass sie sich auch für die Gestaltung eines diskursiven Mathematikunterrichts eignen. Wichtig ist aber auch, dass wir die Evaluation der Trainingsmaßnahmen vorantreiben. Bisher können wir aus Studierendenbefragungen mit großer Sicherheit sagen, dass die Trainingseinheiten für indirekte Instruktion in den Fächern Deutsch und Musik als eine große Bereicherung wahrgenommen werden. Aber natürlich möchten wir auch wissen, wie viel Durchschlagskraft die Programme haben, also ob sie tatsächlich das Unterrichthandeln im Praktikum und später auch im Referendariat beeinflussen. Dazu müssen wir eine längerfristige Forschungsperspektive einschlagen, bei der es darum gehen wird, die tatsächlich geführten Unterrichtsgespräche hinsichtlich ihrer methodischen Funktionen genauer in den Blick zu nehmen. Erst wenn wir wissen, was in der Praxis ankommt, können wir auch Rückschlüsse auf die Effektivität unserer Trainingsprogramme ziehen.

Prof. Mannhaupt: Für die zweite Förderphase haben wir uns zum einen die Aufgabe gestellt, empirisch zu prüfen, ob die entwickelten Trainings die von uns beabsichtigten und erwarteten Wirkungen bei den Studierenden zeigen. Dies sollte nicht nur auf der Ebene der subjektiv eingeschätzten Kompetenzen erfolgen, sondern auch auf der Wissens- und Verhaltensebene. Unsere neuen Einsichten und Befunde wollen wir dann in der wissenschaftlichen Gemeinschaft vorstellen und diskutieren. Darüber hinaus werden wir für ein weiteres Unterrichtsfach - die Mathematik - den Prozess der Entwicklung und Auswahl problemorientierter Unterrichtssequenzen und der Entwicklung von Trainingsbausteinen übertragen, um so ein breiteres Angebot dieses aus unserer Sicht wichtigen hochschuldidaktischen Ansatzes sicherstellen zu können.

RÜCKBLICKE

Teaching Talent Center: Veranstaltungsreihe „Finde DEINEN Weg!“

Vortrag des Workshops "Finde DEINEN Weg!"

Unter dem Motto „Finde DEINEN Weg!“ organisierten das Teaching Talent Center und die Hochschullernwerkstatt gemeinsam eine Veranstaltungsreihe. Diese war darauf ausgerichtet, Lehramtsstudierenden Wege aufzuzeigen, die sie nach ihrem Abschluss jenseits der üblichen Schullaufbahn einschlagen können. Den Auftakt der Reihe bildete der bei den Filmfestspielen von Cannes (2008) ausgezeichnete Film "Die Klasse" von Laurent Cantet. Dieser Film skizziert ein realistisches Bild vom Alltag einer französischen Schulklasse sowie von den Höhen und Tiefen des Lehrer*innendaseins. Daran schloss sich eine offene Diskussionsrunde an, in der man am Beispiel der Lehrerpersönlichkeit aus dem Film die eigenen Vorstellungen von der (zukünftigen) Lehrer*innenrolle kritisch reflektieren konnte.

Der zweite Teil der Reihe präsentierte "Wege ins Ausland: Auslandspraktika, Auslandssemester und Arbeiten im Ausland". Expert*innen aus dem Internationalen Büro der Universität Erfurt sowie aus dem Praktikumsreferat der Erfurt School of Education (ESE) gaben in entspannter Atmosphäre hilfreiche Tipps zum Studieren und Arbeiten im Ausland und stellten Möglichkeiten vor, die Praxisphasen im Lehramtsstudium für einen Auslandsaufenthalt zu nutzen. Zahlreiche Studierende fanden an diesem Abend den Weg in die Lernwerkstatt, um an verschiedenen Gruppentischen ihre Fragen an die oben genannten Expert*innen sowie an Studierende und Lehrende mit Auslandserfahrungen zu richten.

Der dritte Teil der Veranstaltungsreihe informierte in Form einer Podiumsdiskussion über „Karrierewege innerhalb des Bildungssystems“. Die eingeladenen Gäste aus verschiedenen Bereichen des Thüringer Bildungssystems gaben spannende Einblicke in ihre persönlichen Karrierewege. Diese erstreckten sich von der Promotion über die Tätigkeit als Schulleiter*in bis hin zu Leitungsaufgaben am Staatlichen Studienseminar, am Staatlichen Schulamt oder dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM). Fragen wie z. B. zur Haltung als Führungskraft oder zu den beruflichen Herausforderungen wurden sehr anschaulich beantwortet.

