Forschung

Wort Forschung

Meine Forschungsschwerpunkte liegen zum einen im Bereich der „New Political Economy“ und der Neuen Institutionenökonomik, insbesondere in den Effekten der nationalen institutionellen Rahmenbedingungen auf wirtschaftliche Entwicklung sowie auf Einkommensungleichheit und physische Lebensqualität im internationalen Vergleich.

Daneben beschäftige ich mich mit international vergleichenden Selbstmordstudien in der Tradition Emile Durkheims: Dabei geht darum, anomisches Potential bzw. anomische Spannungen zwischen Integrations- und Regulationskapazitäten in verschiedenen Gesellschaften empirisch exakt zu erfassen und auf die Selbstmordraten im Länder- und Zeitvergleich zu beziehen, eine besondere Herausforderung liegt dabei auch in der Operationalisierung der abhängigen Variable der Selbstmordraten.

Von mir untersuchte militärsoziologische Fragestellungen beinhalten in Anlehnung an die Arbeiten Max Webers die Frage, ob und wie die Art der militärischen Organisation einer Gesellschaft einen Einfluss auf die Einkommensverteilung hat und wie man Rüstungswettläufe während und nach dem Kalten Krieg soziologisch erklären und empirisch erfassen kann.

Eine weiterer Forschungsschwerpunkt besteht in der Erklärung abweichenden bzw. kriminellen Handelns. Sind kriminelle Handlungen das Ergebnis eines rationalen Entscheidungsprozesses oder können sie besser durch die (fehlende) Internalisierung sozialer Konformitätsnormen erklärt werden? In meinen Arbeiten verfolge ich beide Ansätze im Hinblick auf Alltagskriminalität, wie Korruption, Versicherungsbetrug, Ladendiebstahl, Schwarzfahren, Unfallflucht und Steuerbetrug und versuche sie in einem konsistenten Handlungsmodell zusammenzuführen. Als Datenbasis dienen umfangreiche, selbst durchgeführte postalische Befragungen in Deutschland und der Schweiz.

In einem laufenden Forschungsprojekt untersuche ich zusammen mit Kooperationspartnern aus dem In- und Ausland wie verbreitet der Gebrauch von (legalen und illegalen) Medikamenten zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit unter Studierenden und Lehrenden an (deutschen) Universitäten ist. Neben der angestrebten empirischen Aufhellung des Dunkelfeldes gehen wir der Frage nach, wie man die Entscheidung zur Einnahme dieser Präparate auch im Hinblick auf die ethische Dimension des Phänomens erklären kann.

Angesichts des zu beobachtenden demographischen Wandels (sinkende Fertilitätsraten und steigende Lebenserwartung) in Deutschland und weiteren (post-)industriellen Gesellschaften geraten die Sozialsysteme unter Anpassungsdruck. Als Folge werden verschiedene sozialpolitischen Reformen diskutiert. In einem Forschungsprojekt soll nun untersucht werden, wie die Akzeptanz bzw. die Ablehnung bestimmter Maßnahmen in der Bevölkerung erklärt werden kann. Dabei gehen wir davon aus, dass die Akzeptanz zum einen durch internalisierte Wertvorstellungen hinsichtlich der Institutionen Sozialstaat und Familie, zum anderen durch individuelle Kosten-Nutzen-Erwartungen der Maßnahmen sowie durch eine Interaktion beider Prädiktoren erklärt werden kann.

