Historische Räume

Die Forschungsbibliothek Gotha nimmt heute insgesamt ca. 4.000 Quadratmeter des Ostflügels von Schloss Friedenstein ein. Spätestens seit ihrer Gründung 1647 war die Hofbibliothek des Herzoghauses Sachsen-Gotha im Westturm des Schlosses aufgestellt und wurde nach dem Brand und Umbau des Ostturms zu Beginn des 18. Jahrhunderts in diesen umgezogen. Die Geschichte der Bibliothek war und ist eine Geschichte ihrer realen Ausdehnung auf dem Schloss und auf die dem Schloss benachbarten Areale, auch wenn sie nun mit ihren digitalen Sammlungen in den virtuellen Raum ausgreift. Zunächst auf einen Raum im Westturm und dann auf die zweite Etage im Ostturm beschränkt, folgten nach und nach weitere Etagen, so dass die Bibliothek um 1900 alle vier Etagen des Ostturms einnahm. Nach der Restitution der Bestände aus der Sowjetunion 1956 wurde die Bibliothek in der ersten und zweiten Etage des Ostturms und des gesamten Ostflügels aufgestellt. Heute nimmt sie mit den Mitarbeiterräumen sowie den öffentlich zugänglichen Bereichen die Hälfte des Erdgeschosses des Ostflügels, die größten Teile der ersten und zweiten Etage von Ostflügel und Ostturm sowie die dritte Etage des Ostturms und Teile des zum Schloss gehörenden Pagenhauses ein. Im Zuge der Sanierung des Schlosses Friedenstein soll sie in den nächsten Jahren um die noch nicht von ihr genutzten Teile des Erdgeschosses vom Ostflügel und Ostturm erweitert werden.

Bibliothekssaal

Der ursprüngliche Hohe Saal im Ostturm, von Herzog Ernst I. „Saal der Eitelkeit“ genannt, umfasste ohne Zwischendecke die zweite und dritte Etage und wurde für festliche Gelegenheiten genutzt. Zwischen den 20 Fenstern hingen hohe Gemälde der herzoglichen Familie, die der gothaische Hofmaler Michael Käseweiß und der weimarische Hofmaler Christian Richter geschaffen hatten. Später kamen vierzig Bildtafeln mit Darstellungen des Lebens Christi und der Heiden (bzw. des Antichristen) hinzu, die sich zuvor in der Schlosskirche der Wilhelmsburg zu Schmalkalden befanden und nach dem dortigen „Bildersturm“ im Jahre 1608 einige Jahre später als Geschenk an Herzog Ernst I. nach Gotha kamen. Oben am Deckenrand lief der biblische Spruch des Predigers Salomon „Es ist alles gantz eitel“ um. 1678 wurde der gesamte Turm durch einen Schwelbrand in einem der Kaminschächte zerstört, so dass die gesamte Einrichtung verloren ging.

Seit 1684 wurde der Turm wiederaufgebaut. Mit der Fertigstellung des neuen Saals in der zweiten Etage fand die Bibliothek 1703 hier ihren neuen Ort. Die Ausstattung ist schlicht gehalten. Einzig die Pfeiler und die im Raum stehenden Holzregale sind mit einer Goldrahmung versehen. Hier und in den angrenzenden drei Räumen waren die Bücher nach ihren Inhalten und nach dem von Veit Ludwig von Seckendorff in den 1650er Jahren geschaffenen Aufstellungssystem aufgestellt. Der Saal diente als Schauraum für Bibliotheksreisende sowie als Lese- und Arbeitsbereich der Bibliotheksnutzer und Bibliothekare. Heute steht hier ein Teil der historischen Zeitschriften sowie die umfangreiche Sammlung an Leichenpredigten.

Spiegelsaal

Im Spiegelsaal, der auch Bilder-Saal hieß, wurde im 17. und 18. Jahrhundert die fürstliche öffentliche Tafel abgehalten, das heißt mit Gästen wurde zu Mittag und Abend gespeist. Im 19. Jahrhundert diente der Saal auch als herzogliches Wohnzimmer, wie auf alten Fotografien zu sehen ist. Heute dient er als Veranstaltungsort der Forschungsbibliothek Gotha, wo auch die jährlichen Ausstellungen stattfinden.