Den Abschluss der Reihe bildete ein Informationsabend zum Thema „Endstation Schule? – Alternative Wege zu Schule und Co.“ Die Frage, welche Möglichkeiten sich am Berufsmarkt mit einem Masterabschluss im Lehramt noch bieten, zog zahlreiche Studierende und Alumni an. Nach einem kurzen Überblick über optionale Berufsfelder im Bildungsbereich oder in der Wirtschaft berichteten vier (ehemalige) Lehrer*innen von ihrem Weg nach dem Schuldienst bzw. in Ergänzung zu diesem. Sie erläuterten dabei eindrucksvoll, welche Gründe sie dazu bewogen haben, diese alternativen Berufswege einzuschlagen. Anhand der persönlichen Biografien wurde deutlich, dass ein Lehramtsstudium letztendlich viele Optionen bereithält.

Das Team der Hochschullernwerkstatt und das Team des Teaching Talent Center freuen sich über das rege Interesse unter den Studierenden und Alumni an den verschiedenen Themen und Veranstaltungsabenden. Ein gemeinsames großes Dankeschön gilt allen Gästen und Expert*innen, die ihre Erfahrungen geteilt und mitunter sehr persönliche Einblicke in ihren Berufsweg gewährt haben.

 

Damit leistete die Reihe einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der QUALITEACH-Projektziele. So hat es sich das Teaching Talent Center zum Auftrag gemacht, identitätsstiftende Angebote mit dem Ziel einer gesicherten Berufswahl aber auch zur Karriereplanung zu entwickeln. Das Konzept der Lernwerkstatt ist u. a. daraufhin angelegt, Gelegenheiten zum erfahrungsorientierten Lernen zu schaffen, in denen Fragen der Kompetenzentwicklung der Lehramtsstudierenden nicht losgelöst von Prozessen der individuellen Persönlichkeitsbildung betrachtet werden können.

Hochschullernwerkstatt: Ausgewählte Veranstaltungen im Sommersemester 2018

Neben den regulär an den Vormittagen stattfindenden Werkstattseminaren (z. B. Grundlegung Deutsch, Sachunterricht, Sonder- und Integrationspädagogik) bot die Lernwerkstatt im Sommersemester 2018 an den Nachmittagen sowie in den frühen Abendstunden ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm.

So konnten Interessierte im Rahmen der von Studierenden für Studierende gestalteten "Open Lernwerkstatt" im Workshop "Tierschutz im Einkaufskorb" Möglichkeiten kennenlernen, tierfreundlich einzukaufen oder aber beim "Upcycling" aus alten, ausrangierten Dingen etwas völlig Neues gestalten und sich dabei mit Themen wie Nachhaltigkeit, Müllvermeidung und Recycling auseinandersetzen. Das Thema "Nachhaltigkeit" stand auch bei der Filmvorführung "Kommen Rührgeräte in den Himmel?" (Reinhard Günzler, 2006) sowie in der öffentlichen Diskussionsrunde "Von der Lernwerkstatt zur nachhaltigen Lernwerkstatt" im Mittelpunkt. Mit diesen Formaten beteiligte sich die Lernwerkstatt am "Nachhaltigen Monat" der Universität Erfurt.

Darüber hinaus unterbreitete die Lernwerkstatt mit der Schreibwerkstatt "Grundschullehrer gesucht!" ein Angebot zum bundesweiten Boys' Day, in dem Jungen der 7. bis 10. Klasse dazu angeregt wurden, sich schreibend mit dem Berufsbild des Grundschullehrers auseinanderzusetzen. Interessierte Studierende und Lehrende konnten sich beim neuen, offenen Mittagsangebot "Bibliolog" aus der Perspektive biblischer Gestalten heraus äußern und auf diese Weise – ganz ohne Vorkenntnisse – die Bibel entdecken und kennenlernen. Auch die neue Veranstaltungsreihe "Auf einen Kaffee mit ...", in der renommierte Professor*innen aus dem Bereich der Erfurter Lehrerbildung Auskunft zu ihren Forschungsinteressen und Berufsbiografien geben, feierte mit spannenden Gästen aus dem QUALITEACH-Projekt erfolgreich ihren Auftakt.

Das Team der Lernwerkstatt bedankt sich herzlich bei allen Referent*innen und Gästen und lädt alle Interessierten ein, auch im kommenden Semester zum offenen Treff in der Lernwerkstatt vorbeizuschauen und/oder am Veranstaltungsprogramm teilzunehmen.

