Glocal Religiosities: Entanglements, Identities, Belongings Ein interdisziplinäres Forschungsprogramm
Die fortschreitende Globalisierung führt zu komplexen Verflechtungen, gegenseitigen Abhängigkeiten und wechselseitigen Einflussnahmen, die sich deutlich in weltanschaulichen und kulturellen Transformationsprozessen zeigen. Identitäten und Zugehörigkeiten entstehen so zunehmend im Spannungsfeld zwischen lokalen Traditionen und globalen Narrativen – sichtbar etwa in Kunst, sozialen Medien, politischen und gesellschaftlichen Diskursen und Alltagskultur. Auch Religionen und religiöse Phänomene sind in diese Prozesse eingebunden. Sie agieren in einem dynamischen Feld, in dem globale Bezüge mit lokalen Praktiken, individuellen Erfahrungen und kollektiven Sinnstiftungen verflochten sind. Diese religiösen Ausdrucksformen stehen nicht nur untereinander in Beziehung, sondern sind ebenso eng mit anderen Wissenssystemen sowie mit säkularen und postsäkularen Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft vernetzt.
Das Nachwuchskolleg erforscht diese vielschichtigen Verschränkungen, wie sie insbesondere in der Moderne und Spätmoderne auftreten. Im Zentrum stehen dabei soziale Handlungsformen, religiöse Überzeugungen und Erfahrungen – sowohl individueller als auch kollektiver Akteure – sowie die daraus hervorgehenden Praktiken und Deutungsmuster, die als Ausdruck von Religiosität verstanden oder interpretiert werden können.
Zur Analyse dieser komplexen Verflechtungen religiösen und sozialen Lebens greifen wir auf ein breites methodisches und theoretisches Instrumentarium aus den Kultur- und Sozialwissenschaften zurück. Dabei verbinden wir ein historisch fundiertes Verständnis religiöser Traditionen mit empirisch gestützten Studien, die globale Prozesse mit lokalen Kontexten zusammen denken. So entstehen transkulturelle Perspektiven, die die konkrete Verortung religiöser Praktiken ebenso ernst nehmen wie deren Einbindung in globale Diskurse und Strukturen.
Erforscht werden dabei zum Beispiel:
historische Dynamiken und ihre Auswirkungen,
global-lokale Verschränkungen einzelner Entwicklungen,
konkrete Praktiken (lived religion und deren performative Aspekte),
koloniale Abhängigkeiten und deren post-koloniale Nachwirkungen,
spezifische Sinnstiftungszusammenhänge,
- Konstruktionen vielschichtiger und komplexer religiöser Identitäten im Kontext globaler Dynamiken,
- gesellschaftliche und politische Rollen religiöser Institutionen in glokalen Transformationsprozessen,
- Zusammenhänge von Religion mit Gesellschaft, Politik, Ökonomie und Ökologie,
- Geschlechter-, Diversitäts- und Klassenfragen im religiösen Kontext (Intersektionalität).
Für die Arbeit im Kolleg eignen sich sowohl historische Disziplinen mit religionsbezogenem Fokus als auch theologische und religionswissenschaftliche Ansätze, die aktuelle Phänomene untersuchen. Ergänzt werden diese durch empirisch und hermeneutisch arbeitende Fächer wie Soziologie, Politikwissenschaft sowie weitere kulturwissenschaftliche Disziplinen.
Im Zentrum steht eine transdisziplinäre Forschungskultur, die zwei Perspektiven verbindet: eine historische (vertikale) und eine transkulturelle (horizontale). Diese Breite wird durch die Expertise der Betreuer:innen, die Einbindung von weiteren Kolleg:innen der Universität Erfurt und die Kooperation mit internationalen Partner:innen gesichert.