„Der Weg ist genauso wichtig wie das Ziel“

Zu ihrem 25-jährigen Bestehen hat sich die Universität Erfurt chic gemacht und präsentiert sich mit einem neuen Erscheinungsbild. „WortMelder“ hat mit den „Machern“ gesprochen – Franziska Walther vom Designbüro „Sehen ist Gold®“, Anka Suckow, die als Coach und Markenstrategin die Entwicklung unterstützt hat, und Carmen Voigt, die Leiterin der Hochschulkommunikation, in deren Verantwortung das Projekt lag…

Das neue Erscheinungsbild – ein schönes Geschenk zum Jubiläum?
Carmen Voigt: Das ist es ganz sicher, aber es ist auch eine absolute Notwendigkeit. Unser altes Erscheinungsbild, das zur Wiedergründung der Uni Erfurt entstanden ist und zwischendurch lediglich ein Facelift bekommen hat, war einfach in die Jahre gekommen. Es passte schlicht nicht mehr zu uns und unserem Markenkern. Wir wollten etwas, das die Universität Erfurt im Heute repräsentiert – selbstbewusst, mutig, klar und vor allem praktikabel in der Anwendung. Ich denke, das ist uns gelungen und ja, ich bin auch ein bisschen stolz darauf!

Wie sind Sie denn auf „Sehen ist Gold®“ als Ihren Partner in diesem Projekt gekommen?
Carmen Voigt: Wir haben uns zunächst ein wenig umgesehen: Welche Erscheinungsbilder anderer Hochschulen oder wissenschaftlicher Einrichtungen gefallen uns und warum? Und wer waren hier die Gestalter? Wir haben diskutiert, was ein neues Corporate Design für uns leisten muss und wie wir uns die Zusammenarbeit mit einer Agentur bzw. einem Grafikbüro vorstellen. Und wir haben im Wissenschaftsumfeld um Empfehlungen gebeten. Daraus hat sich eine ganze Reihe potenzieller Anbieter ergeben, die wir schließlich gebeten haben, sich an unserem Vergabeverfahren zu beteiligen. Mit den drei – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – interessantesten Anbietern haben wir dann Briefinggespräche geführt und sie anschließend zu einem Pitch eingeladen. Darin haben wir geschaut: Wer von den Dreien hat unser Anliegen am besten verstanden, wer kommt mit dem interessantesten Ansatz, stimmt die Chemie für eine gute Zusammenarbeit usw. Das Ergebnis war knapp, wir hatten also schon von vornherein „einen guten Riecher“, aber am Ende hat uns „Sehen ist Gold®“ insgesamt am meisten überzeugt. Vor allem mit der Idee, von Beginn an eine Art „Coach“ in den Prozess einzubringen – jemanden, der uns hilft, unseren Markenkern zu finden, jemanden, der vermittelt, wenn der Prozess ins Stocken gerät, der als Beobachter Schwingungen frühzeitig wahrnimmt und Feedback gibt – etwas, das Anka Suckow ganz wundervoll gelungen ist und das zu einem unglaublich guten Arbeitsklima beigetragen hat. Besonders für die Formulierung unseres Markenkerns, der Essenz dessen, was Universität Erfurt ausmacht, war das enorm hilfreich.

Wie genau haben Sie sich denn dieser Markenessenz genähert?
Franziska Walther: Meiner Erfahrung nach ist bei jeder Markenentwicklung der Weg – der Prozess zur Marke – genauso wichtig wie das Ziel, das finale Design. Entwickelt man für eine Universität eine neue Marke, wird die Prozessgestaltung hin zur Marke noch elementarer. Von Natur aus sind Hochschulen Orte, an denen Diskurse geführt werden. Forschung beginnt erst da, wo Diskurs möglich ist. Und deshalb agieren hier häufig auch Kollegen und Kolleginnen mit ganz kontroversen Positionen. Diese Diversität galt es, in der neuen Marke zu repräsentieren, ohne diese zu normieren. Und dabei alle Beteiligten einzuladen, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, habe ich Anka Suckow als Markenprozess-Expertin und Mediatorin mit ins Boot geholt, damit wir als interdisziplinär aufgestelltes Team die Universität Erfurt bestmöglich auf ihrem Weg unterstützen können.