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Treffen der Lernwerkstatt-AG

Als ein wesentlicher Baustein der Implementation und Evaluation der Hochschullernwerkstatt gilt die „Lernwerkstatt AG“ – ein Zusammenschluss von Hochschullehrenden aus unterschiedlichen Fachdisziplinen, die ihre Lehre auch in Form von Werkstattseminaren gestalten, ihre Erfahrungen im Sinne einer „Community of Practice“ austauschen und ihr hochschuldidaktisches Handeln im gemeinsamen Austausch unter Einbezug theoretischer Wissensbestände aus dem hochschuldidaktischen Fachdiskurs weiterentwickeln.

Diese Gruppe umfasst Lehrende aus der Deutsch- und Mathematikdidaktik der Grundschule, aus der Fachdidaktik und Fachwissenschaft des Sachunterrichts der Grundschule, aus der evangelischen Religionslehre, der Musikdidaktik und der Sportdidaktik der Grund- und Regelschule sowie aus der Förderpädagogik.

Insbesondere die Implementierung des Werkstattkonzeptes in die Lehre der Universität und der Erfahrungsaustausch über Lehr-Lernkonzepte der Lernwerkstattseminare hoben die AG-Mitglieder im letzten Treffen Anfang Mai als die zentralen, gemeinsamen Themen hervor. Das nächste AG-Treffen findet am 11.07.2018 statt. Unter anderem wird Antje Nitsch das Konzept ihres Seminars „Einführung in die Deutschdidaktik – Schriftspracherwerb“ vorstellen, welches sie bereits in verschiedenen Varianten in der Lernwerkstatt erprobt hat.

Feierliche Eröffnung des „Forschungslabors MasterMind“

Am 30. Mai 2018 wurde die neue Forschungswerkstatt, die den Projektnamen „Forschungslabor MasterMind“ trägt, mit 40 Gästen feierlich eröffnet.

Ärztinnen und Ärzte, Tischlerinnen und Tischler oder Biologinnen und Biologen - nahezu jede Berufsgruppe ist auf eine an die berufliche Tätigkeit angepasste Arbeitsumgebung sowie notwendige Werkzeuge angewiesen, um bestmögliche Resultate zu erzielen. Welche Werkzeuge oder Hilfsmittel werden benötigt? Wie trägt die Atmosphäre zur Steigerung der Qualität des jeweiligen Produktes bei? Diese und weitere Fragen stellte sich auch das Team des „Forschungslabors MasterMind“ bei der Gestaltung einer Forschungswerkstatt für Studierende, deren Produkt eine hochwertige Masterarbeit sein soll. Die Antworten wurden in einem Konzept festgehalten und letztlich entstand ein Raum mit geeigneten Möbeln, wissenschaftlicher Software, ausgewählter Literatur sowie zugeschnittenen Beratungsangeboten.

Am 30. Mai 2018 wurde die neue Forschungswerkstatt, die den Eigennamen des Projektes „Forschungslabor MasterMind“ trägt, schließlich mit 40 Gästen feierlich eröffnet. Darunter befanden sich Studierende und Dozierende der Universität Erfurt sowie Vertreter*innen Erfurter Schulen. Mit einem Grußwort gab zunächst Prof. Dr. Gerd Mannhaupt (Direktor der Erfurt School of Education) einen kurzen Rückblick über die Entstehungsgeschichte des Teilprojektes, welches im ersten Jahr durch Prof. Dr. Ernst Hany geleitet wurde. In dieser Zeit entstanden, so der Redner, erste Untersuchungen zu den Bedürfnissen der Studierenden in Bezug auf Unterstützungsbedarfe bei der Masterarbeit. Daran orientierte Angebote entwickelte und innovierte ab Januar 2017 Jun.-Prof.’in Dr. Bernadette Gold als neue Teilprojektleiterin, die im Rahmen der Veranstaltung die weitere Moderation übernahm und das Teilprojekt mit ausgewählten Arbeiten präsentierte. Neben der zu eröffnenden Forschungswerkstatt hat das Projekt unter anderem Workshopreihen zum wissenschaftlichen Arbeiten, offene Methodensprechstunden für Studierende in der Phase der Masterarbeit sowie ein Seminar zum Forschenden Lernen für angehende Grundschullehrkräfte erarbeitet und erprobt. Insbesondere das letztgenannte Seminar „Forschendes Lernen für angehende Lehrkräfte“ diente als Beispiel für zukünftige Arbeiten in den Räumen der Forschungswerkstatt. In diesem Seminar forschten Teams aus Studierenden, Lehrerinnen und Lehrern sowie Wissenschaftler*innen gemeinsam an praxisrelevanten Fragestellungen. Drei Kleingruppen von Studierenden stellten dem Publikum die Ergebnisse ihrer Studien vor und schilderten dabei auch ihre Erfahrungen beim Forschenden Lernen. „Zu Beginn war die Komplexität des Forschungsprozesses für mich unüberschaubar.“, schildert Desirée Thoß ihre persönliche Erfahrung mit dem Forschenden Lernen. „Im Laufe des Seminars wurde mir aber immer deutlicher, welche Schritte zur Forschung gehören und wie man diese durchlaufen kann.“ Die Studentin Sonja Seifarth berichtet weiterhin: „Kennen Sie SPSS? Das ist eine Software zur statistischen Analyse von Daten. Die ganzen Funktionen können einen zu Beginn ganz schön frustrieren. Aber nach einiger Zeit habe ich sogar selbst einen Fehler in meinen Berechnungen gefunden und bin ganz allein auf die Lösung gekommen. Das war eine tolle Erfahrung. Ich kann nur empfehlen, dass selbst mal zu probieren. In meiner Masterarbeit werde ich wieder empirisch forschen.“