Theorieansatz

Ich verfolge prinzipiell den klassischen Rational Choice Ansatz der Mikroökonomie. Dieser geht davon aus, dass Menschen individuelle und hierarchisch angeordnete Präferenzen im Hinblick auf physisches Wohlbefinden und soziale Anerkennung aufweisen und versuchen, diese Präferenzen und Ziele gegeben der individuellen Möglichkeiten und Restriktionen zu realisieren. Dazu evaluieren sie im Angesicht der konkreten Entscheidungssituation, welche Handlungsalternativen ihnen zur Verfügung stehen. Jede dieser Alternativen ist mit bestimmten Nutzen, Kosten und deren Eintretenswahrscheinlichkeiten verbunden, die von den Akteuren geschätzt werden. Akteure wählen schließlich diejenige Alternative, von der sie den höchsten (Netto-)Nutzen erwarten. Weil Akteure nicht atomistisch agieren, sondern stets in mannigfaltige soziale Kontexte eingebunden sind, weisen bestimmte Gruppen von Akteuren recht ähnliche Einschätzungen von Kosten, Nutzen und Wahrscheinlichkeiten auf und diese soziale Eingebundenheit hat auch einen basalen Einfluss darauf, wie Akteure ihre Umwelt interpretieren. Gerade diese „soziale Konstruktion der Wirklichkeit“ äußert sich in sozial definierten Symbolen und Codes, die einer komplexen Situation erst einen Sinn verleihen, sie vorstrukturieren und damit für den Einzelnen erst verstehbar machen. Somit bildet die soziale Situation einen Handlungsrahmen. Besonders mächtige Symbole sind soziale Normen und Institutionen (also Bündel von sanktionsbekräftigten Handlungserwartungen). Diese „normative Konstruktion der Gesellschaft“ sorgt dafür, dass bei einem hinreichenden Grad der Norminternalisierung bestimmte Handlungsalternativen von vorne herein aus diesem Rahmen fallen und andere nahe gelegt werden. Eine vollständige Deliberation findet nur statt, wenn entweder kein Rahmen ersichtlich ist oder durch weitere situative Merkmale neutralisiert wird. So werden die Ansätze der rationalen Wahl mit normativ-kulturalistischen Ansätzen verbunden und daraus eine kohärente Entscheidungsheuristik gebildet, das Model of Frame Selection.

Methoden und Methodenverständnis

Sozialwissenschaft ist eine Erfahrungswissenschaft, das bedeutet, dass aus Metatheorie abgeleitete Aussagen und Hypothesen (Theorien mittlerer Reichweite) auch stets empirisch getestet werden müssen. Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt besteht somit darin, Schritt für Schritt empirisch falsifizierte Theorien mittlerer Reichweite zu eliminieren.

Ein solches Vorgehen bedeutet verlangt, dass bereits während der Theoriebildung und des theoretischen Arbeitens die spätere obligatorische empirische Überprüfung im Blick gehalten werden muss – insbesondere bedeutet dies, Kausalbeziehungen innerhalb der Theorie klar zu benennen und die Variablen für die spätere Operationalisierung präzise zu definieren.

In meinen eigenen Arbeiten versuche ich diesem Idealbild zu folgen und jede theoretisch begründete Aussage, Hypothese und Erwartung an der realen Welt zu testen. Dabei soll gelten, dass jeweils die angemessene und sparsame Methode zur Überprüfung der Aussagen genutzt wird (Ockham´s Blade).

Angesichts dessen ist es mein Ziel, die quantitativen Methoden der Sozialwissenschaften anwendungsbezogen zu lehren, d. h. immer im Hinblick auf relevante Fragestellungen der Sozialwissenschaften auf der Mikro und Makroebene. Dazu gehört auch eine gründliche Ausbildung in Methodologie, wie dem kritischen Rationalismus. Der Statistik kommt dabei eine besondere Stellung zu – die Studierenden sollen in die Lage versetzt werden, Stochastik und Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht nur intuitiv zu durchdringen, sondern im Rahmen der Stichprobentheorie anzuwenden. Basale statistische Verfahren, wie Zentral- und Streuungsmaße, Kreuztabellen und Korrelations- sowie Regressionsanalyse stehen im Mittelpunkt meiner Vorlesung „Einführung in die Statistik“. In der Vorlesung „Einführung in die Methoden“ sollen neben der bereits oben erwähnten Methodologie und der Stochastik auch die gebräuchlichsten Methoden der Stichprobenziehung und der Datenerhebung diskutiert werden, wie etwa die postalische Befragung und der Umgang mit Sekundärdaten (Individual- und Aggregatdaten).