Dr. des. Grigori Khislavski

Biographisches

Akademischer Werdegang

  • Wintersemester 2003/04 bis Sommersemester 2010: Studium der Geschichte, der Slavischen Philologie sowie zeitweise der Politikwissenschaft, der Kognitiven Linguistik und der Klassischen Philologie an der Goethe-Universität/Frankfurt am Main.
  • Juni 2007: Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes.
  • Wintersemester 2010/11: 1. Staatsexamen (L3, Gymnasiallehramt) in den Fächern Geschichte und Russisch.
  • Wintersemester 2010/11 bis Sommersemester 2013: Doktorand am Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
  • April 2011 bis April 2015: Promotionsförderung durch das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES).
  • Sommersemester 2013 bis Sommersemester 2019: Doktorand am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, FU Berlin.
  • Wintersemester 2023/24 bis Wintersemester 2024/25: Doktorand an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt.
  • 15.01.2025: Promotion im Fach Geschichtswissenschaft mit dem Prädikat Summa cum laude (Note: 0).

Beruflicher Werdegang

  • Dezember 2015 bis September 2018: Lehrer für ganzheitliche Nachhilfe.
  • Dezember 2018 bis August 2019: Lehrer an der Lauterbornschule in Offenbach am Main (Grundschullehrer).
  • Februar 2021 bis Oktober 2022: Gymnasiallehrer an der Karl Popper Schule, Privates Gymnasium in Frankfurt am Main (Unterrichtsfächer: Geschichte, WPU „historische Anthropologie“, Deutsch, Gesellschaftslehre); Begabtenförderung; Arbeit mit hochbegabten Schülerinnen und Schülern (einschließlich Autismus-Spektrum-Störung und PDA).
  • November 2022 bis Juli 2023: Lehrer an der Kooperativen Gesamtschule Niederrad in Frankfurt am Main (Unterrichtsfächer: Geschichte, Deutsch, Latein, Gesellschaftslehre).
  • Juli 2023 bis Januar 2024: wissenschaftlicher Mitarbeiter am Tikvah Institut gUG in Frankfurt am Main und Berlin (Feldforschung https://tikvahinstitut.de/studie-de/ (kontrolliert am 31.01.2025).

Forschungsschwerpunkte

Geschichtstheorie und Geschichtsdidaktik

Applied History

Kirchengeschichte

Geschichte Russlands und Osteuropas

Geschichte Lateineuropas in der Vormoderne

Byzanzforschung

Antisemitismusforschung

Forschungsprojekt

Abgeschlossene Dissertation: Historische Semiotik als textwissenschaftliches Erkenntnisinstrumentarium der (anthropozentrischen) Geschichtswissenschaft

Die vorliegende Arbeit hat ihren Platz in der anthropologischen bzw. »anthropozentrischen« Geschichtswissenschaft. Ihr Beitrag besteht darin, diese einst ausgesprochene, jedoch nicht ausgearbeitete und nicht theoretisch untermauerte Forschungsrichtung mit einem wissenschaftlichen Erkenntnisinstrumentarium in Gestalt der Historischen Semiotik auszustatten. Das Attribut anthropozentrisch bezieht sich in diesem Fall auf das primäre Forschungsziel der Geschichtswissenschaft in der Lesart der ersten Generation der Annales-Bewegung, welches in der Erforschung des „Menschen in der Zeit“ (Marc Bloch) bestehen soll. Dieses Ziel kann aus historisch-semiotischer Sicht erreicht werden, wenn Geschichte als eine Textwissenschaft konzeptualisiert wird, sodass die Erforschung „des Menschen in der Zeit“ auf der informationellen Basis von Texten, i.e. von Sprache erfolgt.

In der Historischen Semiotik wird sämtliches Tun des Erkenntnissubjekts, das Texte dekodiert, die in anderen Epochen produziert worden sind, um die Erforschung des „Zeichens“ organisiert. Hierbei wird der Begriff „Zeichen“ terminologisch und wissenschaftstheoretisch zunächst aus der Semiotik übernommen. Da historische Zeichen im Vergleich zu herkömmlichen sprachlichen Zeichen eine andere informationelle Qualität haben, müssen sie für die historisch-semiotische Theoriebildung eigens modelliert werden. Daran schließt sich die Entwicklung von historisch-semiotischen Grundbegriffen an (Information, Kommunikation, Text, Kode). Dabei wird die Dekodierung und Deutung von historischen Zeichen als eine Semiose aufgefasst, im Zuge derer unterschiedliche Informationsfilter (IF) passiert werden müssen:

Angewandt wurde die Historische Semiotik im Bereich der interdisziplinären Antisemitismusforschung. Die empirische Basis umfasste auf der makrohistorischen Betrachtungsebene mehr als 200 Texte aus dem lateinischen, griechischen, altkirchenslavischen und frühneuhochdeutschen Sprach- und Kulturraum, die zwischen 100 n.d.Z. und 1550 entstanden sind. Mikrohistorisch wurde die Polemik zwischen Rom und Konstantinopel, die um 1050 einsetzt, insbesondere hinsichtlich des Judaisierungsvorwurfs fokussiert.