Anka Suckow: Wir haben in unserem „Markenessenz-Prozess“ Beteiligte aller Interessensgruppen zu Wort kommen lassen, um danach gemeinsam in einer Arbeitsgruppe das Gelernte zu einem zentralen Thema, sozusagen der „Seele“ der Organisation, zusammenzuführen. Es hat also niemand von außen bestimmt, wofür die Universität steht, sondern wir haben es gemeinsam aus dem Berg aller Beiträge herausgeschält – wie bei einer Zwiebel. Für die Glaubwürdigkeit war das ungeheuer wichtig. Am Ende waren wir uns bei der Bewertung der Design-Entwürfe völlig einig. Wer klassische Design-Prozesse erlebt hat, weiß, dass das eine Seltenheit ist.

Und was hat sich in diesem Prozess bewährt, wo gab es Schwierigkeiten?
Anka Suckow: Nachdem wir sonst meist für Unternehmen arbeiten, waren wir gespannt, ob der Prozess an der Uni Erfurt anders verlaufen würde. Wir sind positiv überrascht worden. Zum einen vielleicht, weil das Reflektieren an einer Universität zum Tagesgeschäft gehört, während sich Unternehmer oft aus einer völlig anderen Tätigkeit heraus mit dem Prozess beschäftigen müssen. Zum anderen haben wir es mit einer jungen Organisation zu tun, die sich auch heute noch weiterentwickelt. Da ist es oft leichter, sich selbst den Spiegel vorzuhalten, als wenn man schon sehr lange in immer dieselbe Richtung marschiert ist.

Die Entscheidung für ein Corporate Design ist ja keine demokratische. Andererseits geht’s auch nicht ohne die Menschen, die das Erscheinungsbild am Ende annehmen und anwenden sollen. Wie haben Sie die Angehörigen der Uni eingebunden ohne sich in einem „Wunschkonzert“ zu verlieren?
Anka Suckow: Das ist in diesem Prozess genau festgelegt. Bestimmte Gruppen innerhalb der Organisation liefern ganz bestimmte Beiträge, und dann kommt am Ende auch etwas Sinnvolles dabei heraus. Dazu braucht es jemanden Außenstehendes (in diesem Fall wir), der die Fäden des Prozesses in der Hand hält und den Überblick behält. Dann gehen alle gemeinsam einen Weg, der verbindet, und der über die Zeit hinweg aus vielen Einzelperspektiven eine Gesamtperspektive macht.

Carmen Voigt: Darüber hinaus haben wir natürlich versucht, alle über den Stand der Dinge auf dem Laufenden zu halten – mit einer Art Tagebuch-Seite im Intranet und über einen hausinternen Newsletter.

Wie spiegelt sich denn der Markenkern nun im neuen Corporate Design wider?
Franziska Walther: Das Logo besteht aus drei Elementen. Erstens aus der Wortmarke „Universität Erfurt“. Diese ist ein individuell gestalteter Schriftzug, der durch die Kombination von serifenlosen Glyphen und einem Slab-Serif-U und -R eine subtile visuelle Unkonventionalität mitbringt. Zusätzlich zur Wortmarke besteht das Logo aus zwei Farbflächen, die übereinander gestapelt und trapezförmig verzerrt werden und sich so dynamisch und kontextbezogen verändern können. Die farbige Fläche zeigt die Fakultät an, die darauf liegende schwarze Fläche ist der visuelle Anker, der alle Logo-Varianten trotz der hohen Farbigkeit wie ein roter bzw. schwarzer Faden zusammenhält. Dieses Gestaltungsprinzip der übereinander gelegten Flächen haben wir „Stapel“ genannt. Mit dem Stapel sind auch Kooperationen von zwei oder drei Partnern innerhalb des Corporate Designs ohne Probleme möglich. Das Gestaltungsprinzip „Stapel“ bestimmt auch die Bildsprache, in der homogene, klare Farbflächen mit anderen Elementen, zum Beispiel Fotos und Grafiken, geschichtet werden. Durch die dynamische Anpassung des Logos steht die neue Marke klar für Transformation. Da das Logo auf den Kontext reagiert und mit diesem interagieren kann, steht es auch für Engagement und Motivation. Auch Kooperationen innerhalb der Universität können authentisch und individuell dargestellt werden. Als dynamische Marke ist das neue Erscheinungsbild anpassungsfähig und kann mit der Universität Erfurt mitwachsen. Es kann sich an neue Bedürfnisse anpassen und auf diese angemessen reagieren. Wir glauben, dass dieses Design die Universität Erfurt als Ganzes authentisch repräsentieren kann und jedes einzelne von ihren Mitgliedern gleichzeitig befähigt, dieses Design selbstwirksam zu gestalten und selbstbestimmt zu nutzen.

