Vetus Latina - die Alte Lateinische Version der Bibel

URSPRÜNGE UND FRÜHGESCHICHTE DER LATEINISCHEN BIBEL

Thomas Johann Bauer ist wissenschaftlicher Leiter des Vetus Latina-Instituts Beuron und verantwortlich für die Beuroner Vetus Latina, die vollständigste Edition der Überreste und Zeugnisse der ältesten lateinischen Bibelübersetzung(en).

Vetus Latina (Versio) oder Altlatein (Version) ist die Sammelbezeichnung für alle von der Vulgata abweichenden Formen des lateinischen Bibeltextes, die vor Hieronymus entstanden sind. Nachdem die Vulgata im 8. Jahrhundert endgültig zum allgemeinen Text der lateinischen Bibel geworden war, gab es kein Interesse mehr an der Vetus Latina. So sind nur wenige Handschriften vorhanden, die Teile der Vetus Latina (4. bis 13. Jahrhundert) bewahren. Viele der Handschriften sind Fragmente, einige Palimpseste. Der Text der Vetus Latina ist auch in Form von Bibelzitaten in den Schriften der lateinischen Väter und anderer antiker christlicher Autoren erhalten. Weitere Spuren der Vetus Latina finden sich in den liturgischen Traditionen der lateinischen Kirche.

Die Vetus Latina in ihren verschiedenen Formen (nicht die Vulgata) stellt die Bibel der lateinischen Väter und der antiken christlichen Schriftsteller dar und ist daher ein wichtiges Instrument für das Studium und die Edition ihrer Schriften sowie für die Forschung zur Geschichte der christlichen Theologie. Da die Vetus Latina bis zum frühen Mittelalter der am meisten gelesene und studierte lateinische Bibeltext war, hatte sie einen bedeutenden Einfluss auf die Kulturgeschichte der westlichen Welt, einschließlich ihrer Volkssprachen.

FORSCHUNG ÜBER DIE ALTE LATEINISCHE VERSION DER BIBEL

Die Wiederentdeckung der Vetus Latina begann im 16. Jahrhundert. Die ersten Versuche, die Überreste der Vetus Latina zu sammeln und zu veröffentlichen, waren jedoch unzureichend, bis Pierre Sabatier, ein Benediktiner der französischen Kongregation von St. Maur, die drei Bände seiner sorgfältigen und gründlichen Ausgabe (1739-1749) veröffentlichte. Die Entdeckung neuer Manuskripte und weitere Forschungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeigten, dass eine neue, vollständigere Ausgabe notwendig war. Josef Denk, ein römisch-katholischer Priester in München, versäumte es, zu Beginn des 20. Seine Materialien wurden an die Benediktinerabtei Beuron übergeben. Dort wurde 1945 ein Institut zur Erforschung der Vetus Latina gegründet, und Pater Bonifatius Fischer OSB legte die Grundsätze einer Edition fest, die alle erhaltenen Zeugnisse enthalten und die verschiedenen Formen und die Entwicklung des Textes der Vetus Latina darstellen soll. Die Beuroner Ausgabe umfasst derzeit etwa die Hälfte der Bücher der Bibel.

Publikationen

Neuere Bände der Beuroner Ausgabe der Vetus Latina

VETUS LATINA. Die Reste der alten lateinischen Bibel nach Petrus Sabatier neu gesammelt und herausgegeben von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von Thomas Johann Bauer, Herder: Freiburg im Breisgau.

Band 6/2. Esra I, hrsg. von Bonifatia Gesche (vollständig, 4 Faszikel, 2008-2016).

Band 7/2. Judith, hrsg. von Pierre-Maurice Bogaert und Jean-Claude Haelewyck (vollständig, 7 Faszikel, 2001-2002).

Band 11/2. Sirach (Ecclesiasticus). Pars altera, hrsg. von Anthony J. Forte (in Arbeit, 2 Faszikel, 2014, 2021).

Band 14/1. Danihel, hrsg. von Jean-Claude Haelewyck (vollständig, 6 Faszikel, 2021-2022).

Band 17. Evangelium secundum Marcum, hrsg. von Jean-Claude Haelewyck (vollständig, 10 Faszikel, 2013-2018).

Neuere Bände der Reihe "Aus der Geschichte der lateinischen Bibel"

Traditio et Translatio. Studien zur lateinischen Bibel zu Ehren von Roger Gryson, ed. by Thomas Johann Bauer (Aus der Geschichte der Lateinischen Bibel 40), Herder: Freiburg im Breisgau 2016.

John Liam de Paor, The Earliest Irish Glosses on the Pauline Epistles. An Edition of the Text and Glosses of Vulgate Manuscript E, as found in Cambridge B. 10. 5 (Aus der Geschichte der Lateinischen Bibel 41), Herder: Freiburg im Breisgau 2016.

Weitere Informationen und Lektüre

Informationen zur neueren Forschung am älteren lateinischen Bibeltext und zu seiner Edition finden sich im "Arbeitsbericht" der Stiftung Vetus Latina und des Vetus Latina-Instituts in Beuron.

Ein kurzer Beitrag von Thomas Johann Bauer über die Geschichte des Vetus Latina-Instituts und die moderne Forschung zur lateinischen Bibel ist im Blog "Theologie aktuell" der Katholisch-Theologischen Fakultät zu lesen. Wenn Sie mehr erfahren wollen, folgen Sie einfach dem Link 
 

Mehr über die altlateinische Version der Bibel und das Vetus Latina-Institut erfahren Sie auf der Webseite des Instituts
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