Der Nutzwert der Historischen Semiotik für die Antisemitismusforschung besteht in der Präzisierung der historischen Dimension der Singularität der Judenfeindschaft. So wurde entgegen den Annahmen der Longitudinal-Untersuchungen zum Verbal-Antisemitismus von Monika Schwarz-Friesel nachgewiesen, dass Judenfeindschaft der Vormoderne kein unikales Vorurteilssystem bildete. Vielmehr galten ihre Charakteristika gleichermaßen für „Häretiker“, „Heiden“ und „falsche Christen“.

Aus historisch-semiotischer Sicht stellten Juden entgegen der Grundhypothese des Modells des „konzeptuellen Antisemitismus“ (Monika Schwarz-Friesel) keine absolute, sondern eine relative Kategorie im mentalen Repräsentationssystem der vormodernen Textproduzenten dar. So wird nachgewiesen, dass Judei ein stabiles Element innerhalb des Frames „corpus diaboli“ bildeten.

Bearbeiter: Dr. des. Grigori Khislavski

Veröffentlichungen

Publikationen in Fachzeitschriften (Double blind peer review)

Khislavski, G. (2021). Das ‚Schisma von 1054‘ als mikro- und makrohistorisches Ereignis. Überlegungen zu einem theologisch-kirchenpolitischen Erklärungsmodell. Millennium, 18, 405-481. 

Khislavski, G. (2022). Weaponizing History. Russia`s War in Ukraine an the Role of Historical Narratives. Journal of Applied History, 4, 102-125.

Khislavski, G. (2023). Russische Kriegssemantik zwischen GULAG-Trauma und Antiamerikanismus. Soziale Systeme 28 (2), 373-404.

Khislavski, G. (2024). Antisemitische Verschwörungserzählungen im Kontext der AfD und ihre Diskursvoraussetzungen. LIMBUS. Australisches Jahrbuch für germanistische Literatur- und Kulturwissenschaft 17, 141-162.

Publikationen in Nachschlagewerken (Blind peer review)

Khislavski, G. (2025). Russian Fascism. The Handbook Ideologies in National Socialism. Vol. III: History of Ideas (eingereicht).

Publikationen in Sammelbänden

Khislavski, G. (2024). Begriffe als Organisations- und Abgrenzungsmechanismen im Wissenschaftssystem. Eine Problemstellung am Beispiel der Geschichtswissenschaft. Ordnungssysteme. Auswählen, Werten, Sortieren, von Engelberg-Dočkal, E./Herold, S. (eds.). Siegen 2024, 19-22.

Preprint (13 Reviews)

Khislavski, G. (2023). Historical Semiotics. Qeios, April 25, 2023. DOI 10.32388/IXBMAN.

Vorträge

2025

27. März: Historical Semiotics and the Control of Hermeneutic Approach, European Social Science History Conference, 26 - 29 March 2025, Leiden University (zugesagt).

17. Februar: Russischer Faschismus? Eine epistemologisch orientierte Anfrage, Zweites Akademisches Kolloquium, Bischöfliche Akademie des Bistums Aachen.

11. Januar: Apocalyptic Thinking as State Doctrine. Russia's self-(re)invention as a desecularized world power and guardian of Orthodoxy, Ecclesiastical History Society Winter Meeting 2025: The Church and the Military – CONFERENCE (online).

2024

5. Dezember: Premises and conditions of Anti-Semitic conspiracy narratives of the AfD (Alternative for Germany), The 25th International Conference on the History of Concepts - Political Ideologies: Tracing the History of Concepts and Languages in a Global Context, December 5th-7th 2024, Bundesuniversität Rio de Janeiro.

11. Oktober: Informationelle Grundlagen einer (selbst-)reflexiven Hermeneutik. Nachdenken über eine historische Semiotik, Die Bedeutung von Modellen in den Sprach- und Literaturwissenschaften. Kontinuitäten – Brüche – Innovationen (Workshop in Heidelberg, 10. und 11. Oktober 2024), Universität Heidelberg.

8. Oktober: The attribution of “Jewish thinking” as an element of the anti-Latin polemics by Byzantine churchmen, The Power of Asymmetry or the Struggle for Truth – Invective Practices in Premodern Europe, International Conference in Prague, 7th-9th October 2024, Tschechische Akademie der Wissenschaften. 

25. September: Historical Sign and Historical Semiotics, 17th International Congress of the German Society for Semiotics, September 24-28, 2024, RPTU Kaiserslautern Landau, Campus Landau.

2. Juli: Wozu Historische Semiotik? Überlegungen zu einer mediävistisch geprägten Geschichtsepistemologie, Forschungskolloquium Wissenschaftsgeschichte in Kooperation mit dem Kolloquium zur Mittelalterlichen Geschichte, Universität Erfurt, Historisches Seminar.

