René Porschen, M.A.

rene.porschen@uni-erfurt.de

Projektskizze

Projektskizze

‚Schreckliche Echsen‘ - Animalische Alteritäten in der prehistoric fiction und speculative fiction des 20. und 21. Jahrhunderts [Arbeitstitel]

Das komparatistisch angelegte Dissertationsprojekt widmet sich der Artikulation und Inszenierung der Figur des Dinosauriers in den phantastischen Literaturen des mittleren 19ten Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Bereits vor dem Zeitalter der sogenannten ‚darwininischen Revolution‘ (vgl. Gondermann 2015) eröffneten fossile Funde, wie die des Iguanodon (Mantell 1835), nicht nur ein weites Spannungsfeld zwischen fantastischer Spekulation und wissenschaftlicher Genauigkeit (vgl. Fehlmann 2014, S. 89), auch sind paläontologische (Re)Konstruktionen seither von den Interaktionen ideengeschichtlich geprägter Diskursformationen abhängig, die heute oftmals selbst nur noch als epistemologische ‚Ablagerungen‘ im Sinne eines „sedimentological thinking“ (Noble 2016, 8) wirksam sind. Das bedeutet, dass Beschreibung, (Re)Konstruktion und (populär)wissenschaftliche ExPosition der sich aus den jeweiligen wissenschaftlichen Praktiken ergebenden Phänomene in jeweils unterschiedliche kulturelle und politische Rahmungen eingebettet sind (vgl. Rudwick 1992, viii) die Dinosaurier nicht nur als „cultural beings“, sondern auch als „political beings, as consequence of their emergence as things that capture collective human concerns“ (Noble 2016, 9) artikulieren.

Sowohl ihre Inszenierung als langsame, kolossale ‚Monster’ von zu vernachlässigender Intelligenz, wie man sie wohl in 1950er und 60er-Jahren am besten in den zahlreichen Stop-Motion-Filmen unter der künstlerischen Leitung von Ray Harryhausen visualisiert hat, als auch ihre Markierung als ‚Verlierer der Evolution’, wie sie sich in Kurd Lasswitz Tiermärchen Homchen (1902) abzeichnet, sind Topoi, die noch bevor der Terminus Dinosauria (Owen 1842) überhaupt in den Kanon paläozoologischer Begriffe überging, etabliert und (re-)produziert wurde. Sie werden dabei von sozialen und (wissens-)politischen Einflussgrößen bestimmt, die so konkret sein können wie die intertextuelle Verschränkung religiöser und naturphilosophischer Texte oder so abstrakt wie die (Kritik von) Strukturen von Macht und Einfluss innerhalb (wissens-)verwaltender Instanzen und der Gesellschaften, in die diese eingebettet sind und/oder mit denen sie interagieren.

Das Dissertationsprojekt soll herausarbeiten, unter welchen epistemologischen und ideengeschichtlichen Koordinationen Dinosaurier in ausgewählten Texten, Bildern der Paläo Art und Filmen inszeniert wurden. Ziel ist es dabei, die Konstruktionsmechanismen paläogener Welten und Objekte herauszuarbeiten um diese als typisch modernistisches Denken – als humanistisch und daher christologisch konstituiertes Modelldenken – zu entlarven, dessen Dialektik sie mit bestimmten anthropozentrischen Wertekoordinaten ausstattet. Die Dissertation soll zudem herausarbeiten, wie Dinosaurier über spezifische sprachliche Operationen und Kontextualisierungen als fiktionale Objekte überhaupt erst konstruiert (lat. cōnstruere (cōnstrūctum), abgeleitet aus lat. struere ‚schichtweise über- oder nebeneinanderlegen, aufschichten, aneinanderfügen, errichten, ordnen’) wurden, um sie jenen etablierten Wissenshegemonien anzupassen, die gerade durch Fossilien, Gesteinsverwerfungen, Sedimentschichtungen und den ihren Entdeckungen nachfolgenden Diskursen und Kulturtechniken hinterfragt wurden. Eine zentrale Fragestelle besteht jedoch auch darin, Texte und Textphänomene herauszuarbeiten, die sich gerade der ideengeschichtlichen Majorität bestimmter Epochen verwehren und kontrastierende oder kontradiktorische Lesarten anbieten, indem sie anthropozentrische Positionen – zum Beispiel durch Katastrophenszenarien (z. B. Dauthendey 1905. Oder: Crichton 1990), spekulative Gedankenspiele (z. B. Harrison 1984 – 1986. Oder: Dixon 1988) oder sprachliche Emergenz (Lasswitz 1902) relativieren.

