Tagungen & Workshops

Das Nachleben der Aufklärung – Kontinuitäten und Netzwerke zwischen dem späten 18. und dem frühen 19. Jahrhundert

Männer sitzen in einem dunklen Raum mit einer zentralen Lampe an einem Tisch und lesen
Johann Peter Hasenclever: Das Lesekabinett, 1843, gemeinfrei.

Datum: 26.03.2026 - 27.03.2026
Ort: Forschungszentrum Gotha
Organisation:  Martin Mulsow, Forschungszentrum Gotha / Universität Erfurt; Isabel Heide, Universität Erfurt (Forschungszentrum Gotha)

Die Zeit zwischen 1770 und 1820 markiert eine Phase tiefgreifender gesellschaftlicher, politischer und intellektueller Umbrüche: Der Übergang vom ständisch geprägten Ancien Régime zur bürgerlichen Gesellschaft, vom absolutistischen Staat zum Frühliberalismus, aber auch von aufklärerischem Rationalismus zu romantischer Sinnsuche machte diese „Sattelzeit“ (Reinhart Koselleck) zu einem Scharnier der Moderne. Gleichzeitig wird in der Forschung zunehmend deutlich, dass diese Umbruchzeit nicht nur von Brüchen, sondern ebenso von langen Kontinuitäten und vielschichtigen Übergängen geprägt war.

Gerade im Bereich der spätaufklärerischen Netzwerke, Institutionen und Ideen lässt sich ein Weiterwirken über die Zäsur der Französischen Revolution von 1789 hinaus erkennen. Biographische Entwicklungen zeigen, wie Akteure der Aufklärung auf neue politische Realitäten reagierten – sei es durch Rückzug, Neuorientierung oder durch die Weiterführung aufklärerischer Praxis in veränderter Form. Auch die Transformationsprozesse von Geheimbünden zu politischen Vereinen, von informellen Salons zu organisierten Gesellschaften oder von religiös-philosophischen Zirkeln zu redaktionellen und publizistischen Plattformen werfen neue Fragen auf.

Ziel der Tagung ist es, diese Übergänge aus interdisziplinärer Perspektive zu untersuchen. Wir interessieren uns für biographische Verläufe, institutionelle Umgestaltungen, ideelle Wandlungen und Netzwerkdynamiken, die das Nachleben der Aufklärung zwischen dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert bestimmten.

Eingeladen sind Beiträge, die neue Perspektiven auf die Aufklärung und ihre Fortwirkungen eröffnen, methodisch innovativ arbeiten oder bisher wenig beachtete Akteure, Räume und Formate in den Blick nehmen.

Kontakt:

Isabel Heide

Tagungsprogramm

26. März 2026

10–10.15 Uhr Einführung

I Wissenskulturen, Netzwerke und institutionelle Transformationen

10.15–11.00 Uhr Prof. Dr. Martin Mulsow (Gotha/Erfurt): Naturwissenschaftliche Netzwerke als Hintergrund der Radikalaufklärung? Christian Ernst Wünsch, die Illuminaten und das 19. Jahrhundert

11.00–11.45 Uhr Prof. Dr. Hiram Kümper (Mannheim): Von der Akademie zum Press-Verein: das Nachleben aufklärerischer Milieus in der Kurpfalz (1770–1830)

11.45–12.30 Uhr Dr. habil. András Forgó (Pécs): Blütezeit und Niedergang? Ungarische Piaristen vor und nach der französischen Revolution

12.30–14.00 Uhr Mittagspause

14.00–14.45 Uhr Karolina Belina, M. A. (Tübingen): Aus aufgeklärter Jugend – aufklärerische Staatsmänner? Beamte des Herzogtums Warschau

14.45–15.30 Uhr Robert Proske, M. A. (Jena): Gewaltbereite Geheimgesellschaften der deutschen Nationalbewegung im Kontinuum der Gegenaufklärung. 1780–1830

15.30–16.00 Uhr Kaffeepause

II Aufklärung, Religion und intellektueller Wandel

16.00–16.45 Uhr Dr. Markus Meumann (Gotha/Erfurt): Das personifizierte Nachleben der Aufklärung: Adam Weishaupts ‚zweites Leben‘ in Gotha, 1787–1830

16.45–17.30 Uhr Isabel Heide, M. A. (Halle): Von der Zürcher Aufklärung zur Wiener Zensur: Johann Michael Armbruster und sein Verhältnis zum Illuminatenorden

17.30–18.15 Uhr Prof. Dr. Wolfgang Burgdorf (München): Ein Geheimbund gegen Geheimbünde. Der Anti-Illuminaten-Orden des Johann Ludwig Klüber

 27. März 2026

9.00–9.45 Uhr Prof. Dr. Arne Klawitter (Tokio): Vom Freigeist zum gläubigen Christen. Der Gesinnungswandel des Diplomaten, Philosophen und Orientalisten Heinrich Friedrich Diez (1751–1817)

9.45–10.30 Uhr Dr. Diethard Sawicki (Halle): „Juden, Heiden, Türken können nicht Maurer sein“ – Christliche Freimaurerei und Erweckungsbewegung im frühen 19. Jahrhundert

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

III Öffentlichkeit, Geschlecht und Publizistik

11.00–11.45 Uhr Prof. Dr. Theo Jung (Halle): Die Debatte im Salon: André Morellet und die Politisierung der Geselligkeit im postrevolutionären Paris

11.45–12.30 Uhr Dr. Adelheid Müller (Berlin): Aufklärerisches Orientierungswissen in enzyklopädischer Form – Elisa von der Reckes ›Gedankenbuch‹

12.30–14.00 Uhr Mittagspause

14.00–14.45 Uhr PD Dr. Tobias Winnerling (Düsseldorf): Unbeirrtes Sich-Fortschreiben? Das Weiterleben der Gelehrtenlexika

14.45–15.30 Uhr PD Dr. Demian Berger (Zürich): Zur Rolle polemischer Verfahren in der literarischen Öffentlichkeit zwischen Aufklärung und Moderne um 1815