Was war Ihnen bei der Entwicklung besonders wichtig und gibt es etwas, auf das Sie besonders stolz sind?
Franziska Walther: In der Gestaltung von Marken ist es mir wichtig, dass diese durch Glaubwürdigkeit und Authentizität zusammengehalten werden – und nicht durch ein starres Regelwerk. Visuelle Leitlinien sind wichtig – doch Beweglichkeit und Flexibilität auch. Unser Ziel war deshalb eine visuelle Marken-Kultur, die zusammen mit der Uni wachsen kann. Schon während der ersten Schritte der Implementierung der neuen Marke wurde uns vom beteiligten Universitätskollegium zurückgespielt, wie viel Freude es macht, mit der neuen Gestaltung zu arbeiten. Das hat mich glücklich gemacht, denn ich glaube fest daran, dass eine Gestaltung, die in ihren definierten Grenzen genug Raum für individuellen Ausdruck erlaubt und deshalb Freude macht, nachhaltig erfolgreich ist.

Noch ist das neue CD nicht überall umgesetzt – wie lange wird es dauern, bis das alte Logo „Geschichte“ ist?
Carmen Voigt: Die Umsetzung des neuen Corporate Designs überall auf dem Campus und in allen Produkten, mit denen wir kommunizieren, ist noch einmal ein ziemlicher Kraftakt. Aber einer, der auch Freude macht, weil nun alles in sich rund und stimmig ist und wir mit einem ganz anderen Gefühl nach außen auftreten können. Aber ja, es wird noch eine Weile dauern, bis das alte Logo komplett ersetzt ist. Besonders auf unserer Website. Da befinden wir uns mitten im Relaunch und wollen nächstes Jahr mit einem komplett neuen Auftritt an den Start gehen. Jetzt einfach das neue Logo auf der alten Seite zu platzieren, wäre kontraproduktiv – also müssen wir uns hier noch ein wenig gedulden. Aber wir haben bereits vor der offiziellen Einführung des neuen CD damit begonnen, unsere wichtigsten Flyer, Poster, das Campus-Magazin, die Geschäftspapiere, Merchandisingartikel usw. neu zu gestalten, so dass wir zum Start nicht „nackig“ sind. Und nun arbeiten wir sukzessive unsere Liste ab – von der Beschilderung auf dem Campus über Verwaltungsformulare bis hin zu Messetresen und Werbebannern.

Ihre Arbeit ist getan, mit welchem Gefühl schließen Sie das Projekt an der Uni ab?
Franziska Walther: In mir ist eine große Dankbarkeit für das Vertrauen, das Anka Suckow und mir im Prozess entgegengebracht wurde. Auch weiß ich es sehr zu schätzen, mit einem auftraggebenden Partner zusammenzuarbeiten, der mutig ist und auch unkonventionelle Wege nicht scheut. Wir haben in den vergangenen Monaten viel Teamgeist erfahren und gemeinsam eine Lösung entwickelt, auf die ich stolz bin.

Anka Suckow: Für mich war es schön, zu beobachten, wie die gelungene Kommunikation innerhalb der Hochschule dazu beitragen kann, auch komplexe Prozesse nachvollziehbar zu machen, und Akzeptanz zu gewinnen. Und ich war begeistert davon, wie groß die Bereitschaft unserer doch sehr intellektuellen Zielgruppen war, ins Gefühl zu gehen, und auf den Bauch, die innere Stimme und die Intuition zu hören. Ohne die lässt sich ein solcher Prozess nicht erfolgreich führen.