Verbundprojekte und Forschungsgruppen

International Graduate School (IGS) „Resonante Weltbeziehungen in sozioreligiösen Praktiken“ am Max-Weber-Kolleg für Kultur- und Sozialwissenschaftliche Studien in Kooperation mit der Karl-Franzens-Universität Graz

Das internationale  Graduiertenkollegs zielt auf die Zusammenarbeit von altertums- und bibelwissenschaftlicher mit soziologischer Forschung. Gegenstand sind Beziehungen der/des Einzelnen zur sozialen, materialen, aber auch transzendenten Welt, die in unterschiedlichen sozialen und vor allem religiösen Praktiken etabliert und reflektiert werden. Im Zentrum steht dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Folgen solche Selbst-Weltbeziehungen als resonant, d.h. als dialogisch-responsiv erfahren werden. Die spannungsreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit über zwei komplementäre Standorte hinweg erlaubt ebenso den materialgesättigten Vergleich wie die Entwicklung neuer Methoden, und damit eine qualitätsvolle Ausbildung von Promovierenden.

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Liminalisierung: Konfigurationen des Übergangs in antiken Gesellschaften, Kooperation mit der Professur Antike Kultur (Prof. Dr. Kai Brodersen)

Welche Prozesse, Praktiken und Medien ermöglichten es antiken Gesellschaften, Grenzen und Übergänge zu definieren und zu reflektieren? Wie wurden sie sichtbar und wahrnehmbar, und somit auch verhandelbar gemacht? Mit welchen Mitteln wurden Übergänge konstruiert? Als Weiterentwicklung des von Victor W. Turner kulturwissenschaftlich etablierten Begriffs der Liminalität betont der Begriff der Liminalisierung das Prozesshafte von Grenzziehungen und -überschreitungen. Er lenkt so den Blick auf die kulturellen und sozialen Dynamiken der Herstellung, Wahrnehmung und Verhandlung von Übergangszuständen und Schwellenbereichen. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich mit diesen Phänomenen vom Klassischen Griechenland bis in die Spätantike und nimmt sowohl konkret räumliche als auch soziale und kategoriale Übergänge und Schwellen in verschiedenen Textgattungen antiker Kulturen in den Blick.

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Köpfe, Forschung Uni Erfurt

e-teach Impuls-Projekt: Heilige Räume in Erfurt: Spiritualität und Räumlichkeit analog und digital, Kooperation mit der Medien- und Kommunikationswissenschaft (Dr. Silke Martin, Universität Erfurt) sowie der FH Erfurt (Prof. Dr.-Ing. Doris Gstach, FH E

Welche Konzepte stecken hinter den Vorstellung, aber auch den wissenschaftlichen Begriffen von „besonderen Räumen“, die in Religionswissenschaft oft „heilige Räume“ genannt werden, während in Architektur und Raumplanung von „Atmosphäre“ die Rede ist? Gemeinsam mit Studierenden der Religionswissenschaft und der Architektur- und Raumplanung sollen diese Fragen in einem interdisziplinären Lehrprojekt erforscht werden.

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Postdoc-Projekte

Dr. Isabella Schwaderer - Tanz und Religion in der NS-Zeit: Pressestimmen zur Tournee des Indischen Balletts Menaka 1936-38

Grundlage dieser Untersuchung sind die Pressestimmen zu den Auftritten der indischen Tanz- und Musikgruppe Indisches Ballett Menaka in Deutschland von 1936-38. Hier analysiere ich die populärwissenschaftlichen Diskurse zu Themen rings um Indien, wobei rassentheoretische Anleihen ebenso selbstverständlich aufgenommen werden wie Diskussionen um das Völkische in der Kunst. Weiterhin werden diejenigen Aspekte herausgearbeitet, die sich einfügen in den Kontext Indiens als Projektionsfläche spiritueller Ursprungssuche einerseits und das Transformationspotential ekstatischer Erfahrung in der Kunst andererseits. Auf dieser Grundlage soll eine Einordnung in die religiösen Erneuerungsbewegungen dieser Zeit mit ihren politischen und weltanschaulichen Implikationen unternommen werden. 

Einen Überblick über die Tournee, ihren Verlauf und Eindrücke zu den beteiligten Personen gibt die in Zusammenarbeit mit Markus Schlaffke (Universität Weimar) entstandene Datenbank Das Indische Ballett Menaka in Europa 1936–38. Spuren von Indiens Tanz-Moderne in Europa

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Das Indische Ballett Menaka
Das Indische Ballett Menaka. Copyright: Allard Pierson Collecties, Amsterdam

Dr. Lina Aschenbrenner - Aesthetics of contemporary Hawaiian hula dance and its worldwide appropriations as global field of spiritual practices of worldview impact

The research project focuses on the aesthetics of contemporary Hawaiian hula dance and its worldwide appropriations as global field of spiritual practices of worldview impact. The research is carried out as an ethnography tracing the global networks of different hālaus, hula schools, from periphery to center, the Hawaiian kumu hulas, hula teachers, and from center to periphery. The aim is to theorize the relational emergence of aesthetics and worldviews of religious and non-religious, social and cultural phenomena situated in global “contact zones.” I consider contemporary hula a research object of main interest to a postcolonial study-of-religion as its glocal aesthetics are closely linked to embodied discourses of (s)exoticization but also postcolonial processes of secularization and spiritualization. Furthermore, my hope is that the findings on hula advance the definition and hence the research of contemporary spiritualities based on their particular assemblage of aesthetics.

