Meine Forschung liegt an der Schnittstelle zwischen Soziologie, Sozialpsychologie und Kriminologie mit dem Schwerpunkt auf Interaktionen, abweichendem und kollektivem Verhalten sowie der Nutzung neuerer Videodaten für die wissenschaftliche Analyse. Ich untersuche oft Prozesse der Sozialisation, speziell im Bildungskontext und kombiniere häufig Videodatenanalyse und multidisziplinäre theoretische Perspektiven mit dem Ziel, soziale Prozesse und Interaktionen besser zu verstehen.
 

Aktuelle forsche ich unter anderem in drei Forschungsfeldern:
 

Gewaltdynamiken: Soziale Prägung und situative Interaktion

In meiner Forschung zur Entstehung von physischer Gewalt untersuche ich sowohl individuelle als auch kollektive Gewalt. Ich untersuche eine Vielzahl von Faktoren, die zur Gewalt beitragen und beschäftige mich mit theoretischen Verknüpfungen und Kausalitätsannahmen in der Gewaltforschung. In meinem aktuellen Buchprojekt zu Amokläufen an Schulen konzentriere ich mich auf eine der drastischsten Formen von Jugendgewalt im Bildungskontext. Das Projekt untersucht Fragen wie: Warum entscheiden sich Täter für einen Amoklauf aus allen möglichen Handlungsoptionen? Welche Rolle spielen Interaktionen mit Peer-Gruppen, Familien, und Lehrer*innen für die Tat? Welche Rolle spielen Veränderungen im US-Bildungssystem und kulturelle Faktoren, wie die US-Waffenkultur? Und wie wirken sich situative Interaktionen während des Amoklaufs auf die Tat aus? Ich untersuche die Lebensläufe der Täter, ihre Motivationen, sowie die situative Dynamik aller bisherigen Amokläufe an US-Schulen.

In meinem Projekt zu Erschießungen von Zivilisten durch die US-Polizei untersuche ich die Rolle rassistischer Stereotype und situativer Interaktionen für Erschießungen durch die Polizei. Die Datenerhebung und -analyse für dieses Projekt führte ich während meines einjährigen Forschungsaufenthalts an der Yale University (2019&2020) durch. Der Aufenthalt wurde von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert. 

Zu meinen jüngsten Veröffentlichungen im Gebiet der schweren Gewalt an Bildungseinrichtungen gehören mein Artikel "The Interactional Pathways of Mass Killings: Toward a novel understanding of rampage school shootings” in Symbolic Interaction und mein Artikel "School Shootings - The Social Dynamics of Mental Disorder", erscheinen im Research Handbook on Society and Mental HealthWeitere kürzlich erschienene Artikel im Feld der Gewalt sind mein Artikel Two Processes of Dehumanization: an in-depth study of racial biases in real-life officer-involved shootings of black citizens." in Ethnic and Racial Studiessowie mein Artikel "Situation, Context, and Causality - On a Core Debate of Violence Research" in Violence: An International Journal.

Kollektives Verhalten und Regelbrüche

In diesem Forschungsgebiet untersuche ich, wie kollektives Verhalten abläuft und wie Gruppen Regeln brechen. Ich analysiere verschiedene Arten von niedrigschwelligen bis hin zu schwerwiegenderen Regelverstößen und untersuche, wie sich Interaktionen, emotionale Dynamiken, Interpretationen, Nutzung von Raum oder Quoren auf die Dynamik von Regelbrüchen auswirken. In einem geplanten Projekt zu diesem Thema untersuche ich derzeit mit meinen Kollegen Marcel Brass, Jens Krause und Pawel Romanczuk (alle HU Berlin) kollektive Regelbrüche aus der Perspektive der Soziologie, Neurowissenschaften, Verhaltensbiologie und theoretischen Physik. Eine aktuelle Veröffentlichung hierzu ist unser Artikel Collective rule-breaking in Trends in Cognitive Sciences. Diese mikrosoziologische Forschungsperspektive auf Regelbrüche haben wir mit William Arlidge et al. in unserem Artikel "Situational Social Influence Leading to Non-compliance with Conservation Rules“ auch auf den Naturschutz angewandt.

In meiner andauernden Forschung zu Gewalt in Protesten analysiere ich den Zusammenhang zwischen Gruppendynamiken und Eskalation. Zu aktuelle Veröffentlichungen zählen unter anderem mein Buch Situational Breakdowns: Understanding Protest Violence and Other Surprising Outcomes (Oxford University Press) sowie mein Artikel ’Whose streets? Our streets!’: Negotiations of Space and Violence in Protests (Social Problems). 

Video Data Analysis

Seit 2013 erforschen Nicolas M. Legewie (Universität Erfurt) und ich, wie die rasante Entwicklung von Video- und Kommunikationstechnologien, exponentiell zunehmendes Filmen des sozialen Lebens und das Teilen auf Online-Plattformen die Möglichkeiten für videobasierte sozialwissenschaftliche Forschung verändern. Ob durch Handyaufnahmen, sogenannte body-worn cameras oder Videos von Überwachungskameras oder Mobiltelefonen – Forschende haben Zugang zu einem ständig wachsenden Pool von Daten die zeigen, wie Ereignisse und Interaktionen im echten Leben ablaufen. Wir entwickeln einen multidisziplinären Rahmen für die systematische, transparente, ethische und sinnvolle Nutzung dieser Videos in den Sozialwissenschaften.

Aktuelle Publikationen sind unter anderem unser 2022 erschienenes Buch Video Data Analysis - How to Use 21st Century Video in the Social Sciences (SAGE Publications) und unser Special Issue zu Video Data Analysis, im Erscheinen in Sociological Methods and Research.

Auf unserer homepage (VideoDataAnalysis.com) sammeln wir relevante Informationen zu VDA, weisen auf Neuigkeiten im Feld hin, und führen eine Bibliografie empirischer und methodologischer Veröffentlichungen zu videobasierter Sozialforschung. Auf unserem VDA YouTube Kanal haben wir begonnen, Vorträge zu VDA zu sammeln.