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"Sinnability" gewinnt Förderpreis beim digitalen Projektforum 2020

Diesmal war alles anders. Während die Absolvent*innen des Bachelors Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt ihre Gruppenabschlussarbeiten sonst immer beim großen Projektforum vor einem Publikum aus Wirtschaft, Medien, Hochschulen und weiteren Gästen präsentierten, musste die Veranstaltung in diesem Jahr Corona-bedingt ausfallen. Die Arbeiten wurden 2020 erstmals digital präsentiert. Einen mit 500 Euro dotierten Preis für die beste unter ihnen gabs aber dennoch. Er ging diesmal an die Projektgruppe "Sinnability" – bestehend aus Anne Marie Zang, Jasmin Baake, Carolina Müller, Theresa Kraus, Sophie Przyklenk, Mareike Gensich und Chelsea Walpert für ihre Arbeit "Schein oder Sein?". Die Jury lobte deren theoretische Konzeption und empirische Umsetzung, die in besonderem Maße einen Brückenschlag zur Forschungspraxis leiste.

Projektgruppe "Sinnability"
Projektgruppe "Sinnability"

Ziel der Arbeit, die von Prof. Dr. Patrick Rössler und Prof. Dr. Cornelia Betsch betreut wurde, war es, die wahrgenommene Glaubwürdigkeit von Sinnfluencer*innen, die primär über Nachhaltigkeit kommunizieren, und deren Effekt anhand der Glaubwürdigkeitsdimensionen Sachkenntnis, Wohlwollen und Attraktivität zu untersuchen. Hintergrund war der allgegenwärtige Nachhaltigkeitsdiskurs – online wie offline. Primär das soziale Medium Instagram etabliert sich dabei immer mehr als Plattform, auf der ein reger Austausch über Nachhaltigkeit stattfindet und die junge Menschen (Zielgruppe: 14 bis 25 Jahre) vermehrt zur Informationssuche nutzen. Da die Arbeit eine Pionierstudie innerhalb der Forschung über Sinnfluencer*innen darstellt, wurde das neuartige Phänomen theoretisch verortet, um im Anschluss eine erste Definition zu geben.

Für ihre Untersuchung hat die Projektgruppe ein Online-Experiment mit zehn fiktiven, professionell programmierten Instagram-Accounts (acht Experimental- und zwei Kontrollgruppen) als Stimulusmaterial gestaltet, an dem 944 Proband*innen mit ihrem privaten Smartphone teilnahmen. Jeder Account umfasste neun exemplarische Beiträge, eine Profilbeschreibung und ein Profilfoto, auf denen eine weibliche Person – entweder als Sinnfluencerin oder als Influencerin – inszeniert wurde. Die Manipulation der drei Glaubwürdigkeitsdimensionen erfolgte sowohl auf textueller als auch auf visueller Ebene, um diese in ihren jeweiligen Extremausprägungen abbilden zu können. Die Befragung wurde zu drei Erhebungszeitpunkten durchgeführt, um kurz- und mittelfristige Wirkungen der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit auf die Meinung und Anschlusskommunikation der Teilnehmenden überprüfen zu können.

Es zeigte sich, dass Sachkenntnis und Wohlwollen den stärksten Einfluss auf die Glaubwürdigkeit haben. Die Attraktivität allein spielt trotz des visuell geprägten Untersuchungskanals lediglich eine untergeordnete Rolle, ist in Kombination mit Sachkenntnis und Wohlwollen jedoch nicht zu vernachlässigen. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Sinnfluencer*innen eine Art Hybrid zwischen Wissenschafts- und Marketingkommunikation darstellen. Dabei werden im Zuge ihrer Glaubwürdigkeitsbeurteilung ursprünglich gegenläufige Bewertungsmuster eines sozio-wissenschaftlichen Themas und der Werbewirkungsforschung vereint. Diese Erkenntnis könnte grundlegend dafür sein, dass Sinnfluencer*innen als glaubwürdiger wahrgenommen werden als Influencer*innen, was die Studie ebenfalls bestätigte. Effekte auf die Meinung und Anschlusskommunikation blieben hingegen aus.

Aber auch die anderen Projektarbeiten gewährten in diesem Jahr wieder spannende Einblicke:

  • A-Frame: Visual Framing: Wie wird das Thema Massentierhaltung visuell auf Instagram dargestellt?
  • Deutschlandtrennt: Die Deutschlandagenda: Zur Darstellung innerdeutscher Themen im Ost-West-Medienvergleich
  • Emissionslos: Moralische Lizenzierung nachhaltiger Ernährung im Kontext von Social Media Communities
  • Plate Debate: What’s on your mind – What‘s on your Plate?: Die Wirkung von Nachhaltigkeitsposts auf den Nahrungsmittelkonsum 
  • Weltblick: Im Süden nichts Neues?: Perspektiven eines Alternativen Auslandsjournalismus

Wir gratulieren allen Gruppen und natürlich besonders den Gewinner*innen zu ihren Arbeiten.

Alle Arbeiten entstanden im Rahmen der „Projektstudienphase“, einem einzigartigen Konzept im deutschen Lehrbetrieb: Über den Zeitraum von einem Jahr wenden Studierende dabei in kleinen Gruppen ihr im Studium erworbenes Wissen zur Lösung von realen oder realitätsnahen Problemstellungen innerhalb der Kommunikationswissenschaft an. Projektpartner sind dabei Medien- und Wirtschaftsunternehmen sowie öffentliche Institutionen und Organisationen.