| Erfurt Laboratory for Empirical Research, Philosophische Fakultät, Forschung

Neue Befunde aus „COVID-19 Snapshot Monitoring“ (COSMO)

Unter der Leitung von Prof. Dr. Cornelia Betsch, Heisenberg-Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt, betreibt das Robert-Koch-Institut gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern derzeit ein „COVID-19 Snapshot Monitoring“ (COSMO). Das Konsortium ermittelt einmal pro Woche in einer Online-Live-Umfrage, wie Menschen subjektiv die Risiken des COVID-19-Virus wahrnehmen, welche Gegenmaßnahmen bekannt sind, welche davon bereits angewandt oder abgelehnt werden. Ziel dieses Projektes ist es, einen wiederholten Einblick in die „psychologische Lage“ der Bevölkerung zu erhalten. Dies soll es erleichtern, Kommunikationsmaßnahmen und die Berichterstattung so auszurichten, um der Bevölkerung korrektes, hilfreiches Wissen anzubieten und Falschinformationen und Aktionismus vorzubeugen.

Corona-Virus
Corona-Virus

Neue Befunde aus dem Monitoring wurden heute veröffentlicht. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher ziehen daraus folgende Schlüsse:

  • Die Bedrohung kommt langsam bei der Bevölkerung an: Im Vergleich zur Vorwoche ist die emotionale Besorgtheit und die Risikowahrnehmung deutlich gestiegen, die Bevölkerung denkt häufiger an Corona und sucht häufiger nach Informationen, nimmt es weniger als einen Medienhype wahr. Chronisch Kranke und Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeitserwartung haben eine höherer Risikowahrnehmung und bedürfen besonderer Unterstützung, um sich wirksam zu schützen.
  • Die besonders gefährdete Gruppe der älteren Bürger nimmt immer noch eine geringere Erkrankungswahrscheinlichkeit wahr als die jüngeren Personen. Auch werden durch die Schulschließung 13% der Eltern Großeltern für die Kinderbetreuung eingesetzt. Hier erscheint eine verstärkte Sensibilisierung notwendig. Dabei geht es nicht um die Gefährlichkeit der Erkrankung (diese nehmen sie im Vergleich zu Jüngeren als schwerwiegender wahr), sondern tatsächlich um die Wahrscheinlichkeit der Infektion.
  • Wissen über Schutzmaßnahmen ist weit verbreitet; es werden im Vergleich zur Vorwoche auch mehr Schutzmaßnahmen ergriffen. Aber immer noch gibt es eine große Kluft zwischen Wissen und Handeln, auch an sich einfache Maßnahmen werden unzureichend umgesetzt, obwohl man sie kennt. Weiterhin bleibt es also zwingend nötig, auch das Verhalten zu verändern, nicht nur das Wissen.
  • Wissensvermittlung ist jedoch weiter ein wesentlicher Faktor. Die Bürger schätzen ihr gefühltes Wissen eher als mittelmäßig ein. Mehr tatsächliches Wissen – vor allem über Schutzmaßnahmen – ist verbunden mit mehr Schutzmaßnahmen und weniger Aktionismus sowie einer als geringer wahrgenommenen eignen Anfälligkeit.
  • Öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radio sind unter den drei relevantesten, also häufig genutzten und vertrauenswürdigen Quellen.
  • Es scheint Unwissen oder Unsicherheit zu herrschen, ob man nach COVID-19 immun ist; sollten hierzu gesicherte Befunde vorliegen, sollten diese verstärkt kommuniziert werden.
  • Die vier größten Sorgen betreffen die Überlastung des Gesundheitssystems, dass kleine Unternehmen Konkurs anmelden müssen, dass eine Rezession eintritt, und dass die Gesellschaft egoistischer wird. Hier können Maßnahmen und Informationen durch die Regierung Sicherheit schaffen; Berichte über solidarische Projekte regen evtl. zur Nachahmung an und können soziale Ängste mindern.
  • Das Vertrauen in das Gesundheitssystem und die Behörden ist nach wie vor hoch und im Vergleich zur Vorwoche gestiegen. Das RKI genießt nach wie vor höchstes Vertrauen, das im Vergleich zur Vorwoche noch weiter gestiegen ist.
  • Die ergriffenen Maßnahmen werden gut akzeptiert, auch restriktivere Maßnahmen sind stärker akzeptiert als in der Vorwoche. Selbst Maßnahmen wir das Haus nur aus dringenden Gründen verlassen oder das Ausrufen des Katastrophenfalls findet eher Zustimmung als Ablehnung.
  • Eine willentliche Ansteckung (Corona-Partys) scheint eher sehr selten vorzukommen, jedoch ist besonders bei jüngeren Menschen zu beobachten, dass sie eher davon ausgehen, an COVID19 zu erkranken als ältere und dies aber als weniger schwerwiegend wahrnehmen. Und diese geringere wahrgenommene Ernsthaftigkeit der Erkrankung ist mit geringerem Schutzverhalten verbunden. Hier scheint es also vor allem notwendig zu sein, an Solidarität zu appellieren.

Weitere Informationen / Kontakt:
Prof. Dr. Cornelia Betsch
E-Mail: cornelia.betsch@uni-erfurt.de