Zu Gott Du sagen. Versuche der Gottesanrede von der Antike bis heute
Dieses Projekt untersucht, wie Anredeformen das Bild vom Göttlichen verändern – von der Antike bis zur Gegenwart, unter postsäkularen Bedingungen.
Was heißt es, heute zu Gott zu sprechen?
In einer Welt, in der Gott oft keine Rolle mehr spielt? In einer Welt, in der das Wort “Gott” vereinnahmt wird.
Im Wissen, dass Gott vielleicht gar nicht existiert? Im Ringen um eine ganz persönliche Sprache.
Oder in der Erfahrung, dass klassische Formen der Gottesanrede – in Kirche, Liturgie und Kunst – nicht mehr greifen?
Im Mittelpunkt stehen besondere Texte, die sich durch eine bewusste Sprachkunst des Du auszeichnen. In der direkten Anrede der zweiten Person Singular wird die Beziehung zum Göttlichen neu gestaltet, gestört oder radikal in Frage gestellt.
Analysiert werden u. a. Augustinus (Confessiones), Franz von Assisi (Laudes Dei Altissimi), Ignatius von Loyola (Exerzitien), sowie dichterische Formen bei Novalis, Rilke, Celan, Etty Hillesum, und philosophische Entwürfe von Franz Rosenzweig, Martin Buber und Ferdinand Ebner.
Ebenfalls einbezogen werden zeitgenössische Lyriker:innen, die das Göttliche nicht direkt ansprechen, deren Du-Sagen aber theologisch produktiv wirkt – etwa bei Nasima Sophia Razizadeh.
Ziel ist es, neue Perspektiven auf die Funktion und Bedeutung der Gottesanrede zu eröffnen – zwischen Theologie, Poesie und Gegenwartssprache.
Gottesanrede und Gottesbild – eine Wechselwirkung
Texte und Zeugnisse der DU-Gottesanrede
Gottesanrede ohne Gott? Poetische Sprachsuche im 20. und 21. Jahrhundert
Das ‘Du’ ist zugleich Gottesbild und Gottesanrede – und stellt beides infrage. In seiner sprachlichen Gestalt und der performativen Dynamik der Begegnung entzieht es sich der Feststellung. Eben darin liegt sein theologisches Potenzial: Als Kreuzungspunkt von Bild und Anrede eröffnen die historischen wie gegenwärtigen Zeugnisse der ‚Du‘-Anrede neue Denk- und Erfahrungsräume.
MDR-Beitrag über die Chartula des Franz von Assisi und die Semiotik des Du

Mit Guido Erbrich in der Sendung “Wort am Sonntag" wurde die poetische Kraft der “Chartula” des Franz von Assisi besprochen und das zusammenhängende Projekt “Semiotics of the Franciscan Tau: Language, Visuality and Embodiment issues in Francis’ Chartula” vorgestellt, das zusammen mit Prof. Jenny Ponzo von der Universität Turin durchgeführt wird.
Aktuelle Publikationen
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T. Sojer. Only You: On Saying You to God, Studies in Spirituality, Nr. 33 (2024), S. 91-114
Ein historischer Überblick einer "Spiritualität im Sprachhandeln des Du-Sagen" mit einer linguistischen Einordnung, jüdischen Textzeugnissen, frühen franziskanischen Schriften, Novalis, Rilke und Etty Hillesum
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T. Sojer. DU – Zur Semiotik der Gottesanrede, Beitrag auf feinschwarz.net (29.7.24)
Hinführung zur Frage und Bedeutung der Gottesanrede an der Schnittstelle von Linguistik und Theologie
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T. Sojer. DU – Zur Semiotik der Gottesanrede, Beitrag in Das Magazin. Zeitschrift des Gemeindereferent:innen-Verbands Deutschland, Heft 3 (2024), S. 7-10
Erweiterte und vertiefende Fassung des feinschwarz-Beitrags mit Kritik an instrumentalisierenden Formen der Gottesanrede
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T. Sojer. Modul 23: Gott "duzen". "Nach Gott fragen" MEIN FACH - Religion Sek II - Heft 6 (2024), S. 24
Modul für den Religionsunterricht in der Sek II zu Gottesanrede und Gottesbild
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T. Sojer. I and Thou and the Tau: The Semiotics of Addressing God Directly, Church Life Journal. McGrath Institute for Church Life, University of Notre Dame, 26. 8. 2024
Hinführung zu linguisitschen Überlegungen zur Gottesanrede und historische Beispiele einer Semiotik im Gebet
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T. Sojer. Von der Zeichenhaftigkeit der Wunde(r) – 800 Jahre Stigmatisation des Franz von Assisi, Beitrag auf feinschwarz.net (17.9.24)
Über eine mittelalterliche "Semiotik" bei Franz von Assisi im Kontext der Stigmatisierung von La Verna
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T. Sojer. Vom Atem der Worte: Rilke und die Kunst des (neuen) Sehens, Beitrag auf feinschwarz.net (2.1.25)
Beitrag zum doppelten Rilke-Jubiläum (150. Geburtstag und 100. Todestag) unter anderm über die außergewöhnliche Bedeutung des "Du" im Werk Rilkes
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T. Sojer. Lichtdurchlässig. Moderne Erzählungen zu biblischen Begegnungen, Theologischer Verlag Zürich 2025 [Erzählband]
Zum 100. Geburtstag der Buber-Rosenzweig-Übersetzung und zum 60. Todestag von Martin Buber versammelt der Band literarische Annäherung an Bubers Dialogphilosophie und entfaltet das Du-Sagen als radikales Konzept der Begegnung