Historisches Münzkabinett

Das Historische Münzkabinett wurde 1713 eingerichtet. Es ist eines der wenigen Münzkabinette in Europa, das sich aus dem frühen 18. Jahrhundert nahezu unverändert in dieser einmaligen Ausstattung erhalten hat. Ein Kupferstich in der „Gotha Numaria“ des Numismatikers Christian Sigismund Liebe (1687–1736) von 1730 belegt diese Ursprünglichkeit. 1712 hatte Herzog Friedrich II. (1676–1732) die berühmte Münzsammlung des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt (1653–1716) erworben. Sie umfasste mehr als 18.800 Münzen und Medaillen von der Antike bis in die damalige Gegenwart. Zur angemessenen Repräsentation dieser Sammlung gestaltete der italienische Freskomaler Giovanni Francesco Marchini (ca. 1672–1745) den Raum im Stile der italienischen Quadratura, die sonst in Thüringen nicht nachgewiesen ist. An den Seitenwänden stehen jeweils sieben doppeltürige Münzschränke neben Postamenten, auf denen die vergoldeten Gipsbüsten der ersten zwölf römischen Kaiser von Julius Cäsar über Nero bis hin zu Domitian stehen. Die beiden Deckenhälften sind mit vier Allegorien der damals bekannten Erdteile Europa, Afrika, Amerika und Asien ausgemalt.

Flyer

Geographiezimmer

Das prachtvolle, heute so genannte Geographiezimmer stammt mit seinem wertvollen Deckendekor und Parkett aus dem 18. Jahrhundert. Die Deckeninitialen „F“ und „LD“ für Herzog Friedrich III. (1699–1772) und seine Gemahlin Luise Dorothea (1710–1767) verweisen auf eine Nutzung als Wohn- oder Gesellschaftsraum am Hof. Das Deckengemälde ist mit zwei weiblichen Allegorien versehen. Die eine verweist mit Zirkel und Zeichnung, die den Grundriss des Schlosses Friedenstein zeigt, auf die Architektur. Die andere verweist mit Spiegel und Schlange auf die Kardinaltugend der Klugheit, wie auch das Spruchband „Virtus et Sapientia“ (Klugheit und Weisheit) belegt. Damit wird das Selbstverständnis dieses herzoglichen Ehepaars unterstrichen, das sich als Förderer der Künste und Wissenschaften verstand. Der Kronleuchter stammt aus Böhmen. Der Parkettboden besteht aus acht verschiedenen Edelhölzern. Die heutige Bezeichnung des Raumes geht auf die Teilbestände zur Geographie zurück, die hier seit der Mitte des 20. Jahrhunderts  aufgestellt sind.

Bibliotheksgalerie

In der zweiten Etage des Ostflügels führte die Bibliotheksgalerie mit lebensgroßen Gemälden den Besucher durch ein repräsentatives Bildprogramm fürstlicher Persönlichkeiten in den Bibliothekssaal im Ostturm. Von der Galerie gingen im 18. Jahrhundert die Wohn- und Gesellschaftsräume Herzog Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1745–1804) und seiner Gemahlin Charlotte von Sachsen-Meiningen (1751–1827) ab. Davon zeugt die aufwendige Gestaltung der an der Galerie liegenden Räume. So ist das gleich links liegende Zimmer – heute sind hier Bücher aus dem Bereich „Oppida“ (Städte) aufgestellt – mit einer Ahnengalerie der Meininger Herzöge und Herzoginnen versehen. Die Decke ist aufwendig gestaltet. In den Ecken sind die Taten des Herkules dargestellt. Das zentrale Deckengemälde stellt eine Ruinenlandschaft dar, gerahmt von einer Darstellung des „Symbolum Christianorum“ (Symbol der Christen). Ein weiterer Raum fasst zwei Supraporten (inzwischen als Kopien) von Jean-Antoine Houdon (1741–1828) mit den stilisierten Porträts von Herzog Friedrich III. und seinem Sohn Ernst II. Im Vergleich hierzu ist die Galerie eher schlicht gehalten und mit einem einfachen Parkettfußboden versehen. Im Zuge der Rückführung der als Kriegsbeute des Zweiten Weltkriegs in die Sowjetunion verbrachten Bücher im Jahr 1956 wurde die Galerie mit Bücherregalen ausgestattet, die heute die Literatur zur Geschichte bewahren.