Europa befindet sich nicht erst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in einer der wohl größten Krisen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Krise ist vielfältig und lässt sich nicht auf einen einzigen Grund zurückführen. Sie geht auf wirtschaftliche und finanzpolitische Faktoren zurück, aber auch auf geopolitische Veränderungen. Sie steht auch mit der Klimakrise in Verbindung und zeigt die negativen Folgen der Globalisierung und der Technisierung. Angesichts der Gefahren der Renationalisierung, des Populismus und des Wiederauflebens überwunden geglaubter Konflikte und Spannungen zeigt sich die Notwendigkeit, das Projekt Europa neu zu beleben.
Dabei spielt die Frage nach dem Sinn Europas eine wesentliche Bedeutung – als Frage nach der Bedeutung Europas, die zugleich auch die Frage nach der Ausrichtung Europas ist: Was sind jene Koordinaten, die europäische Identität besonders prägen? Diese Koordinaten sind heute fraglich geworden. Sie bedürfen einer neuen Reflexion durch die Vernunft, die ihrerseits Europas Geschichte wesentlich bestimmt hat, aber auch neuen Formen der Praxis, des geteilten Lebens, Wirkens, Planens und Träumens – nicht allein um der Zukunft Europas willen, sondern um der Zukunft einer friedlichen, sozial und ökologisch orientierten Menschheit willen.
In Brixen soll die Koordinate ≫Religion & Politik≪ neu bedacht werden. Auch wenn die christlichen Kirchen heute nicht mehr die Bedeutung besitzen, die ihnen einst zukam, bleibt europäisches Zusammenleben christlich geprägt. Zusätzlich zeigen sich Einflüsse durch Judentum, Islam, östliche Religionen oder auch durch säkulare Philosophien. Europa hat in einer konfliktreichen Geschichte nicht nur maßgeblich die Idee der Religions- und Gewissensfreiheit entdeckt, sondern auch die vorpolitische Bedeutung von religiösen und philosophischen Grundüberzeugungen. Diese ermöglichen eine geteilte Lebenspraxis und erleichtern ein gemeinschaftliches Leben in Frieden und Solidarität. Das Politische ist in Europa nicht der letztgültige Rahmen, sondern eingeordnet in einen weiteren Kontext. Dies verleiht dem Europäischen einen anti-totalitären, die Würde des Menschen schützenden Grundcharakter.
Diesen Spuren will die Sommerakademie in Brixen/Südtirol nachgehen und sie aus verschiedenen Perspektiven diskutieren. Südtirol steht für ein europäisches Erfolgskonzept: Hier begegnen und mischen sich verschiedene Kulturen und Sprachen. Südtirol steht auch für eine vitale Kultur, die Tradition und Moderne miteinander verbindet und auf die Herausforderungen des kulturellen und gesellschaftlichen Wandels zu antworten versucht. Europa ist hier im Kleinen erlebbar. Die Region und ihre Herausforderungen werden aktiv in das Programm einbezogen.
Mehr Informationen zum Programm und zur Anmeldung gibt es auf der oben rechts verlinkten Website und im Flyer. Noch bis zum 1. Mai gibt es für alle Interessierten einen Frühbucherrabatt.