GK Mediale Historiographien

Graduiertenkolleg (2005-2013)

an den Universitäten Erfurt, Jenaund Weimar
gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Zusammenfassung

Das Verhältnis von Geschichte und Medien wurde in den letzten Jahrzehnten aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Denn einerseits hat die aktuelle Berichterstattung immer wieder Debatten ausgelöst, die um die mediale Inszenierung historischer Ereignisse kreisen. Andererseits hat sich in neueren Theorien der Medien wie der Geschichtsschreibung die Frage gestellt, wie unterschiedliche Medien die Kodierung historischer Situationen und Prozesse bestimmen. In all diesen Fällen und Problemlagen geht es nicht nur um eine wechselseitige Abhängigkeit von Ereignis- und Symbolstruktur, sondern noch grundlegender um die Reichweite jener medialen Bedingungen, die über die Gestalt dessen entscheiden, was als ‚Geschichte‘ wahrgenommen und erfahren werden kann.
Das Graduiertenkolleg Mediale Historiographien nimmt Diskussionen dieser Art zum Anlass und verfolgt eine Problemstellung, in der sich die Frage nach einer ‚Geschichte der Medien‘ mit der Frage nach den ‚Medien der Geschichtsschreibung‘ verschränkt. Ein historischer Ausgangspunkt wird zum einen in jenen Medienumbrüchen erkannt, mit denen sich seit dem 19. Jahrhundert eine Schrift- und Buchkultur um weitere Massenmedien, neue technische Kommunikationsmedien und Bildmedien ergänzt hat; zum anderen in der Entstehung moderner Geschichtsbegriffe, die sich seit Ende des 18. Jahrhunderts um die problematische Spannung zwischen Ereignis und Prozess ausgeprägt haben.
Die Verschränkung von Medien und Geschichte lässt sich dabei – im Zeitraum von 1800 bis zur Gegenwart – auf unterschiedlichen Ebenen thematisieren. Während man in den Massenmedien Selektionsbedingungen für die Relevanz von Ereignissen erkennen kann, liefern unterschiedliche Darstellungsmedien (Text- und Bildmedien, analoge und digitale Medien) je verschiedene Repräsentationsweisen von historischen Zusammenhängen, Brüchen und Umwälzungen. Und während Kommunikationsmedien (von der Telegraphie bis zum Internet) eine eigene Qualität historischer Daten produzieren, wird die Geschichtsschreibung selbst auf jene medialen Infrastrukturen verwiesen, die mit Archiven und Bibliotheken, Sammlungen und Museen bestimmte Speichertechniken zur Verfügung stellen. Mit diesen Fragen geht es nicht nur darum, die Rolle von Medien bei der Formation historischen Wissens zu verfolgen. Es werden vielmehr Aufschlüsse über die Wirksamkeit von Medien in verschiedenen Kulturen erwartet, die nicht zuletzt in die Frage nach der Möglichkeit von Mediengeschichte selbst münden: in die Frage nämlich, wie Medien und Medientechniken ihre je eigene Geschichtsschreibung bestimmen.

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