Kommunikationswissenschaft

Seminar KW

Medien und Kommunikation prägen unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise. Wie Informationen entstehen, welche Mechanismen die öffentliche Meinung beeinflussen und wie sich Kommunikation in Zeiten des digitalen Wandels verändert – mit diesen und weiteren spannenden Themen beschäftigt sich der Bachelor-Studiengang Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt.

Das Studienfach zeichnet sich aus durch:

  • Ein besonderes Zulassungsverfahren – Neben der Abiturnote zählt vor allem die persönliche Motivation der Bewerber*innen.
  • Praxis- und Berufsbezug – Wissenschaftliche Grundlagen werden mit praxisnahen Inhalten verknüpft.
  • Aktualität und Exkursionen – Studierende können an fachbezogenen Veranstaltungen wie Exkursionen oder der Summer School teilnehmen.
Dozentin im Seminar

Das Studium gliedert sich in eine Orientierungs- und Qualifizierungsphase sowie – im Hauptfach – eine Projektstudienphase, in denen die wesentlichen Grundlagen des Fachs theoretisch vermittelt und praktisch angewendet werden.

Zentrale Ziele des Studiums:

  • Die Auseinandersetzung mit aktuellen Kommunikationsphänomenen
  • Die Analyse öffentlicher und interpersonaler Kommunikation sowie neuer Formen digitaler Kommunikation
  • Eine fundierte Methodenausbildung
  • Die Vermittlung lebens- und berufsrelevanter Problemlösungsansätze
  • Der Erwerb von Kommunikations- und Medienkompetenzen

Die Vorbereitung für die Bachelorarbeit, die im Rahmen der Projektstudienphase geschrieben wird, bilden verschiedene Gruppenarbeiten in den Seminaren, bei denen die Studierenden in Austausch kommen, gemeinsame (Forschungs-)Projekte erarbeiten und Erfahrungen in der Gruppe sammeln. Die Seminarplätze werden über ein elektronisches Verfahren fair vergeben. Zudem besteht die Möglichkeit, an englischsprachigen Veranstaltungen (z. B. SPICE) teilzunehmen und ein Auslandssemester an einer unserer internationalen Partneruniversitäten ins Studium zu integrieren.

Fragen und Antworten der Kommunikationswissenschaft

Was macht die Nutzung von Social Media (Instagram, TikTok, etc.) mit Kindern und Jugendlichen?

Prof. Dr. Sven Jöckel erklärt:

Wenn Kinder und Jugendliche Social Media nutzen, kann so ziemlich alles passieren und die Forschung findet immer wieder Hinweise für sog. positive oder negative Wirkungen. Oftmals werden aber gerade die negativen Wirkungen berichtet – verzerrte Vorstellungen der Welt, Abhängigkeit sowie psychische Störungen oder Mobbing. Ob aber Social Media Nutzung bei Kindern und Jugendlichen zu mehr Lebensfreude führt oder zum Gegenteil hängt von vielen Aspekten ab: Wer (Alter, Geschlecht, soziales Umfeld,…) nutzt wie (häufig, wann,…) welches Social Media Angebot (TikTok, Instagram, Content von Freunden, Influencer*innen,…) zu welchem Zweck (Unterhaltung, Information, Sozialer Vergleich,…) und in welcher Stimmung (freudig, niedergeschlagen,…)? Die Kommunikationswissenschaft untersucht nun, welche dieser Aspekte genau zu welcher (positiven oder negativen) Wirkung von Social Media führen.

Wo kann man nachlesen?

Bundeszentrale für politische Bildung. Dossier Soziale Medien – wie sie wurden, was sie sind.  Veröffentlicht am 01.03.2024, abrufbar unter https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/soziale-medien/

Valkenburg, P. M. (2022). Social media use and well-being: What we know and what we need to know. Current Opinion in Psychology, 45, 101294. doi.org/10.1016/j.copsyc.2021.12.006

Wieso faszinieren uns TV-Serien?

Prof. Dr. Dr. Patrick Rössler erklärt:

Für viele ist das, was früher der Kinobesuch war, heute der Binge-Watching-Abend mit dem Streaming von Serienfolgen. Studien zeigen, dass das Publikum besonders die neue, oft verschachtelte Erzählform schätzt – auch wenn es anstrengender ist, der Handlung zu folgen. Außerdem enthalten moderne Serien gerne eine Vielzahl unterschiedlicher Charaktere, mit denen man sich identifizieren kann. Stirbt deswegen das Kino? Nein, denn die Kunst, eine Geschichte verdichtet und packend zu erzählen, ist nach wie vor gefragt.

Wo kann man nachlesen?

Schleich, M., & Nesselhauf, J. (2016). Fernsehserien: Geschichte, Theorie, Narration. Stuttgart: UTB.

Zerstört Social Media die Demokratie?