15. Mai: “Judenherz” and “Judengehirn”. Anti-Semitic Vocabulary of the Early New High German Period, Thirteenth Annual REFORC Conference on Early Modern Christianity, Universität Palermo, 14. - 16. Mai 2024.

25. April 2024: Judei und Corpus diaboli. Eine mediävistische Anfrage an die Begriffe Antijudaismus und Antisemitismus, Mitteldeutsches Doktorand*innenkolloquium der Mittelaltergeschichte, TU Chemnitz, 25. April 2024.

11. April: Panel 10 - Deconstructing the War in Ukraine. Historical Images, Political Ideology and Current Situation (zusammen mit Prof. Dr. Nadia Boyadjieva, Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan Karner, PD Mag. Dr. Peter Ruggenthaler, Dr. Oleksii Yakhno; Chair: Prof. Dr. Mark Kramer), 15. Österreichischer Zeitgeschichtetag, Universität Graz, 11. - 13. April 2024.

2. März: Organisation und Kommunikation historischen Wissens anhand des WIKO –Modells als Gegenstand der Applied History, 5. internationale Tagung des Arbeitskreises für Historische Gelehrten- und Wissenschaftssprachen, LEUCOREA (MLU), Lutherstadt Wittenberg, 1.-2. März 2024.

22. Februar: Hating Jews in German: Political Emotion and its Verbalization, Hate. Workshop TU Dresden. A joint initiative of the German-Israeli Foundation (GIF), Tel Aviv University (TAU) and the Technical University of Dresden (TUD), TU Dresden, 21.-23. Februar 2024.

2023

17. November: Global History als fachdidaktisches Konzept im Geschichtsunterricht. Byzanz als Fallbeispiel, Schreibt gerade… Globalgeschichten in the making. Workshop der Gesellschaft für Globalgeschichte, Fernuniversität Hagen, Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt, 17.-18. November.

7. November: Historische Semiotik – Eine Hommage an Aaron Gurjewitsch (1924-2006), Kolloquium zur Mittelalterlichen Geschichte Prof. Dr. Sabine Schmolinsky, Universität Erfurt, Historisches Seminar.

13. Juli: Informationelle Grundlagen einer (selbst-)reflexiven Hermeneutik. Nachdenken über eine „Historische Semiotik.“ Workshop Reflect yourself!? Potentiale und Grenzen einer kritisch-reflexiven Public History, 13.-14. Juli, Universität Erfurt, Historisches Seminar.

16. Juni: Organisation und Kommunikation historischen Wissens. Workshop Ordnungssysteme – Auswählen, Werten, Sortieren in den Kulturwissenschaften. Universität Siegen, 16. Juni 2023.

13. Juni: Historisch-semiotische Überlegungen zum Begriff „Semitismus“. Forschungskolloquium der Professur Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.

11. Mai: „Körper des Teufels.“ Konstruktion, Ausgrenzung und Stigmatisierung devianter Gruppen in der Vormoderne. Körper im Ausnahmezustand? Korporalisierung gesellschaftlicher Krisen und krisenhafte Körper im Alltag. Frühjahrstagung der DGS Sektion Soziologie des Körpers und des Sports. 11.-12. Mai 2023, Universität Bielefeld.

7. Februar: Antisemitismus als kommunikative Gewohnheit? Linguistische Bemerkungen zum historischen und rezenten Judenhass im Deutschen. Forschungskolloquium: Neuere Forschungen zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Goethe-Universität Frankfurt am Main.

1. Februar: Historische Semiotik als Geschichtstheorie im Paradigma Kosellecks. Doktorandenkolloquium Intellectual History, 1.-2. Februar 2023, TU Chemnitz.

2022

18. November: Corpus diaboli. Die Entstehung und Perpetuierung einer semantischen Konfiguration zur Stigmatisierung von Heterodoxen in der lateinischen Spätantike, International conference „The Body in Ancient Political Discourse (17.-19.11.2022)“, Historisches Institut der Universität Bern.

20. September: ›Corpus diaboli‹ als ›frame‹ im Œuvre des Beda Venerabilis, Forschungstag zum Englischen Mittelalter, den Britischen Inseln und Irland 2022, Historisches Seminar, Universität zu Köln.

2021

9. November: Corpus diaboli. Ein (vor-)augustinisches Konzept und seine Rezeption im lateinischen Westen und im byzantinischen Osten, Leibniz-Kolloquium Polyphonie des spätantiken Christentums, Historisches Seminar, Goethe-Universität Frankfurt.

2019

4. Juli: Historische Semiotik. Antisemitismus als wissenschaftstheoretisches Problem, 18. Promotionskolloquium der Fächer für Geistes- und Kulturwissenschaften der Fakultät III, Universität Vechta.

27. März: Diskurssemantische Implikationen des Kulturbegriffs der „Neuen Rechten“, exemplifiziert anhand der Textproduktion innerhalb der AfD zwischen 2015 und 2017, Die neuen Kulturkämpfe. Tagung des Arbeitskreises „Politik und Kultur“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft, 27. - 28. März 2019, Universität Potsdam.

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