Textverweise:

Crichton, M. (1990): Jurassic Park. New York: Ballantine Books.

Gondermann, T. (2015): Evolution und Rasse. Theoretischer und institutioneller Wandel in der viktorianischen Anthropologie. Bielefeld: transcript Verlag.

Dauthendey, M. (1905): Das Iguanodon. In: Sporer, P.  M. (2007): Max Dauthendey. Geschichten aus den vier Winden. Vezseny: ngiyaw eBooks. S. 276 - 359

Dixon, Dougal (1988): The New Dinosaurs: An Alternative Evolution. o. A.: Salem House Publishers.

Harrison, Harry (1984): West of Eden. New York: Bantam Books.

Harrison, Harry (1986): Winter in Eden. New York: Bantam Books.

Harrison, Harry (1988): Return to Eden. New York: Bantam Books.

Lasswitz, Kurd (1902): Homchen – Ein Tiermärchen aus der oberen Kreide. In: Lasswitz, Kurd (1986): Homchen und andere Erzählungen, hrsg. von Franz Rottensteiner, München: Wilhelm Heyne Verlag, S. 21 – 163

Noble, B. (2016): Articulating Dinosaurs. A Political Anthropology. Toronto: University of Toronto Press.

Owen, R. (1841): Report on British Fossile Reptiles. London: R. and J.E. Taylor.

Rudwick, M. J. S. (1995 [1992]): Scenes From Deep Time : Early Pictorial Representations of the Prehistoric World. Chicago: The University of Chicago Press.

Wissenschaftlicher Werdegang

Wissenschaftlicher Werdegang

2006 – 2015 Studium der Literaturwissenschaft an der Universität Erfurt, Abschlussarbeit zum (e)utopischen Schreiben in Arno Schmidts Schwarze Spiegel, Durchschnitt: 1,4 

seit WiSe 2017/18 freier Lehrbeauftragter an der Universität Erfurt 

dazwischen: Freie Tätigkeiten in Theater und sozialer Arbeit

Akademische Interessenschwerpunkte

Akademische Interessenschwerpunkte

- Arno Schmidt

- H.P. Lovecraft

- Spekulativer Materialismus/Spekulativer Realismus

- Prehistoric fiction – Dinosaurier und Fossilien in Literatur und Film

- Diskurs(konflikt)e im Anspruch inklusiver Teilhabe an Literatur/barrierefreie Literatur

- Marginalisierte Abweichungen der Kognition (Dummheit, Nicht-Wissen, etc.) in Literatur und Philosophie

- Theorien des literarischen Schreibens

- Fragmente, Un“fertig“es und Unveröffentlichtes

- Manierismus

Publikationen und Vorträge

Publikationen und Vorträge

23. Oktober 2016„Postapokalyptische Naturidylle? – ‚etym’methodische Feldversuche einer eutopischen Genesis“, Vortrag auf der 31. Jahrestagung der Gesellschaft der Arno Schmidt Leser (Publikation im Schauerfeld in Planung)

Heike Rosenberger & René Porschen: Lesen leicht gemacht – Literatur und Leichte Sprache. In: Verband Sonderpädagogik – Landesverband Thüringen e.V. (Hrsg.): vds-Thüringen Heft 13/2016/2017/2018, Weimar, S. 15 – 17

René Porschen: Ungarns unaussprechliche Kulte – die Magyar H.P. Lovecraft Társaság. In: Deutsche Lovecraft Gesellschaft e.V. (Hrsg.): Lovecrafter, 4/2018, Flensburg, S. 10 – 17

(Prosaisches voraussichtlich 1. Quartal 2020)

Lehrveranstaltungen

Lehrveranstaltungen

SoSe 2018 (und fortdauernd) Lesen leicht gemacht – Literatur und Leichte Sprache/plain poetics mit Frau Dr. Heike Rosenberger und Herrn Christoph Schaffarzyk 

WiSe 2017/18 Motivgeschichte der Blödigkeit mit Prof. Dr. Kai Merten 

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften

Nachwuchskolleg Texte. Zeichen. Medien. Universität Erfurt – assoziierte Mitgliedschaft

Erfurter Netzwerk zum Neuen Materialismus

Gesellschaft der Arno Schmidt Leser e.V.

Theater im Palais e.V.

Deutsche Lovecraft-Gesellschaft e.V.