Jun.-Prof. Dr. Fabian Prochazka erklärt:

Wahrscheinlich nicht – zumindest nicht allein! Anders als die öffentliche Diskussion manchmal vermuten lässt, sind der Aufstieg populistischer Parteien, der Verlust von Vertrauen in Politik und Medien oder gesellschaftliche Polarisierung nicht so einfach und nicht ausschließlich auf soziale Medien zurückzuführen. Die meisten Menschen konsumieren über soziale Medien vielfältigere Nachrichten aus mehr Quellen, als sie das ohne soziale Medien tun würden. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung befindet sich in „Echokammern“, in denen vor allem die eigene Meinung bestärkt wird. Auch Des- und Misinformation erreicht nur vergleichsweise wenige Bürgerinnen und Bürger, seriöse Nachrichten dominieren die Newsfeeds. Allerdings machen es soziale Medien einfacher, zu den eigenen Voreinstellungen passende Inhalte zu finden, sich mit anderen zu vernetzen und an der gesellschaftlichen Debatte teilzunehmen – ganz ohne Algorithmen. Das macht gesellschaftliche Extremgruppen sichtbarer, kann sie bestärken und das Gefühl geben, in der Mehrheit zu sein.

Wo kann man nachlesen?

Fletcher, R., & Nielsen, R. K. (2020). Democratic creative destruction? The effect of a changing media landscape on democracy. In J. Tucker & N. Persily (Hrsg.), Social Media and Democracy. The state of the field and prospects for reform. (S. 139–162). Cambridge University Press. https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/E79E2BBF03C18C3A56A5CC393698F117/9781108835558AR.pdf/Social_Media_and_Democracy.pdf?event-type=FTLA

Mahrt, M. (2024). Digitale Demokratie – Lenken soziale Medien die Meinungsbildung? https://fundamentals.weizenbaum-institut.de/de/digitale-demokratie/

Stier, S., Mangold, F., Scharkow, M., & Breuer, J. (2022). Post post-broadcast democracy? News exposure in the age of online intermediaries. American Political Science Review, 116(2), 768–774. https://doi.org/10.1017/S0003055421001222

Warum sind viele Menschen höflich zu ChatGPT?

Prof. Dr. Leyla Dogruel erklärt:

Menschen zeigen oft Höflichkeit im Umgang mit generativer KI wie ChatGPT, weil sie dazu neigen, Technologien menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Dieses Phänomen wird als Anthropomorphismus bezeichnet. Ein zentraler Erklärungsansatz hierfür ist das CASA-Paradigma (Computer Are Social Actors). Dieser Ansatz besagt, dass Menschen mit Computern und anderen interaktiven Technologien ähnlich interagieren wie mit anderen Menschen, sobald diese kommunikative oder soziale Verhaltensweisen zeigen. Da viele Tools generativer KI wie Chatbots cues (Hinweise) einer anthropomorphen Gestaltung aufweisen – etwa durch die Nutzung natürlicher Sprache, personalisierter Anrede oder visuelle menschliche Darstellungen - verstärkt sich dieser Effekt.

Wo kann man nachlesen?

Lombard, M., & Xu, K. (2021). Social Responses to Media Technologies in the 21st Century: The Media are Social Actors Paradigm. Human-Machine Communication, 2, 29–55. https://doi.org/10.30658/hmc.2.2

Nass, C., & Moon, Y. (2000). Machines and Mindlessness: Social Responses to Computers. Journal of Social Issues, 56(1), 81-103.

Welche Rolle spielen Medien im Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen?

Prof. Dr. Kai Hafez erklärt:

Der weltweite Aufstieg rechtspopulistischer Akteure und Parteien in Demokratien (Trump, AfD, Orban, Modi/Indien usw.) wäre ohne Medien nicht denkbar gewesen. Über digitale Plattformen wie Facebook oder X verbreiten sie Fehlinformationen und wiegeln die Bevölkerungsmehrheit gegen Minderheiten und Migranten auf. Die großen Massenmedien tragen oft unbewusst zu einer Normalisierung dieser in weiten Teilen verfassungs- und demokratiefeindlichen Kräfte bei, indem sie deren Themen, Frames und Akteure prominent platzieren und so einen Rechtsruck öffentlicher Diskurse befördern. Medien katalysieren so trotz aller gleichzeitig erkennbaren Kritik eine anti-liberale Politik, die in paradoxer Weise auch die Meinungs- und Pressefreiheit selbst angreift. Die kommunikationswissenschaftliche Forschung untersucht, inwieweit hierbei eine Tendenz von Medien zu negativen Nachrichtenwerten, Boulevardisierung und Kommerzialisierung eine Rolle spielt und wie Alternativen des "konstruktiven Journalismus" aussehen.

Wo kann man nachlesen?

Hafez, K. (2018). The staging trap: Right-wing politics as a challenge for journalism. Journalism, 20(1), 24-26. https://doi.org/10.1177/1464884918807352