| Willy Brandt School of Public Policy, Conflict Studies and Management

Brandt School veranstaltet Dialog zu Friedensbildung und der Prävention gewaltsamer Konflikte

Am 12. Juni 2025 begrüßte die Willy Brandt School of Public Policy Studierende und Gäste zu einer spannenden Diskussion über Friedensbildung und die Verhinderung gewaltsamer Konflikte. Die Veranstaltung fand im Rahmen einer offenen Vorlesungsreihe unter der Leitung von Dr. Alejandra del Pilar Ortiz-Ayala statt und brachte Fachleute aus dem Bereich zusammen. Zwei sich ergänzende Perspektiven standen im Mittelpunkt: Prof. Dr. Markus Schultze-Kraft, Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, und Tessa Schindler, Projektmitarbeiterin der Berghof Foundation. Ihre Beiträge regten dazu an, über die Rolle von Erinnerung, Bildung und digitaler Resilienz in Konflikt- und Nachkriegsgesellschaften – von Kolumbien bis Deutschland – nachzudenken.

Frieden neu denken in einer polarisierten Welt
Der Begriff „Frieden“ wirkt heute oft naiv – dabei ist Friedensbildung in einer Welt voller Konflikte keineswegs idealistisch, sondern notwendig. Ob geopolitische Spannungen zwischen den USA und China, der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder der Nahostkonflikt: Friedenserziehung ist relevanter denn je. Auch in Europa zeigen der Aufstieg rechtsextremer Narrative und Verschwörungstheorien, wie gefährlich Desinformation für selbst stabile Demokratien sein kann. Für die Studierenden der Brandt School bedeutet Friedensbildung nicht nur Konfliktlösung, sondern auch das Verstehen der Ursachen gesellschaftlicher Spaltung – und der konstruktive Umgang mit komplexen Realitäten anstelle vereinfachter Weltsichten.

Kolumbien und Deutschland: Zwei Wege, eine Herausforderung
Die Veranstaltung bot eine eindrucksvolle vergleichende Perspektive. Prof. Dr. Schultze-Kraft stützte sich auf seine langjährige Forschung in Kolumbien und zeigte, wie wichtig die Auseinandersetzung mit historischer Erinnerung für Friedensbildung ist. Seine Feldforschung – unter anderem mit kolumbianischen Sicherheitsinstitutionen – legt nahe, dass das Anerkennen unterschiedlicher Perspektiven, auch der Opfer und der „anderen Seite“, Gemeinschaften helfen kann, Wege aus der Gewalt zu finden.

Im Kontrast dazu widmete sich Tessa Schindler der aktuellen Herausforderung in Deutschland: digitaler Desinformation. Sie stellte das Projekt #vrschwrng der Berghof Foundation vor – ein interaktives Toolkit, das Jugendlichen hilft, kritisch mit Verschwörungstheorien umzugehen. In über 130 Workshops wurden bereits mehr als 3.000 junge Menschen erreicht, inzwischen sind auch Eltern und Lehrkräfte einbezogen. Die Botschaft: Eine digitale Friedenskultur entsteht, wenn junge Menschen befähigt werden, Hassrede, Falschinformationen und soziale Spaltung zu erkennen und zu bekämpfen.

Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte waren sich beide Redner:innen einig: Bildung ist ein zentrales Instrument für nachhaltigen Frieden – sei es im Umgang mit internen Konflikten, viralen Unwahrheiten oder dem Erstarken populistischer Bewegungen. Schulen und Hochschulen können Räume des Dialogs, der Heilung und der Transformation sein.

Erinnerung, Dialog und die Rolle der Jugend
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage, wessen Erinnerung überhaupt bewahrt wird – die des Staates oder die der Betroffenen? Prof. Schultze-Kraft betonte, dass historische Aufarbeitung nicht dominante Narrative festigen, sondern Betroffene stärken und vielfältige Erfahrungen sichtbar machen sollte. So lernen Studierende, persönliche Erinnerungen mit gesellschaftlichem Wandel zu verknüpfen – ein Ansatz, der auch in der neuen UN-Friedensagenda und den Zielen für nachhaltige Entwicklung verankert ist.

Tessa Schindler hob zudem die Bedeutung der digitalen Teilhabe junger Menschen hervor. Sie stellte das Konzept der „Friedensschule“ vor – ein Label, das Schulen in Deutschland erhalten können, wenn sie sich aktiv mit Friedensbildung auseinandersetzen. Nicht nur Anti-Mobbing oder Inklusion, sondern eine explizite Haltung für den Frieden. Dieses Konzept stieß im Publikum auf großes Interesse – viele waren sich einig, dass Friedensarbeit früh beginnen und auch den digitalen Raum umfassen muss.

Abschließendes Fazit
Besonders eindrücklich war die gemeinsame Erkenntnis: Desinformation ist längst kein Randthema mehr – sie beeinflusst Meinung und Politik massiv. In Krisenzeiten verbreiten sich Falschinformationen schneller als Fakten, erschweren Konsens und schüren Angst. Friedensarbeit im 21. Jahrhundert muss deshalb faktenbasiert, vielfältig und widerstandsfähig sein.

Die Brandt School dankt beiden Redner:innen herzlich und hofft, dass dieser Dialog zu weiterem Engagement über Kulturen, Fachrichtungen und Grenzen hinweg inspiriert. In einer zunehmend zersplitterten Welt sind solche Räume wichtiger denn je für die nächste Generation politischer Entscheidungsträger:innen.

Leiterin Konfliktstudien und -management
(Willy Brandt School of Public Policy)

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