Neue Studie zum ökonomischen Handeln von Chinesen

Wer Autoritäten einen hohen Wert beimisst, befolgt ökonomische Verhaltensregeln auch dann, wenn diese auf undemokratischem Weg eingeführt werden, also ohne Mitbestimmungsmöglichkeit. Das zeigt eine länderübergreifende Gruppe von Ökonomen, der auch Professor Dr. Carsten Herrmann-Pillath, Volkswirt und Sinologe am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt, angehört. Gemeinsam mit einem Forscherteam um Juniorprofessor Dr. Björn Vollan von der Philipps-Universität Marburg führte er dazu eine Studie mit Studierenden und Industriearbeitern aus China durch. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie nun in der Fachzeitschrift „European Economic Review“.

Foto: Björn Vollan
Foto: Björn Vollan

Gruppen, Organisationen und die Gesellschaft als Ganzes funktionieren durch Kooperation. Meist wird dabei von der sogenannten „Demokratieprämie“ ausgegangen, also dass die demokratische Mitbestimmung eine Zusammenarbeit fördert. Welchen Einfluss persönliche Wertvorstellungen darauf haben, wie formale Regeln sich durchsetzen, wurde bislang aber nur unzureichend empirisch untersucht.

Für ihre Studie kombinierte die Forschungsgruppe kontrollierte Laborexperimente mit einem breiten Satz von Wertfragen, um das Verhalten der Teilnehmer zu erklären. Als Studienteilnehmer rekrutierten sie einerseits chinesische Arbeiter, andererseits Studierende einer Elitehochschule. „Wir gewannen eine Stichprobe von 149 Wanderarbeitern aus einer ländlichen Region Chinas, die einer raschen Modernisierung unterworfen ist“, legt Koautor Professor Dr. Carsten Herrmann-Pillath dar. „Diese Personen arbeiten in einem Unternehmen, das modernes Fabrikmanagement mit einer starken Betonung konfuzianischer Werte vereint.“ Eine zweite Stichprobe umfasste 150 Studierende einer Pekinger Universität, die offen für kosmopolitische Einflüsse ist. Mit diesen Teilnehmern führte die Forschungsgruppe ein sogenanntes „Öffentliche-Güter-Spiel“ durch – eine weit verbreitete Methode der Verhaltensökonomik zur Messung von Kooperation und Eigennutz. Mit dem Ergebnis: Wer Autoritäten sowie deren Akzeptanz einen hohen Wert beimisst, neigt stärker zur Zusammenarbeit, wenn die Regel von oben verordnet wird. „Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu Studien, die in westlichen Gesellschaften durchgeführt worden sind“, erläutert das Autorenteam. Wer hingegen Autoritäten einen geringeren Wert beimisst, trage mehr zur Gemeinschaft bei, wenn die entsprechende Vorschrift demokratisch zustande kommt.

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