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Effektive Strategien gegen "fake news" in öffentlichen Debatten

Das Oxford Dictionary hat „post-faktisch“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt und der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika leugnet öffentlich die Sicherheit von Impfungen und die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels. Die Folgen: dramatisch. Aber wie können solche Falschinformationen bekämpft werden? Dieser Frage sind Philipp Schmid, Doktorand, und Professor Dr. Cornelia Betsch vom Psychology and Infectious Disease Lab der Universität Erfurt in sechs Studien nachgegangen, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature Human Behaviour erschienen sind.

In den Studien haben die Wissenschaftler die Effektivität zweier Widerlegungsstrategien verglichen: Die erste Strategie basiert auf der Idee, Falschinformationen mit korrekter Information zu kontern – also Fakten gegen Mythos. Die zweite Strategie klärt über die rhetorischen Techniken auf, die Wissenschaftsleugner nutzen – also Demaskieren gegen Mythos. „Bei diesen typischen Techniken handelt es sich beispielsweise um die Verwendung von Verschwörungstheorien, Heranziehen falscher Experten, selektives Auswählen von Forschungsbefunden. Auch unmögliche Erwartungen werden gern geschürt: Sagt ein Impfgegner beispielsweise, dass Impfungen zu 100 Prozent sicher sein sollen, dann kann man entweder das Sicherheitsprofil von Impfungen anführen (Fakten gegen Mythos) oder aufzeigen, dass 100-prozentige Sicherheit eine unmögliche Erwartung ist, da kein medizinisches Produkt jemals zu 100 Prozent sicher sein kann (Demaskieren gegen Mythos)“, erklärt Psychologin Cornelia Betsch.

Das Ergebnis der sechs Studien: Den größten Einfluss haben Wissenschaftsleugner auf das Publikum, wenn ihnen niemand „die Stirn bietet“. Entscheidend: Sowohl eine Korrektur von Fakten als auch das Aufdecken rhetorischer Techniken kann den Einfluss der Wissenschaftsleugner reduzieren. Dies gilt sogar, wenn das Publikum eher skeptisch gegenüber der wissenschaftlichen Perspektive ist, beispielsweise bei US-Republikanern oder Impfkritikern.

Die Befunde zeigen zum einen den Schaden, den Wissenschaftsleugner mit simplen Botschaften anrichten können, zum anderen sind die Befunde ein Aufruf zu mehr Zuversicht in öffentlichen Debatten mit Wissenschaftsleugnern. Denn einfache, strukturierte Antworten können den Einfluss von Wissenschaftsleugnern auf das Publikum mindern. Das Aufdecken der rhetorischen Techniken sei dabei besonders hilfreich, weil es sich auf Wissenschaftsleugner aller Domänen anwenden lasse. So nutzten Holocaust-Leugner, Impfgegner und Klimawandelleugner dieselben Techniken, um ihre Mythen plausibel klingen zu lassen. Philipp Schmid freut sich: „Wer die Wissenschaft verteidigen will, der kann nun aufgrund unserer Studien zuversichtlich faktenbasiert kontern – und sein Arsenal um eine universelle Aufklärungsstrategie erweitern: Das Demaskieren von rhetorischen Techniken, die ‚fake news“ erfolgreich verschleiern.“