Die zu Grunde liegenden Forschungsfragen stammten dabei gänzlich aus der Praxis und widmeten sich aktuellen und schulrelevanten Themen. Dies bestätigte im Rahmen der Eröffnung auch Ralf Stietz, Direktor der Erfurter Riethschule, die aktiv in die Gestaltung der Lehrveranstaltung eingebunden war. Er lobte die Arbeit der Studierenden und deutete auf das enorme Potential der Synergien zwischen Universität und Praxis hin, die sich seine Schule auch zukünftig für die Entwicklung neuer Ideen und Konzepte zu Nutze machen möchte. Zudem wies auch er auch auf die Bedeutung von evidenzbasierten Entscheidungen in sich permanent wandelnden Kontexten von Schule hin und beschrieb die im Forschenden Lernen erworbenen Fähigkeiten der Studierenden als bewahrenswert für ihre professionelle Zukunft als Lehrer*innen.

Im zweiten Teil der Veranstaltung ergründeten die Gäste dieses Potential weiter, knüpften Kontakte und vertieften eigene Ideen sowie Herausforderungen bezüglich des Forschenden Lernens aus ihrer jeweiligen fachlichen Perspektive in vier Open-Space ähnlichen Kurzworkshops. „Die kreative und zunächst unverbindliche, dabei dennoch strukturierte Gestaltung der Workshops hat mich besonders überrascht und zu produktiven Ideen geführt.“ schilderte Cedric Steinert, Mitarbeiter des Kompetenz- und Entwicklungszentrums für Inklusion in der Lehrerbildung der Universität Erfurt. Dass es auch zukünftig anregenden Austausch geben wird, machte der feierliche und gesellige Ausklang deutlich. Das Team des „Forschungslabors MasterMind“ freut sich über die belebte, gelungene Veranstaltung und dankt allen Gästen herzlich für neue Impulse und den unterstützenden Kräften aus der Projektkoordination.

„Es macht schon nachdenklich, solche Schicksale hautnah zu erfahren…“

Nach Vorbild der international bekannten „Human Library“ – einer Bibliothek, in der Menschen zu interaktiven Büchern werden – fand am 28. Juni 2018 in der Lernwerkstatt der Universität Erfurt eine Veranstaltung statt, in der ehemalige Straftäter ihre persönliche Geschichte erzählt und ihr Schicksal mit den anwesenden Gästen geteilt haben. Ziel war es, Vorurteilen und Stereotypen zu begegnen. Die Veranstaltung war ein Gemeinschaftsprojekt von Studierenden der Universität Erfurt mit dem Jugendrechtshaus Erfurt e. V. im Rahmen des Studium Fundamentale Nachhaltigkeit.

„Die Idee zur Veranstaltung kam ursprünglich vom Jugendrechtshaus“, berichten Marie und Johann, Studierende der Uni. „Wir waren gleich begeistert – besonders vom Format der ‚Human Library‘, die ja bereits an vielen Orten weltweit etabliert ist.“ Und so lauschten die rund 30 Besucher an diesem Abend den Erzählungen der ehemaligen Straftäter. „Es macht schon nachdenklich solche Schicksale, hautnah zu erfahren. Man erkennt irgendwann, dass es nicht so einfach ist, wie man sich das vorgestellt hat und dass es auch Gründe und Ursachen für bestimmte Taten gibt“, berichteten die Teilnehmer nach der Veranstaltung, die froh waren über die Gelegenheit, einmal mit Menschen in Kontakt zu kommen, die sie sonst womöglich nicht kennengelernt hätten.

Übrigens: Der Abend wurde von Radio F.R.E.I. begleitet, demnächst soll dort dazu auch ein Beitrag ausgestrahlt werden.