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Promotionsprojekte

Aaron Plattner - Resonanz und Ekphrasis, Die Stimmen heiliger Räume, Rituale und Gegenstände bei Pausanias (Co-Tutelle mit Graz im Rahmen der IGS)

Die Frage nach dem Verhältnis von Historizität und Fiktionalität im Werk des Pausanias ist problematisch. In der Forschung bleibt bis heute umstritten, welche Aussagekraft man seinen Angaben zuschreiben kann. In der älteren Forschung dominierte eine Sichtweise, die auf Kategorien historischer Genauigkeit basiert. So wurde die Periegesis tes Hellados (Περιήγησις τῆς Ἑλλάδος, dt. Beschreibung Griechenlands) häufig als ein Reisebericht angesehen mit der Funktion, anderen Menschen eine Anleitung für ihre eigene Griechenland-Reise in die Hand zu geben. Doch diese Theorie liefert keine befriedigende Erklärung dafür, warum es – wie auch schon früher mehrfach bemerkt – kaum möglich ist, mit Pausanias in der Hand quasi als antikem Baedeker einen bestimmten Ort zu bereisen. Denn immer wieder begegnen dem Leser Räume, Gegenstände und Informationen, die zwar im Text, aber nicht in der Wirklichkeit vorhanden sind – und umgekehrt. Bisweilen wird die Sache auch durch den Umstand erschwert, dass die Reihenfolge der Objekte im Text von der realen abweicht. Vor diesem Hintergrund versteht sich das Projekt als ein Beitrag zur Klärung der Frage, wie Pausanias’ Schrift in ihrer Eigenart adäquat zu beschreiben und interpretieren ist.

In Anknüpfung an die jüngere Pausanias-Forschung (Hutton, Pretzler, Pirenne-Delforge, Akujärvi) und anlässlich der resonanztheoretischen Ausrichtung des Doktoratskollegs „Resonante Weltbeziehungen in sozio-religiösen Praktiken in Antike und Gegenwart“ (Rosa) beabsichtigt das Projekt auf der Grundlage von drei Prämissen eine eigene Deutung von Konzeption und Intention des Textes. Ich erwarte mir, plausibel darlegen zu können, dass Pausanias weder als antiker Baedeker noch als ein eigentümliches Geschichtswerk zu begreifen ist, und formuliere stattdessen alternativ die These, dass er ein antiquarisch-gelehrter Museumsführer mit nostalgischem Identifikationsangebot durch die semantisierte Landschaft der römischen Provinz Achaea ist. Der Begriff „semantisiert“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Umstand, dass dem Leser fortwährend von Pausanias gezielt ausgewählte und aufbereitete Highlights (ἀξιολογώτατα, dt. die erwähnenswertesten Dinge) aus dem kulturellen Gedächtnis (Assmann) der Griechen begegnen; und der Begriff „Museum“ bezeichnet nicht einen Ort, wo Menschen eine Sammlung von Altertümern bestaunen, sondern einen Raum der kollektiven und gefühlsbetonten Erinnerung.

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Winfried Kumpitsch - Der Einfluss christlicher Soldatenheiliger auf die Entstehung eines christlichen Soldatenideals (Co-Tutuelle mit Graz im Rahmen der IGS)

Im Dissertationsprojekt soll unter Einbeziehung der Resonanztheorie Hartmut Rosas untersucht werden, inwiefern zwischen der konstantinischen Wende und dem 6. Jh. n. Chr. die Notwendigkeit bestand im römischen Heer die alten römischen Resonanzachsen durch christlich geprägte zu ersetzen. Im Speziellen geht es um die Frage, ob die frühchristlichen Martyriums- bzw. Heiligenberichte und -kulte einen Einfluss auf die Entstehung eines christlichen Soldatenideals hatten.

Mit der Mailänder Vereinbarung von Konstantin I. und Licinius begann 313 n. Chr., durch die Anerkennung des Christentums als Religion, ein Wertewandel. Die Christianisierung zog sich über die folgenden Jahrhunderte hin und bekam mit der Staatsreligionwerdung unter Theodosius I. 380 n. Chr. eine gesetzliche Stütze. Da im Heer zunächst die alten Kulte weiter existierten ergibt sich die Frage wie das Christentum die alten Resonanzachsen, die für den Zusammenhalt im Heer und die Loyalität gegenüber dem Kaiser verantwortlich waren, durch neue ersetzen konnte. Möglicherweise waren bei diesem Prozess die Soldatenheiligen als Propagatoren eines christlichen Soldatenideals von Bedeutung.

Denn es ist feststellbar, dass bei der Charakterisierung von Soldatenheiligen unterschiedliche Ziele verfolgt wurden. So weist z. B. der Heilige Mauritius in der Passio Acaunensium des Eucherius als Kommandant der legendären Thebäischen Legion nicht nur die traditionellen soldatischen Tugenden wie Tapferkeit und Loyalität auf, sondern steht auch für das christliche Ideal der Schriftgelehrsamkeit und einer aus dieser schöpfenden Moral. Andererseits ist z. B. Sulpicius Severus in der Vita Sancti Martini darum bemüht, die Militärzeit des Heiligen als kampflos und mehr dem Gebet und der Askese zugewandt zu charakterisieren. Dieser Versuch sollte allerdings Chlodwig I. nicht daran hindern, diesen Heiligen zum Schutzpatron und somit Schlachtenhelfer der Merowinger zu machen.

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Ramón Soneira Martinez - Atheism in Ancient Greece (Co-Tutelle mit Graz im Rahmen der IGS)

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